Ausgabe 11/2010: Das stabilisierende Element

Das stabilisierende ElementFinanzdienstleistungen E Branchenkenner Andreas Finkenberg hat ein Buch über Finanzierung & Leasing im Autohaus geschrieben. von Prof. Hannes BrachatDass die automobile Finanzdienstleistung neben Neuwagenverkauf, Gebrauchtwagenverkauf und Service das vierte, stabilisierende Element des Autohandels ist, ist Fakt. Dennoch gibt es auf diesem Gebiet noch viel Unsicherheit. Bankenprofi Andreas Finkenberg hat nun ein Buch mit dem Titel „Finanzierung & Leasing im Autohaus: So funktioniert’s!“ geschrieben. AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat hat mit ihm über sein Werk gesprochen. AH: Herr Finkenberg, für uns ist es ein Glücksfall, Sie als ehemaligen Vorstandsvorsitzenden einer Bank als Autor für dieses in der Branche einmalige Buch gewonnen zu haben. Welche Inhalte gehören für Sie heute zum Bereich Finanzdienstleistungen im Autohandelsgeschäft?A. Finkenberg: Seit mehr als 20 Jahren fühle ich mich dem Handel sehr verbunden, habe viel von profilierten Automobilhandelsunternehmern gelernt. Es war mir wichtig, etwas zurückzugeben. Deshalb habe ich versucht, das Wissen um das Thema automobile Finanzdienstleistung komprimiert darzustellen. Der wichtigste Inhalt ist: Es geht immer noch was, wenn man sich darauf konzentriert. Worauf man den Focus legt, das wächst. Und: ein Stuhl mit vier Beinen steht stabiler als ein Schemel mit drei Beinen. Das vierte, stabilisierende Element neben Neuwagenverkauf, Gebrauchtwagenverkauf und Service ist die automobile Finanzdienstleistung. Zukunftsorientierte Automobilhandelsunternehmer werden ihre Chancen aktiv nutzen. Es geht um nicht weniger alsbessere Kundenbindunghöhere Wahrscheinlichkeit des Wiederholungskaufs zusätzliche Erträgehöhere finanzielle Stabilität.Das Buch soll ein Werkzeug zum wiederholten Gebrauch sein. Es informiert über Grundlagen und kann mit Praxisnähe unterstützen, das wahre Potenzial im Bereich der Finanzdienstleistungen zu entwickeln. 4-Säulen-StrategieAH: Sie gelten u. a. als klarer Analytiker. Nach welchen Kriterien haben Sie die Inhalte aufgebaut?A. Finkenberg: Zunächst waren die Grundlagen der Kfz-Absatzfinanzierung und des Kfz-Leasings zu behandeln. Dann habe ich dargestellt, wer als Anbieter dieser Finanzdienstleistung am Markt auftritt. In diesem Zusammenhang werden die notwendigen strategischen Überlegungen zur Auswahl des Finanzierungspartners erläutert. Darauf aufbauend ist dem „Prozess der Kreditentscheidung in der Praxis“ ein ganzes Kapitel gewidmet. Ausführlich ist dann der Blick auf das Heben des wahren Ertragspotenzials gerichtet. Dazu gehört, sich Klarheit über die Ertragsquellen zu verschaffen und zu wissen, wie man den strategischen Einbezug in das Autohausmanagement erreicht. Hier erfährt man mehr über die „4-Säulen-Strategie“. Das letzte Kapitel unterstützt den Leser, das ungenutzte Potenzial der Kundenbindung und Aktivierung zu erkennen. Der rückständige Finanzierungskunde zum Beispiel bietet eine bisher völlig ungenutzte Chance auf echte Kundenbindung.AH: Sie stellen die Anbieter von Finanzierung und Leasing vor. Wie stellt sich gegenwärtig die Wettbewerbsposition dar?A. Finkenberg: Wichtig ist, dass man an die Wahl seiner Finanzierungspartner strategisch herangeht, also es nicht dem Zufall überlässt, wer z. B. die