Ausgabe 05/2012: Ohne Know-how geht nichts

Ohne Know-how geht nichtsRe-Importe E Unfaires Spiel oder clevere Strategie? Nur was für freie Händler oder auch für Markenkollegen? Vermeintliche Schnäppchen für naive Kunden oder regulärer, innereuropäischer Fahrzeugvertrieb? Hat das Business ein ‚Gschmäckle’ oder nicht? Von Eva StadlerBeim Begriff Re-Import zucken viele in der Branche erst mal zusammen. „So was machen wir nicht“, wehren erschrockene Händler ab, die mit dem Wort dunkle Kanäle und halblegale Machenschaften verbinden. Ist das aber wirklich ein Geschäft für Abzocker auf der einen und Schnäppchenjäger auf der anderen Seite? Vom Bayerischen Kfz-Gewerbe war dazu zu hören: „Die Einfuhr von Fahrzeugen, die ohne Weiteres am Markt erhältlich sind, geht immer zu Lasten der erzielbaren Preise am Markt. Damit wird das Preisniveau in einem bestehenden Markt zunehmend gesenkt und die Erträge erodieren. Dieses ist keine gesunde Entwicklung für die am Handel teilnehmenden Betriebe.“ Um eines zunächst klarzustellen: Re-Importe sind nicht ungesetzlich. Markenhändler können Fahrzeuge europaweit an Endkunden und an Markenkollegen verkaufen. Der einzige Akteur, der gegen Spielregeln verstößt, ist der Markenhändler, der Neufahrzeuge an einen nicht-autorisierten Wiederverkäufer verkauft. Das kann der Hersteller z. B. durch Kündigung ahnden – muss er aber nicht. Man kann davon ausgehen, dass Hersteller oder Importeure in manchen Fällen froh sind, wenn die Fahrzeugmenge X in den Markt kommt. Selbst wenn sie für das Fahrzeug dann zweimal Bonus zahlen müssen, einmal in – sagen wir – Ungarn und einmal in Deutschland (ein Neufahrzeug darf nämlich bis zu 6 Monate alt sein und bis zu 6.000 km auf dem Tacho haben). Das liegt ganz simpel an den Skaleneffekten in der Produktion: Die Werke sind am profitabelsten, wenn bis zur Kapazitätsgrenze Autos gebaut werden.Preisunterschiede in der EUDie Preise für Neufahrzeuge in der EU haben sich in den letzten Jahren einander angenähert, aber eine völlige Preisnivellierung wird nie zu erreichen sein. Wechselkursschwankungen spielen eine Rolle, die Kaufkraft in den einzelnen Mitgliedsstaaten ist bekanntermaßen sehr verschieden, hinzu kommen unterschiedliche steuerliche Belastungen; in Dänemark zum Beispiel werden etwa 60 %(!) des Basispreises an Steuern aufgeschlagen. Die Vertriebsstrategien müssen von Land zu Land unterschiedlich sein, und zwar sowohl die des Herstellers als auch die des Importeurs, sei es eine Tochtergesellschaft oder ein freier Importeur. Ebenso sind Produktionskosten nicht überall gleich, oder es gibt bestimmte Ausstattungsmerkmale, die in Deutschland Standard oder sogar gesetzlich bzw. von Versicherungen gefordert sind, anderswo aber nicht.Kontingente in EuropaWeshalb bewegen sich Fahrzeugkontingente innerhalb Europas? Einige Hersteller planen ihr Wachstum und ihre Marktbearbeitung konservativ, andere setzen mit allen Mitteln auf Stückzahlen. „Da gibt es regelrechte Rabauken“, erklärt Prof. Dr. Hans-Gerhard Seeba von der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg, „und wer da als Vertriebschef sagt, er kann nicht verkaufen, der ist ganz schnell seinen Job los.