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Überblick: Der Dieselgipfel - wer will was?

01.08.2017 14:15 Uhr
© Foto: picture alliance / Marijan Murat/dpa

Am Mittwoch verhandeln Vertreter der Autobranche, der Bundesregierung und der betroffenen Länder über Nachrüstungen für Dieselautos. Hier die bisherigen Positionen im Überblick.

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Autofahrer in Deutschland warten gespannt auf den Dieselgipfel. Drohen in großen Städten Fahrverbote? Und wer zahlt dafür, dass die Luft besser wird? Am Mittwoch verhandeln ab 11.30 Uhr in Berlin Vertreter der Autobranche, der Bundesregierung und der betroffenen Länder über Nachrüstungen für Dieselautos. Die Erwartungen an den Gipfel:

Die AUTOBRANCHE hält Software-Updates für die beste Lösung. Betriebsräte der großen Autofirmen halten den Dieselantrieb noch auf Jahre für unverzichtbar. Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 und zum Teil auch Euro 6 sollten deshalb flächendeckend nachgebessert, Diesel- Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 1 bis 4 mit Hilfe einer "Öko-Prämie" beschleunigt ausgetauscht werden, sagte der Präsident des Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

UMWELT- UND VERBRAUCHERSCHÜTZER fordern Rückrufe und Pflicht-Nachrüstungen für alle Diesel der Abgas-Normen 5 und Euro 6. Diese Fahrzeuge müssten am Motor nachgerüstet werden, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, am Montag in Berlin. Die bisher geplanten Updates der Motor-Software hält Resch weder für ausreichend noch für rechtens. Für den Mittwoch hat die DUH eine Demonstration vor dem Bundesverkehrsministerium angekündigt.

Die BUNDESREGIERUNG ringt noch um eine gemeinsame Position. Laut eines Entwurfs einer Erklärung für das Treffen, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sollen die Hersteller Maßnahmen selbst finanzieren. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will, "dass die Fahrzeuge schnellstens auf Kosten der Hersteller optimiert werden". Er erwarte beim Gipfel ein "akzeptables Angebot" der Automobilindustrie. Für Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ist eine Software-Nachrüstung nur ein erster Schritt. In einem zweiten Schritt müssten die Autobauer dann die Hardware der Fahrzeuge nachrüsten, "und zwar auch auf ihre Kosten".

Einige AUTO-BUNDESLÄNDER schlagen vor, die Krise auch mit öffentlichem Geld anzugehen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil brachte "steuerliche Anreize oder eine Art Klimaprämie" für den Umstieg von alten Diesel- auf Euro-6- und Elektroautos ins Gespräch. Weils bayerischer Kollege Horst Seehofer (CSU) will eine geringere Kfz-Steuer als Anreiz zum Kauf neuer, emissionsarmer Euro-6-Diesel. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geht davon aus, "dass es beim Diesel-Gipfel die Zusage für wirksame und nachprüfbare Schadstoffsenkungen zügig für die gesamte Euro-5- und Euro-6-Flotte gibt - und dass die Industrie die Kosten für die Nachrüstung trägt".

Die STÄDTE, die mit Luftverschmutzung besonders zu kämpfen haben, hoffen auf ein klares Signal. "Ich rechne nicht damit, dass am Mittwoch alle Fragen rund um die Dieselemissionen vollständig gelöst werden, aber wir brauchen schnelle und messbare Fortschritte", sagte Städtetags-Präsidentin Eva Lohse der dpa. Fahrverbote wollen die Städte nicht – fürchten aber entsprechende Gerichtsurteile.

Bei FDP UND GRÜNEN im Bund stoßen Steueranreize auf Widerspruch: "Schon jetzt fließen Milliarden an Steuervergünstigungen in den Diesel, ohne dass es dafür eine umwelt- oder klimapolitische Begründung gibt", sagte der Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer. FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Passauer Neuen Presse": "Die Konzerne sind selbst gefordert und in der Pflicht, die Abgas-Probleme zu lösen und die notwendigen technischen Nachrüstungen bei Diesel-Fahrzeugen schnell vorzunehmen. Das ist keine Aufgabe der Steuerzahler."

Auch der STEUERZAHLERBUND hat sich gegen staatliche Prämien oder Steuernachlässe für neue Dieselfahrzeuge ausgesprochen. Präsident Reiner Holznagel sieht die Automobilindustrie in der Pflicht, nicht die Politik, wie er am Montag im Deutschlandfunk sagte.

Die GEWERKSCHAFTEN heben die beschäftigungspolitische Bedeutung des Diesels hervor. Die IG-Metall setzt sich für eine bessere digitale Verkehrssteuerung, einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sowie der Erdgas-Infrastruktur als Sofortmaßnahmen ein.

Das DEUTSCHE KFZ-GEWERBE, das nicht am "Nationalen Forum Diesel" teilnimmt, erhofft sich von Politik und Industrie klare Weichenstellungen zugunsten des Selbstzünders. Bei Ausschöpfung des Stands der Technik seien moderne Dieselaggregate in Bezug auf CO2-, Feinstaub- und auch Stickoxidausstoß wahre Musterknaben, sagte ein Verbandssprecher am Dienstag. Dies werde auch von Umweltschützern eingeräumt. Deshalb spricht sich der ZDK gegen Fahrverbote aus. Die Stickoxidbelastung in Ballungsgebieten solle durch ein intelligentes Maßnahmenbündel reduziert werden. Zu den erforderlichen Maßnahmen zähle vor allem die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge mit effektiver Technik. Die Kosten hierfür dürften nicht den Millionen betroffener Halter aufgebürdet werden, heißt es aus Bonn


