Von Holger Holzer/SP-X
Die Ökobilanz von E-Autos fällt schon heute meist besser aus als bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen. Noch nachhaltiger könnten die Stromer werden, sobald das Batterierecycling richtig anläuft.
Skeptiker bezeichnen E-Autos aufgrund ihrer mit Metallen und seltenen Erden vollgestopften Akkus gerne mal als fahrenden Sondermüll. Dabei sind sie eigentlich rollende Rohstoff-Minen: Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt, Kupferkabel, Stahlgehäuse und sogar Kunststoffkomponenten – all das ist viel zu wertvoll, um es einfach wegzuschmeißen. Zudem ist es verboten: Die EU schreibt vor, dass mindestens 50 Prozent des Materials einer E-Auto-Batterie wieder verwertet werden müssen. Batterie-Recycling existiert bislang allerdings erst im ganz kleinen Stil. Das liegt an einer Reihe von Praxisproblemen, vor allem aber an einem: Bislang gibt es kaum alte Akkus.
Die Erfahrungen mit der Lebensdauer von E-Auto-Batterien sind zwar noch lückenhaft, doch die Energiespeicher scheinen im Fahrzeug durchaus langlebiger zu sein als man es vom heimischen Smartphone oder Laptop kennt. Rund fünf bis zehn Jahre – so versprechen es die meisten Hersteller - tun die Batterien ihren Dienst, dann verfügen sie nur noch über 80 oder 75 Prozent ihrer Ausgangskapazität. Unbrauchbar sind sie damit aber noch lange nicht: Stattdessen beginnt nach Zerlegung und eingehender Untersuchung ihr zweites Leben ("Second Life"), etwa als Puffer in der Energieversorgung oder als stationärer Energiespeicher für Ladestromanbieter. Oder auch als tragbarer Stromspender für Camper und Abenteuerurlauber. Nissan etwa will in Kürze portable Batteriepakete aus ausgemusterten Leaf-Akkus anbieten, VW alte Batterien für mobile Ladestationen nutzen. Unter optimalen Bedingungen können die ausgemusterten E-Auto-Batterien in weniger anspruchsvollen Anwendungen so noch einmal weitere zehn Jahre nützlich sein.
Akkus sind Gefahrgut
Die erste große Altakku-Welle steht also erst in knapp 20 Jahren an. Doch natürlich gibt es auch heute schon Akkus, die im Recycling landen, etwa weil sie in einen Autounfall verwickelt waren oder weil sie im Lieferwagen-Dienst so intensiv genutzt wurden, dass sie schneller als gewöhnlich gealtert sind. Bislang ist das Wiederverwerten teuer und mühsam. Schon der Transport ist problematisch, handelt es sich bei den Akkus doch um Gefahrgut, das auch anschließend nur unter Sicherheitsvorkehrungen gelagert werden kann. Das endgültige Zerlegen erfolgt weitgehend von Hand. Für die maschinelle Demontage bräuchte es einheitliche Akkutypen – aktuell nutzt nicht einmal jeder Hersteller in jedem Modell die gleiche Bauart. Dazu kommt: Die wenigsten Batterien sind heute auf ein späteres Recycling hin entwickelt; einzelne Komponenten lassen sich nur schwer voneinander trennen, häufig hilft nur rigoroses Einschmelzen. Trotzdem sind die Rückgewinnungsquoten relativ hoch, liegen je nach Material bei rund 90 Prozent, im Gesamtschnitt bei rund 50 Prozent.
Während das Wiederverwerten heute in der Regel von spezialisierten Recycling-Konzernen durchgeführt wird, könnte es künftig auch für die Fahrzeughersteller interessant werden, kennen sie doch die Akku-Pakete am besten und können sie im Zweifel so gestalten oder gestalten lassen, dass sie nach dem Ende ihrer zwei Leben leicht zu demontieren sind. VW etwa plant in Salzgitter eine Pilotanlage, die bis zu 72 Prozent der Komponenten recyclebar machen soll. Übrig bleiben dann im Wesentlichen nur noch das Elektrolyt und die Graphit-Elektrode. Langfristig sollen auch diese zurück in den Rohstoffkreislauf, womit die Recyclingquote auf 97 Prozent steigt. Das Recycling verbessert die Gesamt-Ökobilanz des Elektroautos deutlich, vermeidet Entsorgungskosten und verringert nicht zuletzt auch die Abhängigkeit der Hersteller von der Lieferung neuer Rohstoffe. Wegwerfen auf den Sondermüll sollte also für E-Auto-Akkus nicht in Frage kommen.
Dietmar Seyerle