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Fahrbericht Mercedes E 300 de: Schnell, teuer, gut

10.08.2020 11:17 Uhr
Wer will, bekommt das T-Modell auch als Diesel-Hybrid E 300 de.
© Foto: Mercedes-Benz

Mercedes-Benz modernisiert den Dauerbrenner E-Klasse. Die Überarbeitung nach etwa der Hälfte der Zeit ist beim Kombi weniger sicht-, dafür umso eher spürbar. Doch nicht alles fühlt sich gut an.

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Von Michael Blumenstein/Autoflotte

Die Ära der E-Klasse fängt eigentlich Mitte 1993 an, als der 124er (das Taxi) eine neue Nomenklatur erhielt. Millionenfach verkaufte sich auch dieser bereits als Kombi, das schon damals T-Modell hieß.  Auf knapp 4,77 Metern Länge passte einfach verdammt viel in den grundsoliden Benz. Er war zudem repräsentativ, mit bis zu 220 PS (als E 36 AMG sogar 272 PS) schnell und dennoch kein Säufer. Taxler fuhren Diesel, mit vier, fünf und gar sechs Zylindern. Die Businesskunden wählten vornehmlich sechs Zylinder in Reihe, die nach dem Ottoprinzip arbeiteten. Einige hatten bereits den neuartigen Allradantrieb 4Matic an Bord. Und wer ein Fan von Understatement war, wählte den 400 E, E400, E420 mit acht Zylindern, der eben in seiner kurzen Laufzeit drei Bezeichnungen für denselben Motor bekam.

Ab 1995 "empörte" das Vieraugengesicht (W210) die Vielfahrerfraktion – einige fanden es auch ganz schick. Vor allem in der sportlichen Avantgarde-Ausstattungslinie, die damals höchste, inklusive dunklem Vogelaugenahorn-Holz und serienmäßig vorhandenem Xenonlicht. Bose Sound- und Navigationssystem standen in der Extraliste. ESP kam ab 1999. Darauf folgte 2002 der W211 und 2009 der W212.

Synonym der oberen Mittelklasse

Die E-Klasse ist mittlerweile fast ein Synonym für das gehobene Mittelklasse-Segment. Es gibt eigentlich nichts, was es nicht gibt. 2016 kam das aktuelle Modell, das gerade modernisiert wurde. Avantgarde ist nun die Basis, der Stern auf der Haube fehlt also. Darüber rangieren AMG-Line (ohne Stern) und Exclusive (mit Stern). Und wer weiter aufstocken möchte, ist bei Mercedes herzlich willkommen. So bieten die Stuttgarter beispielsweise nicht nur bloß ein Schiebedach an. Wem das kleine zu mickrig ist, wählt eben das Panorama-Schiebedach. Wem die 160 PS des Einstiegsdiesels  nicht ausreichen – den W124 gab es mal mit 72 PS – greift einfach zum E450. Dann stehen fast 400 PS parat. Bei 612 PS ist Schluss. 612 PS.

Unser Tipp für alle User Chooser und Fuhrparkleitende: E300 de mit exakt der Hälfte der Leistung. Immer noch sauschnell. Er soll aktuell die Brücke bauen. Die Brücke für Elektro-Schnüffler, die sich noch nicht trauen. Und die Brücke zu den Fuhrparkverantwortlichen, die keine Lust auf horrende Unterhaltskosten aufgrund überbordender Spritverbräuche der meisten Benzin-Hybride haben. De Brücke, bis eventuell beim nächsten Modell komplett auf Elektromobilität umgeschwenkt wird. Der Staat macht es den Dienstwagenfahrenden einfach. 0,5-Prozent-Versteuerung zieht fast immer. Da im Falle des Strom-Nicht-Nutzens Diesel in einem Zweiliter-Selbstzünder verbrannt wird, halten sich die Kraftstoffkosten stets im Rahmen – verglichen mit einem Pendant, das auf Benzin als Primärquelle des Antriebs setzt. Mercedes geht hier als einziger Hersteller einen Sonderweg. Denn wer lieber einen Benzinhybrid fährt, bekommt auch diesen als Plug-in mit ebenfalls 300-plus-PS.