Finanzierung des Gebrauchtwagen-Lagers übernimmt. Zwei Elemente erscheinen mir in diesem Zusammenhang wertvoll zu sein. Erstens: die „Champion-Challenger-Strategie“, zweitens: der klare Kriterienkatalog, mit dem man seine Finanzierungspartner bewertet.In der „Champion-Challenger-Strategie“ ist die Werksbank der „Champion“, also derjenige, der für ein bestimmtes Geschäftssegment der „gesetzte Lieferant“ ist. Und eine freie Autobank (oder eine andere Werksbank, wenn es Mehrmarkenhändler sind) ist der „Challenger“, also der Herausforderer. Klassischerweise gibt man dem „Challenger“ maximal 20 % des Volumens für einen vorher definierten Zeitraum. Nach Abschluss der Beobachtungsphase wertet man die Ergebnisse aus und entscheidet, ob man einen anderen „Challenger“ ausprobiert oder ob man den ersten „Challenger“ als Dauerlieferant listet und einen weiteren „Challenger“ dagegen laufen lässt.Ein klarer und schriftlich fixierter Kriterienkatalog unterstützt Unternehmer bei der richtigen Auswahl ihrer Finanzierungspartner. Wesentlich erscheint mir, dass Autobanken lebende Organisationen sind. Sie verändern sich ständig. Und sie haben wie Fußballvereine eine „Form“. Also betrachtet man eine derartige Geschäftsbeziehung nicht als ein Eheversprechen, sondern als ein Zweckbündnis, in dessen Mittelpunkt die Qualität stehen muss. Wenn die nicht gut ist und bleibt, kommt spätestens dann die „Champion-Challenger-Strategie“ zum Tragen.AH: Worin sehen Sie noch Optimierungsmöglichkeiten im Ablaufprozess eines Kredites?A. Finkenberg: Die Auto-Bank sollte im Anfragevorgang wirklich nur die Daten abfragen, die sie zur Kreditentscheidung benötigt. Häufig findet man eine Überfrachtung, weil das Risikomanagement der Banken immer mehr spezielle Daten anfordert, ohne die inzwischen entbehrlich gewordenen Informationen zu bereinigen.Zweitens sollten Kreditauflagen und ein- bzw. nachzureichende Unterlagen eindeutig mit der Kreditentscheidung kommuniziert werden, idealerweise im Anfragesystem in einer Form, dass der Handelspartner das online abarbeiten kann. Drittens: Es ist das gute Recht des Automobilhändlers, alle Verhandlungskunst aufzuwenden, um einen Kredit, der zunächst abgelehnt war, doch noch „durchzubekommen“. Der Rat: das sollte man nicht übertreiben. Man darf als Automobilhändler zu Recht der Auffassung sein, die Bank trifft die Krediturteile und entscheidet sich damit selbstständig für die Risiken in ihrem Kreditbestand. Aber in der Praxis beurteilt die Autobank die Werthaltigkeit der Gesamtverbindung zum Handelspartner auch auf Basis der Qualität des von ihm vermittelten Geschäfts.RestwertrisikenAH: Sie haben sich auch mit dem brisanten Thema „Restwertrisiken“ befasst. Zu welchen Ergebnissen kommen Sie in dieser Frage?A. Finkenberg: Ich habe versucht, aus neutraler Sicht herauszuarbeiten, ob ein Autohändler Restwertrisiken übernehmen sollte. Generell kommen nur die drei am Leasingvertrag beteiligten Parteien für die Übernahme des Restwertrisikos in Frage: der Automobilhändler, der Leasingnehmer oder der Leasinggeber.Das Geschäftsmodell „Autohandel“ beruht auf der Hauptsäule Fahrzeugverkauf. In dieser Säule verbergen sich hinreichend Aufgaben: Einkauf, Lagerhaltung und Optimierung, Finanzierung und Liquidität, Verkauf und Forderungsmanagement usw. Als zweite Hauptsäule existiert das