Von Branchenberater und AUTOHAUS-Experte Detlef Borscheid
Der Pkw-Bestand in Deutschland ist in den vergangenen Jahren um durchschnittlich 1,1 Prozent gestiegen. Damit lag das Wachstum immer über 600.000 Pkw pro Jahr.
Abb. 1: Pkw-Bestand zum 31.12. des Jahres
In diesem Jahr wird aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen tiefen wirtschaftlichen Rezession mit hoher Kurzarbeiter- bzw. Arbeitslosenzahl und rückläufiger Einkommensentwicklung der Bestand nur moderat um 224.000 Pkw auf 47,94 Millionen Pkw steigen. Damit gibt es in diesem Jahr wesentlich weniger Erst- und Zusatzkäufer als in den Vorjahren (siehe Abb. 1)
Die Corona Krise führt auch zu einer Verlangsamung der Erneuerungsprozesse des Pkw-Bestandes, d. h. die Fahrzeuge werden nicht so schnell ersetzt wie in den Vorjahren. Dies hat einen deutlichen Anstieg des Durchschnittsalters des Pkw-Bestandes (Abb. 2) zur Folge. Das Durchschnittsalter steigt in diesem Jahr von 9,5 Jahren in 2019 auf 9,8 Jahre.
Abb. 2: Durchschnittsalter Pkw-Bestand
Das in diesem Jahr sehr niedrige Neuzulassungsniveau (2,85 Millionen Pkw) und die Verlangsamung der Erneuerungsprozesse wird in diesem Jahr die Altersstruktur des Pkw-Bestandes wesentlich verändern.
Der Pkw Bestand in der Altersklasse bis zwei Jahre wird stark schrumpfen, während die Altersklassen ab fünf Jahren deutlich wachsen. (Tab. 1)
Tab. 1: Pkw-Bestand nach Altersklassen
Der nur moderat steigende Pkw-Bestand führt bei leicht steigender Bevölkerung zu einer Abflachung des Wachstums der Pkw-Dichte (Pkw pro 1.000 Einwohner). Die Pkw-Dichte wird in diesem Jahr nur um 0,3 Prozent auf 575 Pkw pro 1.000 Einwohner steigen. In den letzten Jahren stieg sie um durchschnittlich 1,1 Prozent pro Jahr (siehe Abb. 3).
Abb. 3: Pkw-Dichte zum 31. 12. des Jahres
Statistisch gesehen hat jede zweite Person in Deutschland mehr als einen Pkw. Damit hat Deutschland eine der höchsten Pkw-Dichten der Welt und stößt allmählich an die Sättigungsgrenze der Motorisierung (siehe Tab. 2).
Tab. 2: Pkw-Motorisierung in Deutschland
Ausblick: Die Pkw-Dichte wird noch bis 2024 auf 581 Pkw pro 1.000 Einwohner steigen und danach rückläufig sein. 2030 werden 566 Pkw auf 1.000 Einwohner kommen. Der Pkw-Bestand wird bis 2030 um 870.000 Pkw auf 47,1 Millionen Pkw gegenüber 2020 sinken.
Es gibt verschiedene Gründe, die zu dieser rückläufigen Entwicklung führen:
- Das Pro-Kopf-Einkommen wird sinken
- Die erwerbsfähige Bevölkerung wird deutlich schrumpfen
- Die Anzahl der Drei- und Mehr-Personen-Haushalte wird rückläufig sein
- Das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung ändert sich
- Neue digitale, vernetzte Mobilitätsangebote werden zunehmend genutzt
- Verkehrs- und umweltpolitische Maßnahmen verteuern die Nutzung des Pkw in der Stadt bzw. schränken ihn ein
Damit gerät langfristig das Werkstattgeschäft unter Druck, da immer weniger Fahrzeuge für Wartung und Reparatur vorhanden sind. Hinzu kommt der deutlich höhere Anteil von Elektrofahrzeugen am Pkw-Bestand, deren Wartungsintensität und Reparaturanfälligkeit deutlich niedriger ist als bei Verbrennerfahrzeugen.