Steuerbonus greift

Keine schlechte Wahl. Denn der Antrieb ist extrem kräftig (194-Diesel-PS plus 122 elektrische), trotz vier Zylindern sehr leise (vor allem mit der Akustikverglasung) und vermeintlich auch auf der Langstrecke einigermaßen sparsam. Klar ist: Wer den Akku nach sehr wahrscheinlich gut 40 Kilometern leergefahren hat, verbraucht mehr als mit einem reinen Diesel ähnlicher Leistung. Da stünde der E400 d mit samtigem Reihensechszylinder zu einem ähnlichen Kurs in der Warteschlange, nur eben ohne den Versteuerungsbonus – doch das wäre ja Luxus.  

Schenkt man dem "Spritmonitor" glauben, einer Community, die ihre selbst erfahrenen Kraftstoffverbräuche monitort, ist zwischen 2,3 und 8,2 Liter alles möglich. Im Schnitt sollen es 5,3 Liter pro 100 Kilometer sein. Wer viel am Stecker lädt, kommt sicherlich in den Bereich der Werksangabe von rund 1,6 Litern Diesel. Wer wenig bis gar nicht lädt, wird eher bei gut sechs Litern liegen.

Die Kraft stellt der E300 de bereits von tief unten bereit, weshalb der Allradantrieb (plus 2.300 Euro netto) als sinnvoll erscheint. Die Neungang-Automatik schaltet stets unmerklich und legt bei 100 km/h die letzte Fahrstufe ein, was im Verbrennermodus für eine Motordrehzahl von knapp über 1.000 Touren führt. Wer sich nun in die geschmeidigen Ledersessel, die den Körper auf Wunsch aktiv gegen die Fliehkraft in Kurven abstützen, reingleiten lässt, fühlt sich schon wie in einer S-Klasse. Viel Unterschied gibt es für Fahrerin und Beifahrer nicht. Auch die sicht- und spürbare Verarbeitungs- und Materialqualität sind über jeden Zweifel erhaben.


Mercedes E-Klasse T-Modell (2021)

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Bedienung mit Fragezeichen

Da wollen die beiden Widescreens – wie Daimler die diagonal zusammen mindestens 26 Zentimeter messenden Displays nennt – nicht zurückstecken. Und wer möchte, wählt die ganz "widen" Widescreens mit 31,2 Zentimetern. Dann ist – vor allem nachts – Disko angesagt. Glücklicherweise gibt es vier Anzeige-Grundeinstellungen, modern classic, sport und progressive heißen die "lauten". Dezent ist die vierte im Bunde und folgt dem Namen – schön reduziert und wenig irritierend. Denn ansonsten ist im Display immer etwas los und verleitet zum längeren Blicken, oder gar Suchen.

Mit der Bedienung muss man sich sowieso anfreunden. Oder man lässt fast alles so, wie es vom Werk eingestellt ist. Sich in den Menüs zurechtzufinden, erfordert in jedem Fall Geduld. Und während der Fahrt sollte man tunlichst vermeiden, irgendwas an den redundanten Eingabemöglichkeiten erledigen zu wollen. Zum Glück hat die E-Klasse die neueste Ausbaustufe von MBUX an Bord. Das ist die Bezeichnung der Infotainment-KI. "Hey Mercedes" weckt die Künstliche Intelligenz auf. Und diese stellt auf Ansage ziemlich viel ein, auch eine Hot-Stone-Massage, selbst wenn sie nicht verlangt wurde. Dass das alles meist länger dauert als mit einer Taste, liegt auf der Hand. Immerhin merkt sie sich, dass man um 8 Uhr am Montagmorgen meist den Nachrichtensender einstellt und um 8:15 Uhr den Kontrollanruf im Büro macht – das schlägt sie dann nämlich aktiv vor. Freundlicherweise können Innenraum-Temperatur oder Heckscheibenheizung noch auf Knopfdruck justiert werden und ein paar Shortcuts zum Telefon, Navi und beispielsweise Radio gibt es ebenfalls. Auch eine Favoritentaste, auf der alles Mögliche abgelegt werden kann, ist vorhanden. Nur für den Fall, man ist zu alt für den zuvor genannten Firlefanz.

