Von Holger Holzer/SP-X
Die letzte große Sterbewelle auf dem Automarkt ist kaum ein halbes Jahrzehnt vorbei. Damals strichen im Zuge der GM-Krise Saturn, Pontiac und Hummer komplett die Segel. Kurz darauf wurde Saab zum Untoten unter Europas Automarken, Lancia zur leeren Logo-Hülle für amerikanische Chrysler-Modelle. Hunderte andere Marken haben dieses Schicksal in den vergangenen 130 Jahren geteilt. Einige sind aber offenbar nicht ganz totzukriegen.
Das überraschendste Comeback der letzten Jahre gelang wohl der alten Bremer Marke Borgward. Anfang 2015 tauchte das Rhombus-Logo unvermittelt an einem Messestand auf dem Genfer Salon auf, ein halbes Jahr später auf der IAA in Frankfurt gab es das erste Auto zu sehen: ein SUV im Stil von Audi Q5 und Co. Klammheimlich hatte sich das mittlerweile in Stuttgart beheimatete Unternehmen die Unterstützung des chinesischen Nutzfahrzeugherstellers Beiqi Foton Motor gesichert. Kein Zufall, will man doch zunächst in China durchstarten. "Die Voraussetzungen für einen Borgward-Erfolg in China sind grundsätzlich da", diagnostiziert Stephan Weiler, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens ROI China. SUV sind im Reich der Mitte inzwischen fast so stark gefragt wie hierzulande, "Made in Germany" hat einen guten Ruf. Auch wenn das Bremer Unternehmen dort wohl nicht einmal ausgewiesenen Autofans ein Begriff ist, ist die deutsche Herkunft der Marke eine tragfähige Basis für den Aufbau eines passenden Images. „Gutes Marketing und guter Vertrieb sind für einen Erfolg in China zunehmend wichtiger als die Technik der Fahrzeuge“, so Weiler. In Europa dürfte das anders sein. Dort will Borgward 2017 mit einem Elektroauto durchstarten – das dann auch bei Technik und Verarbeitung überzeugen muss. Und nicht nur mit einem vermeintlich großen Namen.
Eine ähnliche Wiederauferstehung feierte im Herbst an gleicher Stelle in Frankfurt übrigens die ursprünglich bis in die 1960er-Jahre aktive Motorradmarke Horex. Die war nach einem ersten Mini-Comeback im Jahr 2010 bereits 2014 wieder insolvent gegangen, präsentierte auf der IAA aber eine Neuauflage des Naked Bikes VR6. Die Marke will weiterhin sehr hochpreisige Bikes bauen, anders als vor einigen Jahren sollen die Maschinen nun aber auch exklusiv aussehen. Karbon, Edelstahl, Aluminium und feinstem Leder wollen das Auge des Betrachters erfreuen. Zu kaufen sein soll das Luxus-Zweirad im kommenden Jahr, wohl zum Preis eines Sportwagens.
Wie schwer die Rückkehr in den Motorradmarkt sein kann, zeigte jedoch bereits 2012 der Fall der Motorenwerke Zschopau (MZ). Zu DDR-Zeiten zählte MZ zu den größten Motorenherstellern der Welt, kurz nach Wende und Privatisierung musste Insolvenz angemeldet werden, weil der Markt in Osteuropa weggebrochen war. Nach einigen Wiederbelebungsversuchen wurde das Werk in Sachsen 2008 endgültig geschlossen. Schon ein Jahr später kauften die Motorradrennfahrer Ralf Waldmann und Martin Wimmer das Unternehmen mit dem Plan, Elektroroller zu bauen. Doch der Motorenlieferant ging Pleite, die Produktion stockte und kurze Zeit später war auch MZ am Ende. Ob es irgendwann ein glückliches Ende für MZ geben wird, ist mehr als ungewiss.
Legendäre französische Sportwagenmarke
Allein die große Bekanntheit einer Marke reicht noch nicht für eine Wiederauferstehung. Auch Geld und langer Atem sind nötig. Gute Aussichten auf eine Renaissance dürfte vor diesem Hintergrund Alpine haben. Die legendäre französische Sportwagenmarke gehört mittlerweile zu Renault und soll 2016 nach zwei Jahrzehnten Pause wieder mit einem Serienmodell auf den Markt kommen. Konkrete Pläne für das Comeback sind seit ungefähr 2012 bekannt. Zunächst war eine Kooperation mit dem britischen Sportwagenbauer Caterham im Gespräch, schließlich entschloss man sich aber, das Projekt alleine zu stemmen. Sportwagen mit Alpine-Signet genießen in Frankreich noch immer Ikonenstatus - vergleichbar mit dem Nimbus von Porsche in Deutschland oder Maserati in Italien. Die erste der flachen Flundern mit Polyesterhaut und Renault-Motoren gingen im Jahr 1955 in Serie – als Fortsetzung französischen Sportwagenbaus, wie ihn einst Bugatti zelebrierte. 1995 kam dann das vorläufige Aus für die zwischenzeitlich von Renault übernommene Sportwagenschmiede. Mit der Wiederbelebung würden die Franzosen ihr Portfolio rund um die eher sachlichen Marken Renault, Dacia und Samsung um einen funkelnden Brillianten erweitern.
Ein attraktives Stück für das Schatzkästchen ist auch der Dülmener Sportwagenhersteller Wiesmann, der fast zwei Jahrzehnte mit exotischen Retro-Modellen in Kleinserie für Aufsehen zwischen all den Porsches auf dem Golfclubhaus-Parkplatz gesorgt hat. 2013 ging die Firma in den Konkurs, nun gibt es Interessenten für einen Neustart. Ob Wiesmann auf absehbare Zeit Geld verdienen kann, ist jedoch ungewiss. Größte Baustelle: Weil BMW den ursprünglich gelieferten Motor nicht mehr baut, brauchen die Münsterländer einen neuen Antriebslieferanten und letztlich auch ein neues Auto. Zunächst wird also wohl viel Geld in den mit einem übergroßen Gecko geschmückten Firmensitz fließen müssen.
Der Gefahr, Geld zu verbrennen, geht Daimler beim Comeback der Marke Maybach weitläufig aus dem Weg. Einst als Luxushersteller von Rolls-Royce-Format wiederbelebt, schrumpfte die über 100 Jahre alte Marke Mitte 2015 zur besseren Mercedes-Ausstattungslinie. Allerdings zu einer besonders edlen. Flaggschiff der Submarke ist der Mercedes-Maybach Pullman, eine 6,50 Meter lange Staatskarosse auf S-Klasse-Basis, für die nur die edelsten Materialien gut genug sind. Die Zeiten als eigener Fahrzeughersteller zwischen 2002 und 2012 sind allerdings endgültig vorbei. Außer einigen Superreichen, die bereits das komplette Portfolio von Rolls-Royce und Bentley besaßen, wollte kaum jemand die Neureichen-Mobile aus Stuttgart haben. Auch, weil der Name Wilhelm Maybachs außerhalb Deutschlands nur Eingeweihten bekannt war. Ein Nachteil, mit dem auch Borgward und Horex wohl rechnen müssen.