Von Hannes Breustedt/dpa
"Wir stecken tief in der Produktionshölle", hatte Tesla-Chef Elon Musk bereits im Oktober gewarnt. Mit einem finanziellen Kraftakt versucht der Elektroauto-Pionier die Massenfertigung seines ersten Mittelklassewagens Model 3 auf die Beine zu stellen - dabei gibt es einige Probleme. Dass das Mammut-Projekt teuer und schwierig würde, war immer klar. Doch wie viel Geld tatsächlich dafür draufgeht, überrascht nun doch.
Am Mittwoch nach US-Börsenschluss kam für Tesla mit der Vorlage des Quartalsberichts der Moment der Wahrheit. Für Anleger fiel er ernüchternd aus: Die hohen Kosten für das Model 3, mit dem Musks bislang nur im Luxus-Segment erprobte Firma die breite Masse erobern will, haben Tesla stärker als erwartet in die roten Zahlen gedrückt. Unter dem Strich fiel in den drei Monaten bis Ende September ein Verlust in Höhe von 619 Millionen Dollar (533 Mio Euro) an.
Es ist der höchste Fehlbetrag, den Tesla seinen Aktionären bislang in einem Quartal zugemutet hat. Am Markt kam die Nachricht, wie viel Mittel in der "Produktionshölle" verbrannt werden, nicht gut an. Die Aktie fiel nachbörslich um fünf Prozent. Dass der Umsatz um 30 Prozent auf 3,0 Milliarden Dollar und damit stärker als angenommen zulegte, konnte an der verschnupften Börsenreaktion nichts ändern.
Startschwierigkeiten bei Produktion
Für zusätzliche Nervosität sorgt: Trotz der immensen Investitionen und der überraschend hohen Verluste bleibt unklar, ob und wann Tesla die Startschwierigkeiten bei der Produktion des Model 3 in den Griff bekommt. Musk musste eingestehen, dass seine Fertigungsziele nicht einzuhalten sind. Statt Ende des Jahres sollen nun erst spät im ersten Quartal 5.000 Fahrzeuge pro Woche vom Band laufen.
Mit lediglich 260 hergestellten Model 3 verfehlte Tesla seine Ziele im dritten Quartal massiv. Im Brief an die Aktionäre hieß es, der Anlauf der Massenproduktion sei eine Herausforderung, die Fertigung werde aber stetig erhöht. "Wir machen weiter Fortschritte, die anfänglichen Engpässe zu lösen". Es sei aber schwer, vorauszusagen, wie lange es dauern werde, die Probleme zu bewältigen, so Musk.
Dennoch bemühte sich der Tech-Milliardär in der obligatorischen Telefonkonferenz nach Veröffentlichung der Quartalszahlen um Optimismus. "Ich war wirklich deprimiert vor drei oder vier Wochen", räumte Musk zwar ein. Doch: "Nun habe ich wieder einen klaren Weg zur Sonne vor Augen." Seinen Kritikern hielt Musk entgegen, dass die 2003 gegründete Firma die Auslieferungen in den letzten fünf Jahren von 2.500 auf 250.000 Autos erhöht habe. Die "Skeptiker da draußen" frage er, wer von ihnen das habe kommen sehen. "Ich nehme an keiner."
Hohe Erwartungen an Modell 3
Experten zeigten sich wenig beeindruckt. Nicht nur die Entwicklung beim Model 3 sei enttäuschend, sagte Efraim Levy vom Analysehaus CFRA im US-Finanzsender CNBC. "Auch beim Model S und Model X fielen die Zahlen geringer aus als angenommen." Vor allem die Gewinnspannen seien ernüchternd. Die beiden etablierten Premium-Modelle, häufig über 100.000 Dollar teuer, trieben bislang das Wachstum von Tesla. Die Zukunft gehört jedoch dem ab 35.000 Dollar erhältlichen Model 3, das dem E-Antrieb den Weg in den Mainstream ebnen soll.
Nicht zuletzt wegen der großen Versprechen von Tesla-Chef Musk sind die Erwartungen an Teslas ersten Mittelklasse-E-Auto riesig. Über 500.000 Vorbestellungen gibt es, an der Börse hat die Fantasie vom Durchbruch in den Massenmarkt die Tesla-Aktie über Monate beflügelt. Der Kurs ist seit Anfang des Jahres um über 50 Prozent gestiegen. Zeitweise hatte Tesla - trotz im Vergleich winziger Produktion - gar den Branchenriesen General Motors als wertvollsten US-Autokonzern am Markt abgelöst. Entsprechend hoch ist nun das Rückschlagspotenzial.
Ted
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