Aktionärsschützer haben dem VW-Konzern ein "mehr als schäbiges" Verhalten gegenüber den Kleinaktionären des Lastwagenbauers MAN vorgeworfen. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte am Mittwoch auf der MAN-Hauptversammlung in München, der VW-Konzern habe "MAN ausgeschlachtet" und zeige deutlich, "dass er den Streubesitz eigentlich nur missachtet". Der Chef der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), Daniel Bauer, sagte: "Ich kann mich den Worten von Frau Bergolt nur anschließen."
Der VW-Tochter Traton gehören 95 Prozent der MAN-Aktien sowie der schwedische Lkw-Hersteller Scania. Traton soll voraussichtlich im Juli an die Börse gebracht werden, um Geld für den Ausbau ihres Geschäfts in den großen Lkw-Märkten USA und China einzusammeln.
Deshalb hat VW die nicht zum Lkw-Kerngeschäft gehörenden Teile des Münchner Traditionsunternehmens MAN zum Buchwert von knapp zwei Milliarden Euro selbst übernommen - zum Schnäppchenpreis zu Lasten der MAN-Kleinaktionäre, so der Vorwurf der Aktionärsschützer.
Traton-Chef und MAN-Aufsichtsratschef Andreas Renschler sagte, der MAN-Aufsichtsrat habe sich nach kontroverser Diskussion gegen den Verkauf des profitablen Getriebeherstellers Renk und der Sparte für Schiffsmotoren und Turbomaschinen ausgesprochen. MAN habe dann jedoch "Anweisung von Volkswagen erhalten".
Beide Aktionärsvereinigungen forderten darauf Sonderprüfungen. Bauer schloss eine "rechtsmissbräuchliche Transaktion" nicht aus und sah "ein Thema für den BGH", den Bundesgerichtshof. "So können wir uns das nicht gefallen lassen", sagte er unter großem Beifall von Aktionären.
DSW-Vizepräsidentin Bergdolt drohte MAN-Vorstandschef Joachim Drees mit einer Schadenersatzklage, sollte er künftig Weisungen von VW ausführen, die MAN schädigen. Die Konzernmutter zeige deutlich, dass sie "nur auf ihren eigenen finanziellen Vorteil bedacht ist" und "versucht jeden Cent, der an die Aktionäre geht, zu sparen". Nur mit Hilfe des Oberlandesgerichts München hätten die Kleinaktionäre eine angemessene Garantie-Dividende durchsetzen können.
Geschäftlich habe sich MAN im vergangenen Jahr immerhin "gut geschlagen, das Truck-Geschäft in Europa läuft gut", sagte Bergdolt. Drees sagte, der Umsatz von 12,1 Milliarden Euro solle im laufenden Jahr leicht, das Ergebnis spürbar erhöht werden.
EU müsse Rahmenbedingungen für Elektro-Lkw schaffen
Der MAN-Chef kritisierte die Klimapolitik der EU. Sie gebe sehr ehrgeizige CO2-Ziele - aber das setze auch "Rahmenbedingungen voraus, die bis heute vollständig fehlen", sagte er. "So können wir heute schwere Elekto-Lkw nicht einmal als Serienfahrzeuge zulassen, weil sich die Regulierer nicht auf Testparameter einigen können." Die Lastwagenhersteller und ihre Kunden brauchten endlich Klarheit. "Schaffen Sie zeitnah die erforderlichen Voraussetzungen, damit wir nicht für die Zulassung eines jeden Elektro-Lkw eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen", forderte Drees.
Die EU will den CO2-Ausstoß von Lastwagen bis 2025 um 15 Prozent und bis 2030 sogar um 30 Prozent senken. MAN testet zur Zeit mit Händlern und Spediteuren in Österreich Elektro-Lastwagen und will Ende nächsten Jahres einen elektrischen Stadtbus in Serie gehen lassen. (dpa)