“ Druck wird auf die für Europa zuständige Vertriebsabteilung ausgeübt, die diesen Druck an die Importeursgesellschaften in den einzelnen Staaten weitergibt. Diese wiederum fahren wenn nötig eine Mischkalkulation aus der Menge, die der Markt tatsächlich aufnimmt, und der Menge, die in andere Länder, in denen die NW-Preise höher sind, weitergeschoben werden kann. Wahrscheinlich.Wahrscheinlich deshalb, weil die Fahrzeuge nicht in ein Hochpreisland gepusht werden können. Die Nachfrage kommt aus dem Empfängerland, die Wege, die die Fahrzeuge nehmen, sind unterschiedlich, die Gründe auch. Lieferprobleme in einem Land fördern Re-Importe, ebenso unterschiedliche Zeitpunkte für Markteinführungen oder in einem Land nicht verfügbare Ausstattungsvarianten. In Deutschland sind Autos allerdings oft besser ausgestattet als in den Nachbarländern.Wer ist der Trigger?Zum einen gibt es Käufer, die selbst ins EU-Ausland reisen und dort ein Auto kaufen. Laut DAT-Report waren dies im Jahr 2010 knapp 11.000 Käufer. „In der Regel aber“, so Nick Margetts, Geschäftsführer von Jato Dynamics, nach eigenen Angaben weltweit führender Anbieter von Fahrzeugausstattungs- und -preisdaten für die Automobilindustrie, „ist das Procedere für die meisten Endverbraucher nicht zumutbar.“ Sprachgrenzen, Steuervorschriften etc. machen das Geschäft für eine Privatperson sehr schwierig.Zum Zweiten könnte ein Kunde einen hiesigen Markenhändler auffordern, beim ausländischen Markenkollegen einen Neuwagen zu bestellen. Dies hält Prof. Seeba aber für unwahrscheinlich, denn dies bedeutet für den Händler einen erheblichen Organisationsaufwand.Gängiger, so Nick Margetts, sei, dass z. B. Markenhändler dann im Ausland nach einem bestimmten Fahrzeug suchen, wenn der Kunde unbedingt ein bestimmtes Modell haben will und wenn das Fahrzeug in Deutschland nicht zu bekommen ist. So ein Kunde kauft dann auch nicht aufgrund des Preises. Vom Bayerischen Kfz-Gewerbe heißt es dazu: „Dass im Einzelfall bei fehlender Verfügbarkeit am Markt der Zukauf aus dem Ausland gerechtfertigt ist, um einen Kundenwunsch zu erfüllen, steht nicht in Frage.“Das Gros der Re-Importe geht wohl auf das Konto von freien Händlern, die sich auf das Geschäft mit EU-Neuwagen spezialisiert haben. Hier kann sich je nach Modell ein erheblicher Preisvorteil im Vergleich mit den Hauspreisen der Markenhändler ergeben.„EU-Neuwagen“Was sind das eigentlich für Fahrzeuge, die als EU-Neuwagen gelabelt werden? Wer denkt, er könne sein bis ins Detail konfigurierbares Traumauto ganz einfach im Ausland bestellen, der täuscht sich (es gibt natürlich Internetseiten, die das vorgaukeln, aber das ist ein anderes Thema). In der Fahrzeugdatenbank des Anbieters TOHA beispielsweise befinden sich nur reale Fahrzeuge, und hier muss man sich die Spezifikationen genau durchlesen (siehe Auszug oben).Die mögen mit den Wünschen eines Kunden übereinstimmen, häufiger werden hier aber wohl echte Preiskäufer glücklich, denen die Lackfarbe oder das Bezugsmaterial der Sitze nicht so wichtig ist. Oder das Vorhandensein von Seitenairbags. Probleme kann es geben, wenn ein Fahrzeug z. B. ein Serviceheft aus Rumänien hat (Dacia), das zu anderen Serviceintervallen verpflichtet als deutsche Fahrzeuge, was dann wieder zu Problemen bei Garantiearbeiten führen kann. Oder – was vor allem Endkunden eventuell nicht merken – wenn dem Fahrzeug ein Ausstattungsmerkmal fehlt, das in Deutschland ein Muss ist. Das drückt den Wiederverkaufswert.Wie groß ist der Graumarkt? Die DAT fragt im Rahmen ihrer jährlichen Marktstudie „DAT-Report“ Autokäufer, ob ihr Fahrzeug aus dem Ausland kommt. Den Käuferangaben zufolge waren im Jahr 2010 9,4 % der Neuzulassungen Re-Importe (s. Grafik Seite 13). 