Im Abgasskandal bei Volkswagen hat der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) angesichts eines Bußgeldverfahrens wegen unrechtmäßiger Gewinne eine Rückzahlung von Vorstands-Boni ins Spiel gebracht. "Kein Gewinn ist kein Gewinn und von keinem Gewinn kann man auch keine Boni zahlen", sagte VW-Aufsichtsrat Lies am Mittwoch in Hannover nach einer Sitzung von Landtags-Ausschüssen zur Lage bei VW. Zunächst aber müssten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig abgewartet werden. Es könnte dann aber sein, dass geprüft werden müsse, welche "rechtlichen Rückgriffsmöglichkeiten" es bei gezahlten Boni gebe.
Allerdings waren auch für das vergangene Jahr bei VW Boni gezahlt worden, obwohl der Autobauer einen Rekordverlust erwirtschaftet hatte. Die millionenschweren Bonuszahlungen an den VW-Vorstand sind seit langem umstritten.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte vor kurzem ein Bußgeldverfahren gegen VW gestartet. Dabei könnten unrechtmäßige Gewinne aus dem Verkauf der weltweit rund elf Millionen manipulierten Autos zurückgefordert werden. Die Ermittlungen drehen sich um die Frage, ob VW mit einer den Vorschriften entsprechenden Diesel-Abgasreinigung weniger verdient hätte. VW hatte vor dem Abgas-Skandal Milliardengewinne gemacht. Den Differenzbetrag könnte die Ermittlungsbehörde nun nachträglich einkassieren.
Lies sagte, das Land Niedersachsen blicke "mit Sorge" auf das Bußgeldverfahren. Das Land habe ein großes Interesse daran, dass die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gewährt bleibe. Niedersachsen ist zweitgrößter VW-Aktionär.
"Keine Gewinne, keine Boni"
Zu einer möglichen Rückforderung sagte Lies, dies gelte aus seiner Sicht nur für Boni für den Vorstand. Der SPD-Politiker sagte: "Wenn es keine Gewinne gab, kann es von den nicht gezahlten Gewinnen auch keine Boni geben - aber noch nicht sind wir an der Stelle." Entscheidend sei, ob es nach dem Ende des Bußgeldverfahrens zu einer "Gewinnabschöpfung" komme.
In früheren Fällen hatte eine Rückforderung von Gewinnen Erfolg. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte die Bestechungsaffären bei Siemens und MAN als Beispiele genannt. Der zugrundeliegende Paragraf 17 im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten lautet: "Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen." Bei VW hatte die "Süddeutsche Zeitung" eine denkbare Summe von "einigen Hundert Millionen Euro" genannt, die auf VW zusätzlich zukommen könnte.
Volkswagen hatte in Tests Emissionsdaten gefälscht. Dies stürzte den Konzern in eine tiefe Krise. Der Autokonzern hat bisher gut 16 Milliarden Euro für die Folgekosten der Manipulationen zurückgelegt.
In den USA, wo der Skandal seinen Ursprung nahm, wird die Abgas-Affäre VW voraussichtlich bis zu 15 Milliarden Dollar (13,5 Milliarden Euro) kosten. Ende Juni hatte sich VW mit Behörden und Klägern auf ein Paket geeinigt, das Rückkäufe von betroffenen Autos, Entschädigungen und Strafen vorsieht. Lies sagte, er hoffe, dass der zuständige US-Richter das Paket Ende Juli annehme. Der Politiker hatte den Wirtschafts- sowie Haushaltsausschusses des Landtages über die Lage bei VW unterrichtet. (dpa)
Michael Kühn