In der Dieselaffäre verlangen Verbraucherschützer und die Grünen, strenger gegen Autohersteller vorzugehen, die bei der Abgasreinigung manipulieren. Anlass ist ein Anhörungsverfahren gegen Daimler wegen des Verdachts, in rund 60.000 Fahrzeugen eine bislang unbekannte "unzulässige Abschaltvorrichtung" aktiviert zu haben.
Daimler stellte am Montag klar, dass die fraglichen Autos des Modells Mercedes-Benz GLK 220 CDI zu jenen Euro-5-Dieseln gehörten, bei denen man freiwillige Software-Updates vornehme - und nicht zu jenen 700.000 Fahrzeugen, für die das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) vergangenes Jahr einen Rückruf angeordnet hatte.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) verlangte Aufklärung. "Sollte sich bewahrheiten, dass Daimler mit einer völlig neuen Software-Manipulation betrogen hat, wäre das im vierten Jahr des Dieselskandals ein Unding", stellte vzbv-Mobilitätsexperte Felix Methmann fest. "Den Autobauern muss klar gemacht werden, dass Betrügereien nicht geduldet werden. Daimler ist am Zug, schnell aufzuklären."
Die 60.000 betroffenen Autobesitzer stünden vor der Frage, ob es einen amtlichen Rückruf und Software-Updates geben werde, und falls ja, wann. Es sei gut, dass das KBA nun offenbar genauer hinschaue, fügte Methmann hinzu. "Das allein reicht aber nicht. Betroffene Fahrzeugbesitzer erwarten vom KBA präzise hilfreiche Informationen."
Dass im Abgasskandal immer noch nicht alles auf dem Tisch liege, sei auch eine Folge der fehlenden Aufklärungsarbeit von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und dessen Vorgänger Alexander Dobrindt (beide CSU), sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Cem Özdemir (Grüne). Die beiden Minister hätten "die Autobosse zu lange einfach machen lassen", sagte Özdemir der "Passauer Neuen Presse" (Montag). "Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, gehören zuallererst die Konzernverantwortlichen zur Rechenschaft gezogen."
Ein Daimler-Sprecher hatte am Sonntag eine Anhörung des KBA zum Modell GLK 220 CDI der Baujahre 2012 bis 2015 bestätigt. Mit der Behörde liefen dazu bereits seit Monaten Gespräche. Das Unternehmen habe die verlangte Stellungnahme noch nicht abgegeben, das solle aber noch in diesem Monat geschehen.
Im Straßenbetrieb deutlich höhere Stickoxid-Werte
Die Behörde war laut einem Bericht von "Bild am Sonntag" bereits im Herbst 2018 auf die verdächtige Software-Funktion bei dem Motor OM651 gestoßen. Weitere Emissionsmessungen bei einem GLK-Modell hätten den Verdacht erhärtet. Die beanstandete Software-Funktion aktiviert demnach eine spezielle Temperaturregelung. Diese hält nach Recherche der Zeitung den Kühlmittelkreislauf künstlich kälter und verzögert die Aufwärmung des Motoröls.
Die Folge: Die Stickoxid-Werte blieben auf dem Prüfstand auf einem niedrigeren Niveau, unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts im Neuen Europäischen Prüfzyklus (NEFZ). Im Straßenbetrieb werde die Funktion dagegen deaktiviert und der Grenzwert von 180 Milligramm pro Kilometer deutlich überschritten. (dpa)
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