Erst musste die Produktion in Sachsen eingeschränkt werden, am Dienstag weiteten sich die neuen Lieferengpässe dann auf zusätzliche Fabriken aus. Demnach wird ab der kommenden Woche die Fertigung am Stammsitz Wolfsburg "gestuft auf verschiedenen Linien" verringert. In der Woche danach werde man dort wohl gar nicht fertigen können, so der letzte Stand. Auch konzerninterne Zulieferwerke sind betroffen.
Für den Hauptsitz der leichten VW-Nutzfahrzeuge (VWN) in Hannover wurde ein möglicher Stillstand ab der kommenden Woche angedeutet. Am Donnerstag war aus dem Unternehmen zu hören, dass hier zwischen dem 14. und 25. März definitiv nicht produziert werden könne. Bis zum 24. April, so die Erwartung, könne es weitere Ausfälle geben - für diesen Fall haben man mit dem Betriebsrat vereinbart, weitere Kurzarbeit beantragen zu können. An den polnischen Standorten Poznan und Wrzesnia soll die Produktion zunächst vom 10. März an ruhen.
"Der Krieg in der Ukraine bestürzt uns alle", schrieben Einkaufschef Murat Aksel, Personalvorstand Gunnar Kilian und Betriebsratschefin Daniela Cavallo in einem Brief an die Belegschaft. "Nach dem russischen Angriff hofft Volkswagen auf eine schnelle Einstellung der Kampfhandlungen und eine Rückkehr zur Diplomatie." Vorstandschef Herbert Diess hatte schon kurz nach Kriegsbeginn in der vergangenen Woche "mit großer Sorge und Bestürzung" reagiert. Der europäische und der Welt-Konzernbetriebsrat der VW AG gaben sich "tief erschüttert".
Wichtiger Absatzmarkt
Zentral- und Osteuropa sind für den nach Toyota zweitgrößten Autokonzern ein wichtiger Absatzmarkt. 2021 lieferten alle Marken der VW-Gruppe dort fast 660.000 Fahrzeuge aus. Die Kernmarke VW Pkw kam im vorigen Jahr in der Region auf rund 206.000 verkaufte Neuwagen.
Auch andere Autobauer zogen Konsequenzen aus der militärischen Eskalation. BMW stellt den Bau von Autos im russischen Kaliningrad und den Export nach Russland ein. Zudem werde es durch Lieferengpässe zu Produktionsunterbrechungen in deutschen und europäischen Werken kommen, hieß es bereits am Dienstag in München.
BMW bezieht ebenfalls Kabelbäume aus der West-Ukraine. Der Konzern hat 2021 mit seinem russischen Partner Avtotor 12.000 Autos in Kaliningrad gebaut und insgesamt 49.000 Autos in Russland verkauft. Im größten europäischen BMW-Werk Dingolfing dürfte die Produktion in der kommenden Woche komplett ausfallen - Kurzarbeit sei in Klärung.
Mercedes setzen Exporte nach Russland aus
Ähnliche Schritte beschloss Mercedes-Benz. Die Stuttgarter setzen ihre Exporte nach Russland sowie die Fertigung dort aus, wie sie am Mittwochabend mitteilten. Mercedes hatte vor knapp drei Jahren sein erstes Pkw-Werk nahe Moskau eingeweiht - damals noch in Anwesenheit von Präsident Wladimir Putin. Die für mehr als 250 Millionen Euro gebaute Produktionsstätte bietet über 1.000 Jobs. Ab der kommenden Woche soll die Schichtplanung einzelner Mercedes-Werke angepasst werden. Ausfälle will man "bestmöglich" vermeiden. Der weltgrößte Lkw-Bauer Daimler Truck stellte seine Russland-Aktivitäten inklusive der Kooperation mit dem Panzerwagen-Hersteller Kamaz vorerst ein.