Von Nick Kaiser und Christopher Weckwerth, dpa
Es ist das zweite Ende einer Ära: 16 Jahre nach dem letzten VW Käfer ist auch das Nachfolgemodell des Kultautos, der Beetle, zum letzten Mal vom Band gelaufen. Volkswagen würdigte die Einstellung der Produktion im mexikanischen Puebla am Mittwoch (Ortszeit) mit einer großen Feier. Das Unternehmen schließe damit "ein sehr wichtiges und erfolgreiches Kapitel seiner Geschichte", teilte die mexikanische Tochterfirma des Wolfsburger Konzerns mit.
Der Beetle hatte von Anfang ein schweres Erbe, schließlich war der Käfer über Jahrzehnte ein Kultobjekt. Ein Auto, das weltweit für seine Zuverlässigkeit gerühmt wurde. Das es als "Herbie" mit Scheinwerfer-Kulleraugen zum Disney-Filmstar brachte. Und das bis heute von Liebhabern verehrt wird, etwa wenn im Frühjahr die alten Schätze zu den sogenannten Maikäfer-Treffen mit Tausenden Besuchern gefahren werden.
Auch als Symbol des Wirtschaftswunders ging das Original in die deutsche Geschichte ein. Als die Bundesbürger es sich wieder leisten konnten, in den Urlaub zu fahren, taten sie das oft im Käfer. Aber auch weit über die Landesgrenzen hinaus fand der robuste Wagen mit dem luftgekühlten Boxer-Motor im Heck seine Freunde.
Gefährliche Monokultur
Wirtschaftlich war der als Prototyp schon in den 1930ern entwickelte Käfer für VW dabei durchaus eine zweischneidige Angelegenheit. Einerseits ebnete der Klassiker den Wolfsburgern nach dem Zweiten Weltkrieg den Weg zum globalen Konzern. Andererseits verpasste es das Unternehmen darüber fast, sich weiterzuentwickeln, bis in den 1970ern mit dem Golf der nächste Kassenschlager gefunden wurde.
Um an die Tradition des Käfers anzuknüpfen, wurde von 1997 an der Beetle in Puebla gebaut, zu Beginn noch als "New Beetle". Nicht nur der Name, auch die Optik des Zweitürers erinnerte stark an das große Vorbild, auch wenn er den Motor vorne statt im Heck hatte. An die Popularität des Originals kam der Beetle in seinen verschiedenen Ausführungen, etwa als Cabrio, trotz eines guten Verkaufsstarts in den USA aber nie heran.
Rund 1,7 Millionen Mal wurde der Beetle nach Konzernangaben verkauft. Kein Vergleich zu den 21,5 Millionen Käfern, die die Wolfsburger vom Band brachten. Das Original war in Deutschland sogar so beliebt, das es auch nach seinem offiziellen Verkaufsende 1985 noch lange aus Mexiko importiert wurde. Fast 40 Jahre lang wurde es dort hergestellt, bis die Produktion in Puebla 2003 eingestellt wurde. Der letzte Käfer aus Deutschland verließ sogar schon 1978 in Emden das Werk.
Als nun in Puebla auch der letzte neue Beetle in der Farbe "Stonewash-Blau" im Konfetti-Regen durch eine Halle gefahren wurde, sang eine Mariachi-Band dazu den mexikanischen Klassiker "Cielito Lindo". Im übertragenen Sinn übersetzt: "Mein Liebling". Die VW-Mitarbeiter trugen dazu gelbe T-Shirts, auf denen "Gracias, Beetle" oder "#ByeBye Beetle" stand.
Letzter Beetle kommt ins Museum
"Er läuft und läuft und läuft" – für den Abschiedswagen gilt der berühmte Werbeslogan allerdings nicht, viele Kilometer wird der blaue Beetle nicht mehr auf den Tacho bekommen: Der Wagen soll stattdessen in einem Museum ausgestellt werden.
Der Beliebtheit des Käfers in Mexiko dürfte das keinen Abbruch tun. Denn Käfer-Taxis prägten jahrzehntelang das Straßenbild von Mexiko-Stadt. Die letzten Lizenzen für den "Vocho" liefen 2012 aus. Doch auf den Hügeln hoch über der Hauptstadt beherrscht der klassische Käfer noch immer das Straßenbild. Die Taxifahrer dort ziehen ihn neueren Autos vor, weil er die steilen Gassen besser bewältigt.
Aus Unternehmenssicht gilt Mexiko wegen günstiger Löhne, relativ gut ausgebildeter Arbeitskräfte und einer soliden Infrastruktur für deutsche Autobauer als attraktiver Produktionsstandort. Die VW-Modelle Tiguan, Jetta, Golf und Golf Variant werden daher auch weiter in Puebla hergestellt. Das VW-Werk in Puebla ist eines der größten des Konzerns weltweit. Insgesamt sind in Mexiko rund 900.000 Menschen in der Automobilindustrie beschäftigt.
VW lässt Hintertür für Rückkehr offen
Die "Final Edition" des Beetle und den anschließenden Produktionsstopp hatte Volkswagen im vergangenen Jahr angekündigt. Die US-Tochter des Konzerns erklärte, sie wandle sich zu einem familienorientierten Autobauer und treibe die Entwicklung von Elektroautos voran. Pläne, den Beetle zu ersetzen, gebe es nicht. Eine Hintertür ließ sich das Unternehmen gleichwohl offen. Mit den Worten des damaligen Chefs von Volkswagen of America, Hinrich Woebcken: "Sag niemals nie."