Ausgabe 14-15/2012: Noch reichlich Luft!

Noch reichlich Luft!versicherungsverkauf – Chancen und Potenzialverluste bei der Vermittlung von Versicherungen im Autohaus. Von ernst wolfStudien belegen es, Berater und Außendienstler wiederholen es – durchgesetzt hat sich die Erkenntnis aber noch immer nicht: Erträge werden im Autohaus nicht mehr im reinen Fahrzeugverkauf generiert, sondern primär bei Finanzdienstleistungen und Aftersales-Services. Bezogen auf die Kfz-Versicherung bedeutet das: Jedes Fahrzeug, das nicht im eigenen Autohaus versichert wird, ist ein Verlust für den eigenen (Werkstatt-)Ertrag – und ein Plus in den Büchern des Wettbewerbs. Ganz bitter für das Autohaus beim Totalverlust eines Fahrzeugs: Wenn das Fahrzeug beim Wettbewerber versichert war, besteht die Gefahr, dass der Kunde für das Autohaus verloren ist – und dies vom Betrieb nicht einmal bemerkt wird. Dabei birgt das Versicherungsgeschäft reichlich Ertragschancen. Zunächst der Blick auf nicht realisierte Potenziale. Beim AUTOHAUS-Schadenforum im Herbst 2011 wurde eine repräsentative Kundenumfrage vorgestellt, die die Potenziale beim Verkauf von Kfz-Versicherungen beim Fahrzeugwechsel untersucht hat. Hier zeigte sich, dass 59 Prozent der Fahrzeugwechsler auch einen Wechsel ihrer Kfz-Versicherung in Betracht ziehen. Alle diese Kunden kommen zu Ihnen ins Autohaus! Bei der Frage „Haben Sie Ihre Kfz-Versicherung im Zuge des Fahrzeugkaufs gewechselt?“ verraten Käufer jedoch, dass der Handel deutlich weniger als die Hälfte dieses Potenzials realisiert hat.Der Autokäuferpuls 09/11, eine regelmäßige Kundenerhebung der puls Marktforschung, geht dieser Frage detaillierter nach und zeigt, wie hoch die Potenzialverluste im Handel nach Herstellergruppen sind – mit Ergebnissen, die nachdenklich machen sollten (siehe Abb. 1). Es lohnt sich nachzurechnen, wie sich eine stärkere Potenzialausschöpfung in der Ertragsbetrachtung eines Autohauses niederschlagen kann. Sie werden überrascht sein. Das Geld: Mehr kann man nicht verdienenEine Modellrechnung: Ein Autohaus verkauft 300 Neuwagen im Jahr, davon 75 mit Kfz-Versicherung. Provision pro Vertrag: € 60 x 75 = € 4.500 sofort, nicht gerechnet die Bestandsprovision, die vielerorts gezahlt wird. Interessant wird’s bei den Folgeerträgen: Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kommen auf 1.000 Kfz-Versicherungen 160 Schäden im Jahr mit einer Ø Schadenssumme von € 2.000 (inkl. Selbstbehalt). Also: 75 Verträge = 12 Schadenfälle x € 2.000 Schadensumme = € 24.000 Werkstattumsatz. Bei einem Ø Bruttoertrag von ca. 33 Prozent bedeutet das knapp € 8.000 zusätzlicher Ertrag – im ersten Jahr! Bei einer Ø Laufzeit von drei Jahren Finanzierung plus Versicherung wären dies fast 24.000 € Bruttoertrag aus dem neu hinzugewonnenen Werkstattumsatz! Durch aktives Versicherungsgeschäft kann der Handel von einer signifikant besseren Werkstattauslastung und zusätzlichem Teileverkauf profitieren. Aber das ist noch immer nicht alles: Der Einfluss der Kfz-Versicherung auf die Markenloyalität der Kunden ist signifikant. So bleibt jeder zweite Kunde (50 Prozent), der für sein Vorfahrzeug eine Versicherung im Handel abgeschlossen hat, auch beim nächsten Fahrzeug seiner Marke treu. Bei Kunden ohne Kfz-Versicherung via Handel liegt die Wiederverkaufsquote nur bei rund 40 Prozent. Mit anderen Worten: Viele Versicherungen = höhere