Wem das alles zu anstrengend ist, der kann ab sofort einen Power-Nap machen und wird beim Kurzschlafen unterstützt – während des Aufladens beispielsweise, das zwischen 1,5 bis fünf Stunden dauert. Zum Aufwachen können sich Nutzer einer bestimmten Fitness-Uhr freuen, dass der Daimler die Fahrzeugstimmung an den "eigenen Mood" anpasst. Denn die Uhr sagt der E-Klasse, wie man sich gerade fühlt. Sind das wirklich Dinge, die Kunden wollen?

Wir freuen uns eher über den soliden Fahrkomfort des Luftfederfahrwerks (Serie) trotz serienmäßiger 18-Zoll-Bereifung, den Platz auf der Rückbank, auf der nicht nur Kinder gerne durchs Panoramadach ins Freie schauen und das gediegene Ambiente. Über den riesigen Kofferraum können wir uns nicht mehr freuen. Denn dieser schrumpft bei den Plug-in-Hybriden aufgrund der Batterie von 640 auf nur noch 480 Liter. Damit ist zumindest eine Domäne des 4,95 Meter langen T-Modells gestorben. Ach ja, wenn wir gerade am Meckern sind: Wer den Allrad wählt, büßt 20 km/h Topspeed ein und wer jetzt bestellt, bekommt den Plug-in-Hybrid wohl frühestens Anfang nächsten Jahres. Letzteres erfuhren wir aus Händlerkreisen. Und ums Außer-Haus-Laden müssen sich viele selbst kümmern – auch kein Spaß.

Technische Daten
Mercedes E 300 de 4matic T-Modell

Preis ab: 51.970 Euro R4/1.950 | 225 kW / 306 PS | 700 Nm | 6 s | 230 km/h
Reichweite: 45 WLTP-Kilometer | Batteriekapazität: 13,5 kWh
Ladezeit bei 2,3 kW Steckdose: ca. 5 Std
Verbrauch: 1,7 Liter Superbenzin + 13,5 kWh auf den ersten 100 Kilometern | 44 g/km
4.945 x 1.852 x 1.482 mm | 480 bis 1.660 Liter l Wartung: jährlich/30.000 km


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KOMMENTARE


Frank E.

11.08.2020 - 01:22 Uhr

Das ärgerlichste am T-de ist sicherlich die Stufe, die den Kofferraum nicht nur verkleinert, sondern ihn eigentlich zur Nutzlosigkeit degradiert. Wer kann oder möchte schwere Sprudelkisten in der Tiefe des Kofferraums noch hochheben, wenn er schon froh ist, die Kiste so weit hinten überhaupt hineinzuhiefen. Beim neuen, tasten- und schalterlosen Lenkrad möchte man weiter machen. Alles Touch. Wer aber heute blind den Tempomat mit zweimal kräftig antippen und dreimal leicht antippen präzise von 50 auf 73 km/h stellt, ohne dabei das Ergebnis kontrollieren zu müssen, weil alles präzise funktioniert, wird sich auch umschauen, wie er das in Zukunft ebenso präzise und ohne Kontrolle hinbekommt. Das OLG möge doch den verschachtelten Menü-Strukturen und dem Touch-Wahn möglichst bald die Betriebserlaubnis entziehen und so zu sicheren Autos für die Autofahrer verhelfen. Ich liebe die E-Klasse und bin deshalb so maßlos enttäuscht, wie das Fahrzeug "weiterentwickelt" wird - so dass ich mich auf mein nächstes Traumauto nicht mehr freuen kann.


Ralph F.

20.09.2020 - 07:58 Uhr

Der Kofferraum des T-Modell 300de gleicht dem eines Prototypen. Ich habe extra auf das Facelift gewartet, da mir versprochen wurde, dass dieses neue, kleinere Akkus bekommt und so einen ebenen Kofferraumboden bekommt. War wohl ein hoax. Die Hundebox passt aufgrund der 18 cm geringeren Höhe und des verschachtelten Bodens nicht mehr in den Kofferraum. Das geringere Volumen wird bei der nächsten Urlaubsfahrt mit meiner Familie zur Herausforderung. Das ich mich dennoch für das Auto entschieden habe, lag an der 0,5% Versteuerung sowie dem kraftvollen und sparsamen Motor.


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