Lange hat es gedauert, nun ist es soweit: Ab 31. März muss jeder Neuwagen in Europa über das Notrufsystem E-Call verfügen. Der Assistent alarmiert bei einem Unfall automatisch die Rettungskräfte und sendet dabei auch den Standort mit. Der obligatorische Einbau soll Leben retten.
Bei schweren Autounfällen, bei denen es oft um Minuten geht, kann E-Call den entscheidenden Zeitvorteil bringen, hat die EU-Kommission bereits 2014 befunden und ein entsprechende Einbaupflicht auf den Weg gebracht. Nach ihren Schätzungen können Rettungskräfte dank des Systems bis zu 50 Prozent schneller am Unfallort sein und so europaweit jährlich zusätzlich 2.500 Menschenleben retten. Das ist aber nicht der einzige Vorteil, den sich die EU davon verspricht: Auch die durch Verkehrsunfälle verursachten Staus und die durch ungesicherte Unfallstellen verursachten Folgeunfälle soll die neue Technik verringern, da die Leitstelle schneller Maßnahmen ergreifen kann.
Die Technik hinter E-Call ist simpel: Werden zum Beispiel die Airbags ausgelöst, stellt das System über eine im Fahrzeug fest integrierte SIM-Karte europaweit eine Telefonverbindung zur nächsten Notrufzentrale her und übermittelt den Notdiensten automatisiert ein Datenpaket zum Unfall, wie beispielsweise den Zeitpunkt des Crashs, den genauen Standort des verunfallten Fahrzeugs und seine vorherige Fahrtrichtung - besonders wichtig auf Autobahnen und in Tunneln. Außerdem wird eine Sprechverbindung hergestellt, so dass Leitstelle gegebenenfalls mit den Fahrzeuginsassen kommunizieren kann. Das E-Call-System kann auch manuell, etwa durch einen Zeugen eines schweren Unfalls, ausgelöst werden, indem er einen SOS-Knopf im Auto betätigt.
Daten sollten nicht in falsche Hände geraten
An das europaweit einheitliche e-Call-System stellt die Kommission strenge Anforderungen. So muss ein Notruf immer direkt an die nächste Rettungsleitstelle gehen, wo vor allem die Positionsdaten kontinuierlich gelöscht werden müssen. Die Datenschutzregelungen sind erst im Nachhinein eingezogen worden und waren ein Grund für die lange Verzögerung der schon vor vier Jahren beschlossenen Einführung. Kritisch ist aus Sicht der Datenschützer vor allem, dass durch E-Call nun faktisch jeder neue Pkw mit einem Ortungssystem ausgestattet ist. Die EU verlangt hier die Technik des europäischen Galileo/Egnos-Satellitennavigationssystems. Die dadurch generierten Daten sollen nicht in falsche Hände geraten können. Allerdings lassen sich die gesendeten Informationen eh nur schwer mit einem konkreten Fahrer in Verbindung bringen, da der Dienst nicht personalisiert ist, damit bei einem Halterwechsel keine Aktualisierung nötig wird.
Die Kosten für E-Call zahlt aufgrund des obligatorischen Einbaus jeder Neuwagenkäufer. Rund 100 Euro kostet die Technik, sagen Experten. In einer zunehmenden Zahl an Autos sind aber zumindest SIM-Karte, Antennen und Navigationsmodul sowieso an Bord, sei es als Teil des Navigationssystems oder von Konnektivitäts-Diensten. Eine spürbare Teuerung beim Neuwagenkauf wird es also eher nicht geben.
Die E-Call-Pflicht gilt lediglich für Neuwagen. Bereits zugelassene Fahrzeuge benötigen das System daher nicht. Viele neuere Autos haben die nötige Technik jedoch bereits an Bord. Für ältere Modelle gibt es Nachrüstlösungen in Form von Handy-Apps, Adaptern für die 12-Volt-Steckdose oder sogenannten OBD-Dongles. Diese Stecker werden in den OBD-II-Anschluss des Fahrzeugs gesteckt und setzen ihren Notruf entweder über eine integrierte SIM oder ein per Bluetooth angeschlossenes Handy ab. Teilweise werden solche Notruf-Systeme auch von Autoversicherungen als Teil eines telematik-basierten Vertrags angeboten, dann oft ohne Zusatzkosten oder gegen eine geringe Gebühr. Wer eine Dongle-Lösung sucht, sollte mit rund 100 Euro und/oder monatlichen Servicekosten rechnen. Auch für Motorradfahrer sind unterschiedliche E-Call-Systeme verfügbar, die in der Regel allerdings mit mehreren hundert Euro noch sehr teuer sind. (SP-X)
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K.-Theodor Hermann