Von Mario Hommen/SP-X und Ralf Padrtka/AUTOHAUS
Jaguar und Land Rover sollen sich in bereits wenigen Jahren zu Anbietern überwiegend elektrisch angetriebener Autos wandeln. Thierry Bollore, im September neu angetretener Chef der Jaguar-Land-Rover-Gruppe (JLR), kündigte in seiner am Montag vorgestellten Transformationsstrategie "Reimangine" neben einem drastischen Wandel des Produktportfolios zudem an, das Gesamtunternehmen bis 2039 CO2-neutral aufstellen zu wollen.
"Die Reimagine-Strategie ermöglicht uns wie nie zuvor, unsere Einzigartigkeit herauszustreichen und zu stärken", sagte Bollore mit Blick auf die Emotionalität der beiden Premiumhersteller, ihre traditionsreiche Britishness und die Zugehörigkeit zum indischen Tata-Konzern. "Wir nutzen diese Voraussetzungen jetzt, um unser Geschäft, die beiden Marken und das Kundenerlebnis von morgen neu zu definieren."
Bislang beschränkte sich das Angebot elektrisch angetriebener Modelle bei JLR auf den i-Pace von Jaguar sowie einige Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge beider Marken. Nun soll Jaguar bis 2025 den Wandel zur elektrischen Luxusmarke vollziehen und der Anteil der mit Verbrennermotor verkauften Fahrzeuge bis Ende der 2020er-Jahre auf Null sinken. Bis 2030 plant JLR jede Baureihe mit vollelektrischen Antrieben anzubieten.
Bei Land Rover rechnet man zu diesem Zeitpunkt mit einem Anteil rein elektrisch angetriebener Fahrzeuge von 60 Prozent. Bereits 2026 wolle sich das Gesamtunternehmen zudem vom Dieselantrieb verabschieden und parallel verstärkt in die Entwicklung von Wasserstofftechnik investieren. Entsprechende Technologieträger wollen die Briten noch in diesem Jahr auf die Straße bringen.
Basis der Elektro-Offensive werden drei Plattformen sein – zwei für Land Rover (Modular Longitudinal Architecture /MLA und Electric Modular Architecture/EMA) und eine für Jaguar (EMA). Bei Land Rover soll das erste Elektro-Modell auf neuer Basis 2024 auf den Markt kommen, fünf weitere E-Modelle werden folgen. Zum künftigen Jaguar-Angebot könnte nach Unternehmensangaben auch ein Modell mit dem Namen XJ gehören – das aktuell geplante Nachfolgemodell der Oberklasse-Limousine gehört allerdings nicht dazu.
JLR will sich den Umbau umgerechnet rund 2,8 Milliarden Euro jährlich kosten lassen. Neben der Elektrifizierung soll das Geld auch in die Entwicklung vernetzter Dienste zur Fahrzeugnutzung und innovativer Geschäftsmodelle fließen. Beispielsweise will der Hersteller sein Abonnementmodell "Pivotal" künftig auch außerhalb des Heimatmarkts anbieten.
Entwicklungszentrum wird Hauptsitz
Die "Reimagine"-Strategie soll auch helfen, Jaguar Land Rover agiler zu machen. Flachere Strukturen sollen die Mitarbeiter künftig befähigen, schneller und zielorientierter zu arbeiten und zu entscheiden. In diesem Zusammenhang steht auch eine "erhebliche Rationalisierung" der Strukturen abseits der Produktion in Großbritannien. So wird das Technologie- und Entwicklungszentrum in Gaydon zum neuen Headquarter. "Dort werden der Vorstand und andere wichtige Managementfunktionen zusammengeführt, um eine reibungslose Zusammenarbeit und agile Entscheidungsfindung zu ermöglichen", wie es heißt.
Wie viele andere Autobauer auch, hatte Jaguar Land Rover 2020 stark mit der Corona-Krise zu kämpfen. Der weltweite Absatz ging um 23,6 Prozent auf 425.974 Fahrzeuge zurück.
Peter Storch