Kundenloyalität = höherer Fahrzeugumschlag. Man sollte meinen, dass die Kombination aus Potenzial und Rendite jedem Geschäftsführer und Verkaufsleiter sofort einleuchtet und er das Versicherungsgeschäft auf der Agenda seiner Verkäufer platziert. Dem ist offenbar nicht so. Woran liegt das? Am Angebot der Autobanken? Am Verkäufer vor Ort? Oder gar an der Geschäftsführung der Autohäuser?Die Autobanken: Machen ihren Job ganz gut Seit 2009 untersuchen AUTOHAUS und das Marktforschungsinstitut puls die Zufriedenheit des Autohandels mit den Versicherungsdienstleistungen der Autobanken. Und seit 2009 stellt der Handel den Banken kontinuierlich gute Noten aus (siehe Abb. 2). Für Marktexperten ist das nicht verwunderlich, denn alle Autobanken stellen ihrem Handel Versicherungsprodukte auf Premiumniveau zur Verfügung.Jeder Verkaufsberater, der das Versicherungsgeschäft aktiv betreibt – und die gibt es! –, weiß dieses Angebot im Kundengespräch richtig einzusetzen. Produktmerkmale wie zum Beispiel fahrzeugspezifische Tarife, Wegfall der Selbstbeteiligung bei Ausstattung von Neuwagen mit ESP oder anderen Sicherheitseinrichtungen, Rabattierung bei Einbindung in Mobilitätspakete, keine Höherstufung im Schadenfall während der Laufzeit des Finanzierungs-/Leasingsvertrags sind nun mal weder bei Internetversicherungen noch beim Versicherungsvertreter an der Ecke in derart kundenfreundlicher Ausprägung zu finden. Darüber hinaus stehen die Banken der Hersteller natürlich in der Pflicht, und zwar für: adäquate Provisionen und Boni, einen guten Service im Innendienst, praxisnah konzipierte Trainings für die Verkaufsberater, kompetenter Außendienst etc. Die Autobanken machen ihren Job auch in diesen Bereichen ganz gut – siehe oben. Mit dem Angebot von Versicherungsprodukten der Autobanken hat der Handel ein Pfund in der Hand, mit dem er aktiv auf den Kunden zugehen kann. Er tut es aber nicht bzw. zu wenig. Warum? Der Verkauf: Woran es fehltBei Verkäufern mit „Benzin im Blut“ gelten Versicherungsprodukte nicht gerade als sexy – und Erklärungsbedarf haben sie womöglich auch noch. Gesamtnote aus Sicht des Verkaufs: eher unerfreulich. Ergebnis: meist zu wenig Know-how im Kundengespräch, passives Verhalten statt aktivem Angebot.Es ist nicht zu leugnen: Ein Produkt, z. B. der Neuwagen, ist einfacher zu verkaufen als eine Dienstleistung, z. B. eine Versicherung. Das Auto fasziniert, man kann es anfassen, riechen, hören, sehen. Bei der Versicherung hingegen gibt’s erst mal nur Papier, viel Papier, denn die Vorschriften des Gesetzgebers machen es den Akteuren nicht gerade einfacher. Besonders faszinierend ist die Versicherung auch nicht. Sie ist lediglich ein Versprechen, das seine Qualität erst im Schadenfall beweisen kann. Um in diesem Bereich Engagement zu entwickeln, muss man Potenziale erkennen, die Bedeutung des Geschäfts für das eigene Autohaus bewerten, über Tarif-Know-how verfügen. Alle Autobanken bieten entsprechende Trainings für Verkaufsberater an. Daran sollte man teilnehmen. Das geht natürlich nur, wenn Geschäfts- und Verkaufsleitung voll dahinter stehen! Tun sie das? Die Geschäftsführung: Aufwachen!Gute Provisionen, bessere Werkstattauslastung, höhere Aftersales-Erträge und höhere Wiederverkaufsquote einerseits, andererseits Schutz vor Kundenverlusten – man sollte meinen, Versicherungen sollten für die Geschäftsführung