300.000 Fahrzeuge sind keine unerhebliche Zahl, und sie verteilen sich nicht gleichmäßig auf alle Marken, denn einige Fabrikate stechen hier besonders heraus (s. Tabelle oben). Diese Zahlen sind zum Teil Schätzungen, weil das KBA nicht erfasst, wo ein Auto herkommt, und die Vertriebsgesellschaften sich dazu in Schweigen hüllen. Hyundai ist der Spitzenreiter, auch Kia verzeichnet viele Re-Importe, Skoda gibt 10 Prozent an, die überwiegend aus Tschechien und Südosteuropa kommen.GründeLieferengpässe in Deutschland führen zu steigenden Re-Importen, aber auch, so Prof. Seeba, eine schlechte Markenführung, ein schlechtes Image und deshalb ein hoher Anteil von Preiskäufern. Gerade bei Hyundai sei das bedenklich: Spätestens seit Martin Winterkorns öffentlichem „Da scheppert nix“ sei die Marke doch von berufener Stelle gewürdigt. Wenn immer noch viel über den Preis verkauft werde, liege das an zu hohen Produktionszahlen.Händler im Ausland exportieren Fahrzeuge, wenn sie vom jeweiligen Importeur auf Ziele festgelegt wurden, die sie im eigenen Gebiet nicht erfüllen können. Trotzdem möchten sie sich die Boni sichern. Der Importeur rechnet diese Marktmechanik im Zweifelsfall einfach mit ein, verdient also in zweiter Linie mit.Was kann man tun?Und wenn nun ein Fabrikatshändler in seinem Marktgebiet größere Mengen billiger Autos seiner Marke feststellt – können die Hersteller denn da nichts machen? Sie dürfen gar nicht. Hersteller dürfen Lieferungen zwischen Markenhändlern (Querbezug) nicht behindern. Die EU-Kommission wertet das als Marktabschottung und hat in der Vergangenheit schon ‚Sünder‘ mit Strafen in zweistelliger Millionenhöhe belegt.Fazit Re-Importe wird es immer geben. Wenn die Nachfrage in Deutschland groß ist, sinkt ihre Zahl; wenn eine Marke wenig Begehrlichkeiten weckt, steigt sie, weil die Bänder bekanntlich weiterlaufen. Wer pfiffig ist, bestellt über die bekannten Plattformen (z. B. TOHA) selbst im Ausland. Weil man als Händler aber wissen muss, was man tut, und weil der Neuwagen für den Kunden ein „high involvement“-Produkt ist (also mit starken Emotionen und großem Kaufrisiko verbunden, so Prof. Seeba), ist der Markt für Re-Importe aber vermutlich auch nicht größer. zLesen SIe hier...... wie unterschiedliche Neuwagenpreise in der EU zustande kommen, wie die Fahrzeugvolumina innerhalb Europas „wandern“, was ein „EU- Neuwagen“ und wie groß der Markt für Re-Importe in Deutschland ist.Quelle: TOHADer KommentarRobert Rademacher, Präsident des ZDK: Parallelimporte verlieren an BedeutungParallelimporteure machen sich ein eventuelles Preisgefälle innerhalb der EU zunutze. Da die Nettopreisunterschiede für Neuwagen zwischen den Mitgliedsstaaten tendenziell geringer geworden sind, hat der Anreiz für solche Arbitragegeschäfte abgenommen. Im Übrigen sollte der Parallelimport von Neuwagen nicht nur als Bedrohung für den etablierten Automobilhandel gesehen werden. Wenn bestimmte Neuwagen in anderen EU-Staaten günstiger oder schneller verfügbar sein sollten, dann sollten autorisierte Händler dieser Marken ihren Kunden auch diese Fahrzeuge durch Querbezug von ausländischen Markenkollegen anbieten. Wichtig ist dabei allerdings, die Kunden ordnungsgemäß aufzuklären, insbesondere über etwaige Ausstattungsunterschiede und eine möglicherweise bereits in Lauf gesetzte Garantiefrist.Re-Importe in Deutschland 2011Anzahlin %Audik. A.BMWk. A.Chevrolet k. A.Citroenk. A.Dacia2.5006 %Fiatk. A.Ford 13.860 *6 %Honda 260unter 1 %Hyundai 22.000 *25%Jaguar Land Roverk. A.Kia 3.0007 %Lada k. A.Mazdak. A.Mercedes-Benzunter 5.000 *2 %Mitsubishi unter 1.500 *5 %Nissan2.500 *4%Opelk. A.Peugeot k. A.Porscheunter 1001 %Renault 5000,4 %Seatk. A.Skoda14.00010 %Subaruunter 20unter 0,3 %Suzukik. A.Toyota2.0002 %Volkswagenk. A.Volvo1.0003 %Quelle: Herstellerangaben; * eigene Schätzung

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Ohne Know-how geht nichts

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