Fundamentale Umwälzungen entstehen in Automobilhandel und Kfz-Service durch Innovationsschübe in Bereichen wie Digitalisierung und Elektrifizierung. Diese stoßen auf vielen Ebenen Transformationsprozesse an. Und die Taktzahl erhöht sich zusehends. Das betrifft gerade die Touchpoints zu den Kunden. So führt etwa die Kommunikation in Echtzeit über die verschiedenen Kanäle zu einer Beschleunigung und Datenflut, die eine neue Quantität erreicht hat und gemanagt werden muss.
Damit verändern sich sowohl die internen Arbeitsweisen und Anforderungen an die Autohausmitarbeiter als auch an die eingesetzten Systeme und Anwendungen. Wer diese Entwicklungen effektiv aufnehmen will, findet heraus, worin die Chancen für die Autohäuser und Kfz-Werkstätten in den nächsten Jahren liegen und wie sich diese individuell im jeweiligen Unternehmen nutzen lassen. Diesem Ziel hat sich die Zukunftswerkstatt 4.0 als Innovationsschaufenster und Schulungszentrum verschrieben. Das Team in Esslingen und die inzwischen fast 100 Partner wollen ein Maximum an innovativen Technologien darstellen und erlebbar machen.
Die Türen stehen dabei allen Betrieben und Mitarbeitern offen, von kleinen familiengeführten Unternehmen bis hin zu großen Autohausgruppen. "Wir geben den Besuchern gerne einen grundsätzlichen Überblick über Innovationen im Werkstatt- und im Salesbereich oder konzentrieren uns auf Wunsch auch gezielt auf einzelne Ausschnitte, die von Interesse sind", sagt Center-Leiter Niclas Wild.
Hybride Innovationsplattform
Prinzipiell fährt die Zukunftswerkstatt auf zwei Schienen. Zum einen besteht die Möglichkeit, die Technologien und Anwendungen in der Praxis anzuschauen und zu erproben. Zum anderen werden die richtungsweisenden Entwicklungen im Kfz-Gewerbe auch digital dargestellt. "Für Letzteres wurde ein sogenannter Innovationsradar online implementiert, über den konzeptuelle Inhalte sowie ganz konkrete Anwendungen der Partnerunternehmen visualisiert sind. Abrufbar ist dieser online und auf Multi-Touch-Tables in den Räumlichkeiten der Zukunftswerkstatt 4.0", sagt der technische Leiter Nils Unverricht.
Er fügt hinzu: "Sowohl die virtuelle als auch die physische Präsentation umfassen dabei alle Kundenkontaktmomente und geben Impulse zu deren innovativen Umsetzung." Dafür hat das Institut für Automobilwirtschaft (IfA) Veränderungen in den einzelnen Prozessschritten im Sales und Aftersales analysiert, Zukunftsprognosen formuliert und den einzelnen Schritten vielversprechende Anwendungen zugeordnet. Entlang dieser Prozessschritte verläuft die digitale und räumliche Umsetzung.
Das Innovationsradar bietet dabei eine Möglichkeit zur ortsungebundenen Information über den Transformationsprozess im Kfz-Gewerbe. "In der Zukunftswerkstatt 4.0 ist daher real und im Innovationsradar digital erlebbar, wie Autohausmitarbeiter ihr Tagesgeschäft unter Einbindung neuer Systeme, Lösungen und Verfahren umsetzen können", sagt Niclas Wild. Nils Unverricht ergänzt: "Wir bieten folglich eine attraktive Plattform für Auszubildende, Kfz-Mechatroniker, Werkstattleiter, Verkaufsmannschaft bis hin zum Geschäftsführer."
Verkauf der Zukunft im Blick
In dem von der Zukunftswerkstatt 4.0 gewählten Konzept untergliedert sich die Customer Journey in insgesamt 17 Schritte, von denen sich acht im Sales und neun im Aftersales befinden. Im Verkauf startet es mit dem Erstkontakt und der Bedarfsermittlung. Als Innovationsfelder werden dazu etwa virtuelle Showrooms, Lead-Management-Systeme, interaktive Händlerwebseite und Kennzeichenscanner vorgestellt.
Zweiter Punkt im Sales ist die Fahrzeugpräsentation. Themen sind hier insbesondere Virtual Reality, QR-Code, Powerwall, Datenbrillen, Kinect Technologie in Form von Gestensteuerung oder Lösungen der Lokalisierung im Showroom. Niclas Wild erläutert: "In Zukunft werden wir kleinere Verkaufsräume wie Brand-Stores in Städten haben, in denen der Großteil des Angebots digital, beispielsweise via Virtual und Augmented Reality abgebildet wird."
Dritter Schritt ist die Fahrzeugkonfiguration und vierter die Probefahrt, bei der unter anderem die Möglichkeiten des Fahrsimulators ausgelotet werden. Nächster Bereich: die Bewertung des Vorwagens. Im Fokus stehen etwa digitaler Fahrzeugscanner und digitale Kundenakte. Als sechstes folgt die Angebotserstellung, siebtens die Vertragserstellung und achtens die Fahrzeugübergabe, bei der Innovationen wie der Einsatz humanoider Roboter untersucht und den Autohäusern vorgestellt werden.
