Von Online-Redakteur Andreas Heise
Gewiss, ein zweisitziges Sportcoupé ist nicht die Antwort auf den Klimawandel. Schon gar nicht, wenn unter der Haube ein V8-Kompressor brodelt. Doch was wäre die Autowelt ohne solche Ausreißer, die keiner braucht, aber jeder haben will? Das dachte sich womöglich auch Jaguar Land Rover, als sich die Engländer für eine Modellpflege des F-Type entschieden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Hersteller schlicht die Absatzzahlen sichtete. 1.100 bis 1.300 F-Type verkauft JLR jedes Jahr. In Deutschland lag die Zahl der Neuzulassungen in diesem Jahr von Januar bis Oktober bei 809 Einheiten, was knapp elf Prozent aller Jaguar-Verkäufe entspricht. Nebenbei bemerkt: Der F-Type landet damit noch vor dem Elektromodell I-Pace. Am Ende entscheidet eben immer noch der Kunde und nicht die Politik oder gewisse Interessengruppen.
Damit der Kunde weiter bei der Stange bleibt, war es nach sechs Jahren nun Zeit für eine Modellpflege. Optisch ist der F-Type seiner knackigen Coupé-Form – lange Haube, kurzes Heck – treu geblieben. Gut so. Doch das Facelift ist sofort als solches zu erkennen, was vor allem an der neu gezeichneten Front liegt. Die LED-Scheinwerfer sind feiner gezeichnet und gehen eher in die Breite als - wie beim Vorgänger - in die Höhe. Die Motorhaube zieht sich dadurch weiter nach unten, der F-Type wirkt aggressiver. Die Heckleuchten wiederum haben ihr halbkreisförmiges Element verloren und sind nun kantiger sowie schlanker ausgeführt. Weitere Detailänderungen am Exterieur: ein leicht vergrößerter Kühlergrill mit sechseckigen Waben sowie neugestaltete Stoßfänger und "Kiemen" in den Kotflügeln.
Der Innenraum wurde – wie sollte es anders sein – weiter digitalisiert. Das äußert sich im neuen 12,3 Zoll großen und individuell konfigurierbarem Kombiinstrument. Hier wird die Karte zum Navi oder auch ganz klassisch der Drehzahlmesser angezeigt. Edle Materialien sollen das Cockpit weiter aufwerten.
Jaguar F-Type (2020)
BildergalerieInteressanter wird es unter der Motorhaube: Viel wurde spekuliert – vom neuen Reihensechszylinder mit Mildhybridsystem bis hin zum V8, den man sich von BMW ausleiht. Die Realität gestaltet sich nun nüchterner. Vorerst stehen nur noch ein Vier- und Achtzylinder zur Auswahl, jeweils gepaart mit einer ZF-Achtgangautomatik. Der V6-Kompressor, der zuletzt mit 340 oder 380 PS zu haben war, fliegt aus dem Programm. Die Basismotorisierung bildet der bereits bekannte Zweiliter-Turbo-Vierzylinder mit 300 PS, 400 Nm Drehmoment und Heckantrieb. Um die Leistungslücke, die der V6 hinterlässt, nicht zu groß werden zu lassen, startet der 5,0-Liter-Achtzylinder-Kompressor jetzt bereits bei 450 PS – Heck- und Allradantrieb stehen zur Wahl. Die zweite Leistungsstufe mit 575 PS und 700 Nm trägt das Modell-Kürzel "R" und wird stets von allen vier Rädern angetrieben. Sie vollführt den Sprint von Null auf 100 km/h in 3,7 Sekunden und ist damit eine Sekunde schneller als der kleinere V8-Bruder.
Ein Tiefschlag für Puristen: Die Handschaltung entfällt. Doch mal ehrlich – die Sportwagen-Kundschaft entscheidet sich schon seit Jahren vornehmlich für Automatikgetriebe. Es ist ein Trend, dem Jaguar Land Rover schlichtweg folgt. So wurde die Quickshift-Automatik der Achtzylinder-Modelle neu kalibriert – für noch schnellere Schaltmanöver. Parallel haben sich die Entwickler auch das Fahrwerk vorgenommen. Überarbeitete Federn und Dämpfer sollen dafür sorgen, dass der Jag noch besser auf der Straße liegt. Erwähnenswert: Torque Vectoring kommt in allen Versionen serienmäßig zum Einsatz.
V8 mit "Quiet Start"-Funktion
Da wäre noch der Achtzylinder-Sound des F-Type, der es in den letzten Jahren geschafft hat, bei Kunden, Testern und Fans nachhaltig in Erinnerung zu bleiben. Auch wenn diesbezüglich der Übergang zwischen Supersportwagen und Krawallbruder stets fließend verlief. Eine Live-Soundprobe blieb den Anwesenden bei der Premiere in München verwehrt, doch Jaguar verspricht: "Das für den F-Type charakteristische Fauchen im Schubbetrieb bleibt erhalten, akustisch fein abgemischt auf jeden einzelnen der drei Motoren." Dass die Stimmgewaltigkeit des V8 ab und zu für Irritationen gesorgt haben muss, beweist ein neues Detail: In der Top-Motorisierung hält der "Quiet Start"-Modus Einzug. Der sorgt dafür, dass die Nachbarn beim Anlassen des Motors nicht gleich mitaufstehen. Wer aber keinen Wert auf gute Nachbarschaft legt, der kann die Funktion auch deaktivieren.
Bleibt die Frage nach dem Preis. Das Vierzylinder-Coupé startet bei 64.200, das entsprechende Cabrio bei 71.200 Euro. Das Top-Modell R Cabrio bildet mit 132.100 Euro (Coupé: 125.600 Euro) die Spitze. Das Facelift ist ab sofort bestellbar, die ersten Fahrzeuge sollen im März 2020 an die Kunden gehen.