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Fahrbericht VW Golf GTI TCR: Nur für Rennfahrer

04.12.2017 05:44 Uhr
Fahrbericht VW Golf GTI TCR: Nur für Rennfahrer
Der VW Golf GTI TCR für 2018
© Foto: VW Motorsport

Unterwegs in der seltensten und teuersten Variante des Kompaktwagens - mit der Frage: Wieviel Golf steckt noch in der Rennsportversion? Die Antwort erstaunt.

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Von Peter Weißenberg/SP-X

Dieser Golf brüllt. Heiser. Ungehemmt. Laut - und schon nach einem Druck auf den roten Startknopf im Lenkrad. Eindeutig nichts für die Fahrt zum Kindergarten, Supermarkt oder Arbeitsplatz. Dahin darf die teuerste Variante des beliebtesten Kompaktwagens aber sowieso nicht. Der GTI-TCR wird nämlich niemals eine Zulassung für den Straßenverkehr bekommen - auch nicht in der 2018er-Version, die auf der Rennstrecke im italienischen Vallelunga zum Test bereitsteht. Zu niedrig, zu hohe Emissionen, zu wenig Fußgängerschutz, zu viele ausladende Anbauteile, zu wenig Sicherheitssysteme … um nur ein paar unüberwindliche Hindernisse zu nennen.

Das stört den Herrn des Super-Golfs indes nicht. Eduard Weidl soll der exklusivsten Variante dieses VW schließlich nur auf einem Geläuf das Sieger-Gen einpflanzen: auf den Rennstrecken der Welt. Und da hat der Leiter des TCR-Projektes bei Volkswagen Motorsport nachhaltig Erfolg. Der amtierende Meister der TCR-International ist sein Kunde, und auch in nationalen Rennserien nach diesem Standard ist der Golf höchst erfolgreich.

Schon in der ersten Runde auf dem Kurs nördlich von Rom zeigt der Renner, warum das so ist: Die 420 Newtonmeter aus dem Zweiliter-Turbo treten Millisekunden nach dem Lösen der polizeiknüppelgroßen silbernen Handbremse ins Kreuz und katapultieren den Fahrer Richtung erste Kurve. Gut, dass die Reifen vorgewärmt sind. Sie haben wie die Bremsen Höchstleistung zu bringen, um den weißroten Renner auf Kurs zu halten. Der Carbon-Heckspoiler vom Format eines quergelegten Bügelbretts hilft dabei.

Auf Serienmodellen aufgebaut

Der Fahrer selbst kommt dennoch schnell ins Schwitzen - nicht nur, weil dem GTI-TCR sämtliche Komfort-Gaben geraubt sind. Nur ein Gebläse pustet beim Druck auf ein blaues Knöpfchen im Lenkrad etwas Abkühlung ins Gesicht. Hans-Joachim Stuck braucht den Knopf nicht. Die Rennsportlegende jagt den zweiten Wagen derart locker am Normalfahrer vorbei, dass die Frage aufkommt, ob er ein paar Extra-PS unter der Haube hat. Nein, verboten … alle Fahrzeuge der TCR-Serie sind per Reglement sehr weit angeglichen: Der Hubraum etwa muss zwischen 1.750 und 2.000 ccm betragen. Ein Turbolader macht zusätzlich Druck. Zudem müssen alle TCR-Racer auf Serienmodellen aufbauen, die weltweit mindestens 5.000 Mal innerhalb von zwölf Monaten verkauft wurden – Carbon-Karossen, die nur das Design der Serie imitieren, sie sind also verboten.