Der Umgang mit Diesel in den Nachbarländern

FRANKREICH: Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sorgt mit einem Feldzug gegen hohe Luftverschmutzung für Aufsehen. Sie will alte Autos schrittweise aus der Hauptstadt verbannen, ab 2020 sollen Diesel-Fahrzeuge komplett tabu sein. Pflicht ist bereits eine Verschmutzungsplakette, Diesel-Autos mit Erstzulassung vor 2001 dürfen in Paris unter der Woche tagsüber nicht mehr fahren. Bei Benzinern trifft das Verbot alle Fahrzeuge mit Baujahr vor 1997. Für Lastwagen und Busse gelten noch strengere Regeln. In anderen französischen Städten sind ebenfalls Beschränkungen möglich oder geplant. In Grenoble kann es bei hoher Verschmutzung zeitweise Fahrverbote für ältere Autos geben. Die französischen Behörden stehen bei dem Thema unter Zugzwang: Gerade hat das oberste Verwaltungsgericht den Staat verurteilt, mehr zu tun, um die europäischen Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub einzuhalten.

NIEDERLANDE: In den Niederlanden haben bislang 13 Kommunen Umweltzonen eingerichtet. Dort gelten Fahrverbote überwiegend für alte Diesel-Lastwagen mit Erstzulassung vor 2001 beziehungsweise bis einschließlich der Abgasnorm Euro 3. In Utrecht und Rotterdam dürfen in der Umweltzone auch keine Diesel-Autos mit Erstzulassung vor 2001 fahren. In Amsterdam soll es Fahrverbote für Pkw erst ab 2018 geben. Umweltplaketten gibt es nicht. Die Nummernschilder niederländischer Autos geben das Erstzulassungsjahr an.

BELGIEN: In Antwerpen gibt es eine Umweltzone. Seit diesem Jahr dürfen Fahrzeuge mit zu hohem Schadstoff-Ausstoß dort nicht mehr in die Innenstadt fahren. Ausnahmen sind nur mit vorübergehenden kostenpflichtigen Zulassungen möglich. Betroffen sind Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 3 und älter, sowie Benziner aus der Zeit vor Einführung der Euronorm. Umweltplaketten gibt es nicht, stattdessen werden die Autokennzeichen an den Grenzen der Umweltzone mit Kameras erfasst. Wagen mit ausländischen Nummernschildern müssen daher vorab bei der Stadt registriert werden. Bei Verstößen drohen Bußgelder.

DÄNEMARK: Mehrere Parteien in Dänemark haben bereits Fahrverbote für Diesel-Autos gefordert. Im nationalen Parlament gibt es dafür aber bisher keine Mehrheit. In Teilen der Hauptstadt Kopenhagen dürfen große Diesel-Lastwagen ohne Partikelfilter nicht fahren.

SCHWEDEN: Auch in großen schwedischen Städten wie Stockholm und Göteborg gibt es Forderungen nach einem Diesel-Fahrverbot. Diskutiert wird, ob lokale Behörden Umweltzonen einrichten dürfen.

ÖSTERREICH: In Österreich werden Fahrverbote für Dieselfahrzeuge bisher nur leise angedacht. Konkrete Pläne gibt es nicht. In Graz lehnte die große Mehrheit der Bevölkerung bei einer Befragung die Einführung einer Umweltzone ab. Die steirische Landeshauptstadt hat die größte Feinstaubbelastung der Alpenrepublik. In Wien setzen sich bisher nur die Grünen für eine Verbannung besonders schadstoffreicher Fahrzeuge ein. Ihr sozialdemokratischer Koalitionspartner, die SPÖ, lehnt den Vorschlag ab.

SCHWEIZ: Auch in der Schweiz gibt es keine konkreten Diskussionen über das Verbot von Dieselautos oder die Einführung von Umweltzonen. Ein nationaler Vorstoß in diese Richtung wurde vor einigen Jahren von den Kantonen abgelehnt. Die Regierung fordert von Brüssel eine einheitliche Grundlinie im Umgang mit den Luftverschmutzern in Europa.

TSCHECHIEN: In Tschechien gibt es praktisch keine Anreize, sich ein abgasarmes Auto zu kaufen. Zwar ermöglicht ein Gesetz die Einrichtung von Umweltzonen, in den Städten fehlt aber bisher der politische Wille, Fahrverbote für ältere Diesel oder Benziner auszusprechen.

SPANIEN: In Spanien gibt es keine Fahrverbote und auch keine Umweltplakettenpflicht. Wegen zunehmender Probleme mit hoher Luftverschmutzung werden aber erste Maßnahmen ergriffen. Seit dem 1.

Juni müssen Fahrer von Dieselautos mit Erstzulassung vor 2006 (bei Benzinern vor 2000) in Madrid innerhalb der Ringautobahn fürs Parken 25 Prozent mehr zahlen. Abgasarme Autos zahlen bis zu 50 Prozent weniger, Elektroautos und andere abgasfreie Fahrzeuge parken gratis.

PORTUGAL: In der Hauptstadt Lissabon gelten seit 2015 Fahrverbote für ältere Autos. Im Stadtzentrum dürfen Wagen mit Erstzulassung vor 2000 tagsüber unter der Woche nicht unterwegs sein. In einem größeren Radius gilt das für alle Fahrzeuge mit Erstzulassung vor 1996. Für Anwohner gelten diese Verbote aber nicht. Eine Verbannung der Dieselwagen steht bisher nicht zur Debatte.

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