Daimler-Vorstandschef Ola Källenius erwartet etwas Entspannung, aber noch kein Ende der Halbleiter-Krise. Die jüngsten Corona-Lockdowns in Malaysia hätten Mercedes-Benz im laufenden Quartal getroffen, und "die Situation ist volatil", sagte Källenius am Sonntagabend vor Beginn der Automesse IAA in München.
Er hoffe, dass es im vierten Quartal besser werde. Aber die Nachfrage nach Halbleitern werde auch nächstes Jahr höher sein als die weltweite Produktionskapazität. Das sei ein strukturelles Problem und habe nichts mit der Pandemie zu tun. Erst 2023 erwarte er eine deutliche Entspannung, sagte Källenius.
Autobauer hatten den künftigen eigenen Halbleiter-Bedarf nach dem Wiederanspringen der Nachfrage seit Ende 2020 unterschätzt und Lieferverträge storniert. Die entsprechenden Mengen fehlen jetzt, stattdessen werden oft Abnehmer aus anderen Wirtschaftszweigen vorrangig versorgt. VW-Konzernchef Herbert Diess hatte kürzlich angekündigt, auch Vertragsstrukturen mit Chiplieferanten auf den Prüfstand zu stellen: "In der Regel ist es ja so, dass wir sehr langfristige Verträge haben. Dann müssen wir uns wahrscheinlich direkter mit Halbleiterherstellern abstimmen und auch dort längerfristige Volumenzusagen eingehen."
Einbußen auf der Produktionsseite
Analysten der Commerzbank stellten fest, dass die Zahl der in der Bundesrepublik hergestellten Autos im August gegenüber dem Juli stark absackte: "Offensichtlich bremst der Mangel an Vorprodukten immer stärker." Gemeint sind kostspieliger werdende Rohstoffe, aber auch die an vielen Stellen fehlenden Mikrochips. Die Unternehmensberatung PwC beurteilt die Pläne der Autoindustrie angesichts der Halbleiter-Lieferkrise mit großer Skepsis, es sei "keine kurzfristige Erholung der Versorgung zu erwarten", sagte Autoexperte Tanjeff Schadt am Montag.
Auch VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sieht keine rasche Linderung. "Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass wir bis ins erste Halbjahr 2022, vielleicht auch noch weitergehender mit Auswirkungen zu rechnen haben", meinte er. BMW-Chef Oliver Zipse ist ebenfalls skeptisch: "Ich denke, dass die grundsätzliche Anspannung in den Lieferketten die nächsten sechs bis zwölf Monate andauern wird."