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Elektroauto-Technik: Warum einphasiges Laden nichts für Eilige ist

28.11.2019 05:00 Uhr
Ladetechnik Elektroauto
Viele E-Autos laden an der Wallbox nur langsam.
© Foto: Opel

Wer über den Kauf eines E-Autos nachdenkt, muss sich plötzlich mit Elektrotechnik und Stromnetzen beschäftigen. Ansonsten kauft er möglicherweise unbeabsichtigt einen Schnarchlader.

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Von Holger Holzer/SP-X

Lange Ladezeiten nerven. Zu den wichtigsten Gründen für Elektroauto-Skepsis zählt die Angst vor andauerndem Warten neben der Wallbox. Nicht selten ist diese sogar begründet – zumindest, wenn ein Modell mit einphasigem Bordlader angeschlossen ist. Für deutsche Kunden sind derartige Fahrzeuge nicht gemacht – und auch alles andere als ideal. Trotzdem bieten die Hersteller sie hierzulande an, nicht selten auch alternativlos.

Einphasig Laden heißt, dass das E-Auto nur an einen der drei unter Spannung stehenden Stränge des dicken Stromkabels angeschlossen wird, das hierzulande in jeden Haushalt und an jede AC-Ladesäule führt. Dadurch nutzt es auch nur ein Drittel der maximalen Leistung – statt rund 22 Kilowatt (kW) saugt es also nur etwas mehr als sieben in seinen Akku. Und das auch nur theoretisch, denn viele einphasigen E-Autos beschränken sich selbst auf 6,6 kW. Aber auch diese Leistung fließt in Deutschland nicht wirklich: Denn hierzulande ist die Stromabgabe einer einzelnen Phase aus technischen und rechtlichen Gründen auf 230 Volt/20 Ampere gedrosselt, also auf 4,6 kW. Das ist nur rund ein Fünftel des theoretisch möglichen Werts, den etwa ein an alle drei Phasen angeschlossener E-Herd aus dem Netz zieht. Hintergrund ist die in Deutschland geltende Schieflastverordnung. Sie soll die übermäßige Belastung einzelner Stromphasen verhindern, die im Extremfall zum lokalen Blackout führen könnte.

Maßgeblich dafür, ob ein E-Auto ein-, zwei- oder dreiphasig lädt, ist das Bordladegerät im Fahrzeug, das das Laden am Wechselstrom regelt. Viele Hersteller setzen einphasige Geräte ein. Vor allem aus Kostengründen. Dazu später mehr.

Erst einmal aber einen Blick auf die praktische Seite des Problems: Sinkt die Ladeleistung um den Faktor fünf, steigt die Ladedauer um den gleichen Wert. Will man einen gängigen Akku mit 45 kWh Kapazität voll machen, gelänge das an einer 22-kW-Leitung in etwas mehr als zwei Stunden. Eine typische 11-kW-Wallbox, wie sie mit überschaubarem finanziellen und technischem Aufwand in vielen deutschen Garagen installierbar wäre, bräuchte vier bis fünf Stunden. Wer sein leeres Fahrzeug abends einstöpselt, könnte morgens in ein volles einsteigen. Vorausgesetzt jeweils, dass das Auto den dreiphasig zur Verfügung gestellten Strom auch laden könnte.

Schnarchiges Ladeverhalten

Kann es das nicht, weil nur ein einphasiges Ladegerät an Bord ist, muss das Auto sich mit 4,6 kW begnügen und hängt fast zehn Stunden an der gleichen Wallbox. Das Aufladen über Nacht ist in solche einem Fall schwierig – wenn noch andere E-Autos oder starke Verbraucher an der gleichen Leitung hängen, wird es selbst für Langschläfer unmöglich. Das schnarchige Ladeverhalten ist aber nicht nur an der heimischen Wallbox ein Ärgernis. Auch an öffentlichen Stromtanksäulen lädt ein einphasiges Auto nicht schneller. Das kurze Einstöpsel in der City, während man die Einkäufe erledigt, hat nur einen geringen Effekt auf den Energievorrat. Im Zweifel spart man sich da das umständliche Verkabeln lieber.

Warum Elektroautohersteller überhaupt einphasige Ladegeräte einbauen? Das hat mit wirtschaftlichen Überlegungen und nationalen Besonderheiten zu tun. Denn während in Mitteleuropa jeder Haushalt und viele Industriebetrieben an ein dreiphasiges Drehstromnetz angeschlossen sind, fließt der Strom in anderen Ländern nur einphasig. Unter anderem in den USA, Japan und Korea – dort, wo viele E-Autohersteller ihren Stammsitz haben. Entwickeln sie ein Fahrzeug, sparen sie sich den dreiphasigen Lader, weil er eh nutzlos wäre. Allerdings hält diese Sparsamkeit bislang an, wenn sie ihre Autos nach Europa exportieren: Modelle wie der Nissan Leaf, der Kia E-Soul oder der in den USA entwickelten Opel Ampera-e haben einphasige Ladegeräte an Bord. Ein dreiphasiges Modell gibt es in der Regel nicht einmal gegen Aufpreis. Doch nicht nur Importmodelle aus Übersee haben das Problem. Auch der britische Jaguar I-Pace, die meisten Plug-in-Hybride deutscher Hersteller, frühe BMW i3 oder selbst der brandneue Opel Corsa-e laden einphasig. Immerhin gibt es für den Rüsselsheimer Kleinwagen gegen 750 Euro extra einen dreiphasigen Lader.