ziemlich „sexy“ sein. Dem ist aber nicht so. Anders lässt sich der geringe Anteil von Kfz-Versicherungen am PoS nicht erklären. Wobei es durchaus Autohäuser gibt, die ihren Job hervorragend machen. Ihnen gegenüber aber stehen leider noch viel zu viele Autohäuser, deren Penetration bei 15, 10 oder noch weniger Prozentchen liegt. Laut Arbeitskreis Autobanken liegt die Durchschnittspenetration im Versicherungsgeschäft bei bescheidenen 25 Prozent. Zum Vergleich: Bei Leasing und Finanzierung liegt sie bei über 40 Prozent. Im Versicherungsgeschäft ist also noch viel Luft nach oben. Resümee: Was noch nicht ist, kann ja noch werden ...Zu viele Autohäuser nutzen die unternehmerischen Potenziale aus dem Versicherungsgeschäft nur unzureichend. Nur wenn der Kunde aktiv angesprochen wird, kann er auch „Ja“ zur Kfz-Versicherung im Autohaus sagen. Die Angebotsquote aber ist in vielen deutschen Autohandelsbetrieben deutlich zu niedrig. Ein Umdenken mit diesem ertragsstarken Geschäftsfeld muss auf der Inhaber- und Geschäftsführungsebene im Autohaus ansetzen. Nur dann kann das Thema auch im Bewusstsein der Verkaufsmannschaft nachhaltig verankert werden. Gefragt sind:Kompetenz für die Verkaufsberater. Alle Autobanken bieten – häufig kostenlos – Trainings zum Thema „Versicherungen“ an. Diese Angebote müssen vom Handel wahrgenommen werden.Adäquate Beteilung des Verkaufs an den Erträgen.Führung des Verkaufs. Vorbildlich agiert hier eine bekannte Autohandelsgruppe: Nach jedem Verkaufsgespräch meldet der Verkaufsberater auf einem Formular der Verkaufsleitung: 1. Finanzierung/Leasing aktiv angeboten: Ja/Nein. Wenn „Nein“, warum nicht? 2. Kfz-Versicherung aktiv angeboten: Ja/Nein. Wenn „Nein“, warum nicht? 3. Mobilitätspaket (wenn verfügbar) aktiv angeboten: Ja/Nein. Wenn „Nein“, warum nicht?Die Geschäftsführung hat damit ein Instrument in der Hand, die Fortschritte der Verkaufsmannschaft zu steuern. Gerade die „Nein“-Antworten bringen Hinweise für das nächste Gespräch mit dem Versicherungsaußendienst der Autobank. Entscheidend aber ist das aktive Angebot der Dienstleistungen im Kundengespräch. Der Kunde ist einer guten Argumentation gegenüber aufgeschlossen. Dem Thema Angebotsverhalten im Beratungsgespräch und Versicherungswünsche des Kunden widmet sich auch der zweite Beitrag zum Themenkomplex Versicherungen in Autohaus Nr. 16 am 13. August 2012. ■Lesen SIe hier...... woran es liegt, dass realisierbare Profite via Versicherungsvermittlung nicht hinreichend erkannt werden und was man dagegen tun kann.1 Potenzialverluste bei Kfz-VersicherungenKfz-Versicherungim Autohaus(2. Quartal 2011)Neuwagen(n=1.143)Interesse(vor dem Kauf)Abgeschlossen(nach dem Kauf)VerlustDt. Premium(n=580)67,1%8,3%-58,8Dt. Volumen(n=519)58,3%20,7%-37,6Europ. Importeure(n=286)56,9%14,3%-42,6Asiat. Importeure(n=163)50,4%14,5%-35,9Sofort- und FolgeerträgePrimäreffekte (direkte monetäre Wirkungen) 1. Bonuszahlungen an das Autohaus 2. Provisionszahlungen an den Verkäufer Sekundäreffekte (indirekte monetäre Wirkungen) 1. Umsatz pro verkauftem Fahrzeug (Sicherheitsausstattung) 2. Werkstattumsatz (Service, Garantie, Unfallschäden) Tertiäreffekte (indirekte nicht-monetäre Wirkungen) 1. Kundenbindung (Markenloyalität) 2. Aktive Kundenansprache bei Remotorisierung und Wiederbeschaffung Quelle: Prof. Dr. Stenner, 2010

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