Service-Geschäft mit Handel (Teile) und Dienstleistung (Werkstatt, Vermietung, Vermittlung von Finanzdienstleistungen). Dem Handel ist das Lagerrisiko innewohnend. Bei welchem Automobilhändler ist es nicht auch schon vorgekommen, ein Fahrzeug eingekauft zu haben, das über die Lagerdauer an Wert eingebüßt hat und dann nur noch unter Einkaufspreis zu verkaufen war. Dieses Lagerrisiko kann und muss man eingehen, für eigene Bestände, auf deren Management man direkten unternehmerischen Einfluss hat. Es gehört aber nicht zum Geschäftsmodell „Autohandel“, Lagerrisiken einzugehen für Fahrzeuge, die man nicht besitzt, die aktuell nicht zum Verkauf zur Verfügung stehen und auf deren Zustand man keinen Einfluss hat. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Risiken sich erst in ferner Zukunft realisieren. Aber genau das macht der Autohandel, wenn er Restwertrisiken eingeht. Er übernimmt das Lagerrisiko für „fremde“ Bestände, nämlich den Leasingbestand. Und genau das passt nicht in das Geschäftsmodell. Weil ein Automobilhandel im Gegensatz zu Banken und Versicherungen eben genau nicht dafür eingerichtet ist, in ferner Zukunft liegende Risiken zu erfassen, zu bewerten und mit einem angemessenen Preis zu versehen. Fazit: Entweder erweitert der Autohandel sein Geschäftsmodell um die Komponente „Erfassen, Bewerten und Preissetzung für in ferner Zukunft liegende Restwertrisiken“ und richtet einen in kaufmännischer Weise organisierten Geschäftsbetrieb mit Prozessen, Methoden und Kompetenz ein. Oder er hält an dem Geschäftsmodell „Autohaus“ fest. Und geht keine unkalkulierbaren Restwertrisiken ein. AH: Wie sehen Sie die Zukunft des Autohandels und der automobilen Finanzdienstleistung?A. Finkenberg: Das Auto, unabhängig von der Antriebsart, hat eine gute Zukunft. Seine Nutzung mag sich verändern, Werte um das Auto mögen sich weiterentwickeln. Weg von größer, stärker und schneller, hin zu individueller, effizienter, intelligenter und nachhaltiger. Und solange das so ist, hat der mittelständische Autohandel seinen festen Platz und eine gute Perspektive.Aber es gilt die Profitabilität des Handels weiter zu verbessern. Im Durchschnitt sind die Margen nicht zufriedenstellend. Auf dieser Ertragsbasis kann man das Eigenkapital nicht stärken. Im Interesse des Automobilhandels müssen auch die Hersteller ihre Positionen weiterentwickeln und auch „Rendite“ gewähren. Nach mehr als zwanzig Jahren in dieser Branche ist mein wichtigster Wunsch an die Hersteller und Importeure: Bitte begreifen Sie doch, dass der Automobilhandel Ihr erster Kunde ist. Und behandeln Sie ihn so. Sie brauchen ihn, ohne ihn geht es nicht. Finanzdienstleistungen als vierte Säule des Unternehmens erfahren eine steigende Ertrags- und Kundenbindungsbedeutung und entwickeln sich zum stabilisierenden Element. Dem richtigen Einsatz der Finanzdienstleistung kommt steigende strategische Bedeutung zu. Wenn mein Werk hier den Handel unterstützt, würde ich mich freuen. zBestellinformationDer AutorFinanzierung & Leasing im Autohaus: So funktioniert’s!Andreas Finkenberg1. Auflage 2010Din A5, 112 Seiten, 4-farbig, Softcover.35,- € zzgl. MwSt. und Versand.Bestell-Nr. 162Bestellen Sie im Internet unter www.auto-business-shop.de oder telefonisch: Service-Nummer 0 89 / 20 30 43-19 00

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