Dass es auch anders ginge, zeigt der technisch ansonsten identische Konzernzwilling Peugeot e-208, der immer mit Dreiphasen-Lader ausgestattet ist. Das Beispiel verdeutlicht auch, worum es den Herstellern häufig geht: Während der Kaufpreis des einphasigen Corsa unterhalb der psychologisch wichtigen 30.000-Euro-Grenze bleibt, liegt der Peugeot darüber. Offenbar versuchen die Hersteller, die aktuell noch hohen Basispreise ihrer E-Autos auch mit Technik- und Ausstattungsverzicht zu drücken. Eine Strategie, die man schon von den manchmal extrem spartanischen Einstiegsmodellen konventioneller Autos kennt.

In Geduld über oder Schnelllader nutzen

Der unbedarfte Kunde schaut am Ende in die Röhre, wenn er die in den Herstellerprospekten versprochenen Ladeleistungen von sechs bis sieben Kilowatt nicht realisieren kann. Zumindest nicht legal; findige Bastler kennen durchaus Wege, einer einzelnen Stromphase zumindest in der heimischen Garage mehr als 4,6 Kilowatt zu entlocken. Dem Durchschnittsfahrer nutzt das jedoch nichts. Er kann höchstens auf Geduld setzen oder bei Eile auf Schnelllader ausweichen. Denn die Gleichstrom-Säulen nutzen nicht den Bordlader, sondern haben ein eigenes Ladegerät, das hohe Leistungen zulässt.

Eine weitere Alternative sind sogenannte Phaser, wie sie etwa der schweizerische Hersteller Juice anbietet. Das kastenförmige Gerät für die Wandmontage wandelt quasi Drehstrom in einphasigen Strom um. E-Autos können so statt 4,6 kW mit bis zu 5,8 kW laden. Beim Opel Ampera-e beispielsweise würde die Ladedauer von 15 auf neun Stunden sinken, rechnen die Schweizer vor. Allerdings ist der Phaser mit rund 1.000 Euro relativ teuer. Zudem ist zusätzlich eine mobile Wallbox vom gleichen Hersteller für weitere rund 1.700 Euro nötig. Konventionelle 11-kW-Wallboxen für dreiphasig ladende E-Autos kosten zwischen 500 und 1.000 Euro. Und an ihnen lässt sich doppelt so schnell laden.

Wer sich ein E-Auto zulegen will, sollte also genau darauf achten, welches Ladegerät an Bord ist. Während einphasiges Laden bei Modellen mit kleinem Akku möglicherweise kein Problem ist, wachsen die Vorteile eines dreiphasigen Geräts mit der Batteriegröße deutlich an. Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt oder sein Auto aus anderen Gründen in Tiefgaragen, Parkhäusern oder auf Gemeinschaftsparkplätzen lädt, muss damit rechnen, dass dort künftig mit intelligenten Ladestrategien geladen wird. Das heißt, dass die nächtens verfügbare Energie auf mehrere Fahrzeuge umgelegt wird, die dadurch nur zeitweise laden. Für einphasige Modelle bedeutet das zusätzliche Zeitknappheit. Im Zweifel dürfte es sich daher lohnen, knapp 1.000 Euro Aufpreis für einen Dreiphasen-Lader zu investieren.

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KOMMENTARE


Manfred Reichle

28.11.2019 - 17:53 Uhr

Ueber die Elektrofahrzeuge wird viel geschrieben und der Verkauf wird nach allen Regeln der Kunst gefördert. NIRGENDWO LESE ICH VON DER ENTSORGUNG DER BATTERIEEN, DIE NACH EINIGEN JAHREN FÄLLIG WIRD. EBENSOWENIG ÜBER DIE ERSATZKOSTEN.Ich finde es an der Zeit, die gutgläubigen Käufer endlich zu informieren über die Entsorgungskosten der ausgedienten Accus und deren Ersatz.Was kostet wohl die Entsorgung von z.B. 600 Kg Elektroschrott.... Bei der Entsorgung bestimmt immer der Abnehmer den Preis und der ist bekanntlich nicht bescheiden.


Volker

29.11.2019 - 10:15 Uhr

Die Antwort ist einfach: Zum einen leben die Batterien länger als so macncher Zweifler dies wahr haben möchte (und müssen daher nicht routinemässig alle paar Jahre getauscht warden), zum anderen werden defekte Batterien eben nicht entsorgt. Diese werden recycelt und landen als Stromspeicher in Gebäuden.


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