Wandel im Aftersales gestalten
Die neun Touchpoints im Aftersales beginnen mit der Terminvereinbarung und der Identifikation des technischen Problems. Die Zukunftswerkstatt 4.0 richtet dabei ihren Blick auf die Rolle, welche beispielsweise Mobile Instand Messaging, Videoberatung, Predictive Maintenance und Online-Werkstatt-Portale spielen können. Es schließen sich Diagnose und Fehlersuche an, wo die Experten die Innovationsfelder derzeit vor allem in Over-the-Air-Technologie, Augmented Reality, Künstlicher Intelligenz und Car Connectivity sehen. Dritter Schritt ist die Terminvorbereitung und vierter die Teilebereitstellung, welche mittels KI und additiver Fertigung optimiert werden kann.
Das fünfte Arbeitsgebiet stellt die Fahrzeugannahme und Auftragserstellung dar, wo digitaler Fahrzeugscan, autonomes Fahren und humanoide Roboter die Prozesse der Zukunft beeinflussen. Als sechster Abschnitt sind Reparaturdurchführung und Leistungserstellung definiert und als siebter die Qualitätskontrolle, welche durch den Wandel bei der Antriebstechnologie und durch die Digitalisierung neue Anforderungen an die Prüf- und Kontrollmethoden nach sich zieht. Achter und vorletzter Touchpoint sind Fahrzeugrückgabe und Abrechnung. "In diesem Bereich verlangen Kunden etwa ein hohes Maß an Flexibilität, Transparenz und Unabhängigkeit", sagt der technische Leiter. Deshalb werden hier unter anderem die Potenziale von Self-Service-Systemen und die videogestützte Dokumentation der durchgeführten Werkstattarbeiten erprobt, welche diesen Wünschen entgegenkommen.
Den Abschluss bildet die Nachbetreuung und somit das weite Feld des Kundenbeziehungsmanagements. In diesem Moment halten Lösungen aus Data-Analytics und Data-Intelligence besonders vielversprechende Ansätze bereit.
Anwendungen und Technologien vor Ort
Alle diese Schritte werden online im Innovationsradar immer wieder um aktuelle Veränderungen und Neuerungen ergänzt. Und auch live ist der permanente Wandel in Esslingen erfahrbar. Aus all diesen Stationen ist sozusagen ein vollausgestattetes Autohaus entstanden, in dem aktuelle Produkte und Anwendungen plus Innovationen zu finden sind. Das beinhaltet den 5G-Standard in der Werkstatt genauso wie die Vernetzung der Werkstatt, welche durch vernetzte Werkzeuge und Prüfstände einer lückenlosen Dokumentation und Prozessoptimierung dient.
Darüber hinaus können Besucher zum Beispiel folgende Technologien in Augenschein nehmen und testen: volldigitale DMS-Systeme zur Realisierung der papierlosen Werkstatt, einen cloudbasierten Fahrzeugkonfigurator, eine digitale Fahrzeugpräsentation – vom Foto bis zur idealen Darstellung auf der Händlerwebseite – sowie Online-Werkstattplattformen, welche die gesamte Abwicklung von der Terminvereinbarung über den Kostenvoranschlag bis zur Bezahlung ermöglichen.
Digitale Prozessoptimierung
Auch Roboter für den digitalen Kundenempfang und Schlüsselannahme respektive -ausgabe, Fahrzeugscanner zur digitalen Erfassung des Fahrzeugzustandes, VR- und AR-Anwendungen zur digitalen Fahrzeugpräsentation und zur Unterstützung der Werkstattmitarbeiter, inklusive digitaler Reparaturleitfaden direkt am Fahrzeug, sind vor Ort.
Des Weiteren gibt es ein Trackingsystem zur Dokumentation der Kundenbewegung im Autohaus, digitale Signage-Lösungen zur Kundenbetreuung, Kennzeichen- und Fahrzeugschein-Scanner zur Prozessoptimierung und Exosklette zur Erleichterung der Arbeitsabläufe. Im Werkstattbereich wurde ferner neueste Diagnosetechnik besonders für Elektrofahrzeuge, modernste Kalibriertechnik für jegliche Fahrerassistenzsysteme, Remote-Diagnose und Wartung sowie Lösungen zur Videoberatung installiert.
Im Bau befindet sich beispielsweise derzeit noch eine Trafostation inklusive Ladepark. Darüber hinaus kann bei Bedarf die Wasserstoff-Werkstatt genutzt werden, die sich auf dem unmittelbar anschließenden Betriebsgelände einer Omnibus-Werkstatt befindet. Ein Kooperationsvertrag regelt die gemeinsame Nutzung.
Daneben versteht sich die Zukunftswerkstatt 4.0 als Zentrum für Wissenstransfer, fachlichen Austausch und Weiterbildung. "So kann das Seminar- und Workshop-Angebot in die betriebseigene Aus- und Weiterbildung integriert werden, es können externe Trainings durchgeführt und die Location als innovative Veranstaltungsplattform genutzt werden", resümiert Niclas Wild. Damit ist die Zukunftswerkstatt ein ganzheitliches Hub für automobile Innovation.
Ansprechpartner vor Ort
Der kaufmännische Center-Leiter Niclas Wild (r.) und der technische Leiter Nils Unverricht sind an Werktagen von 9 bis 17 Uhr die direkte Anlaufstelle zu allen Fragen rund um die Zukunftswerkstatt:
niclas.wild@zkw-inno.de
0711 310 5929-1
nils.unverricht@zkw-inno.de
0711 310 5929-2
Zukunftswerkstatt 4.0
Wolf-Hirth-Straße 6
73730 Esslingen am Neckar