"Unsere Karossen kommen aus der ganz normalen Produktion - 65 Prozent aller Teile sind wie in jedem Golf-GTI", sagt Projektchef Weidl. Selbst der Motor ist nicht verändert. Die 350 PS (der stärkste Straßen-Golf hat 310 PS) kommen im Wesentlichen nur durch andere Luftfilter und Motorsteuerungen zustande. Auch teure Leichtbau-Orgien würden nichts bringen: Alle TCR-Rennwagen werden vor Saisonbeginn neutral geprüft - Unterschiede bei Motorleistung, Schalt- oder Aerodynamik-Performance werden durch Zusatzgewichte oder Eingriffe in die Motorsteuerung ausgeglichen. 1.285 Kilogramm Mindestgewicht für TCR-Fahrzeuge inklusive Fahrer sind obligatorisch, maximal 1,95 Meter breit dürfen die Autos sein. Bei gleichem Radstand hat die TCR-Variante aber 40 Zentimeter mehr Spurweite als der Serien-GTI.

Von der nach aktueller Golf-VII-Art facegelifteten Variante des GTI TCR produziert Volkswagen im kommenden Jahr gerade einmal etwas mehr als 30 Stück - zum Vergleich: Die Werkshallen in Wolfsburg spucken rund 1.000 Gölfe aus; pro Tag. Aber aus dem Stammwerk rollt dieser Golf ohnehin nicht auf die Rennstrecke: Genau wie seine Schwestermodelle von Seat und Audi wird auch der VW von den Spezialisten des Konzerns bei Seat in Spanien für die Motorsport-Teams aufgebaut. "Da stehen am einen Tag zehn Audi RS3 LMS, am nächsten zehn Seat Leon TCR und dann unsere GTI TCR in Martorell", sagt Eduard Weidl.

Innen sind die Autos nur an den vom Sicherheitskäfig durchbohrten Resten ihrer Armaturenbretter zu unterscheiden. Sonst regieren überall nackte Bleche, Vollschalensitz und ein knöpfchengespicktes Lenkrad im Playstation-Stil. Gleichteile - wie bei der Plattform, auf der die drei Modelle serienmäßig stehen. Das hilft, die Kosten für die Kunden-Teams im Rahmen zu halten. Der Maximalpreis ist ohnehin vorgeschrieben. Ab 115.000 Euro geht es netto für den GTI-TCR mit sequentieller Schaltung los. Es gibt auch noch eine Variante mit DSG - die allerdings im Renngeschehen keine siegreiche Rolle spielt. Es fehlt halt das letzte Quäntchen Drehmoment, das aus dem Getriebe zu kitzeln ist. Dieses 95.000-Euro-Gefährt (netto) ist daher wohl eher für Reporter, Fans oder rennsportbegeisterte Kunden gedacht. Nur ein halbes Dutzend der bisher rund 50 gebauten Renn-Golf ist damit ausgestattet.

Anspruchsvoll zu fahren da frontlastiger

Für die erste Begegnung mit dem Monster-Golf ist die Schalthilfe dagegen ganz hilfreich. "Der GTI TCR ist schon anspruchsvoll zu fahren", sagt Hans-Joachim Stuck. Denn der VW ist im Gegensatz zum neutral ausgelegten Seat und dem heckbetonten Audi deutlich frontlastiger.  Weil er leicht höher baut als die Konzern-Schwestern, hat er zwar auf schnellen Geraden leichte Speed-Nachteile, kann aber giftiger in die Kurven gehen - wenn’s der Fahrer a la Strietzel Stuck beherrscht. Der sportliche Normallenker lässt es besser etwas ruhiger angehen. Sonst droht latent die Gefahr, dass er bei der Kurvenausfahrt vom eigenen Heck überholt wird. ESP, ABS oder andere Traktionshilfen wie im Serien-GTI gibt es nämlich nicht. Die eigene Reaktionsschnelligkeit ist das einzige Assistenzsystem.

Weniger bringt eben mehr. Selbst der Türöffner ist nur Attrappe im GTI-TCR. Eine gewichtsparende gelbe Schlaufe zum Aufziehen der Tür muss reichen. Wer in diesem Golf seine Runden dreht, möchte sie nicht so bald benutzen.

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