Europas größter Versicherer Allianz will bei der Aufklärung leichterer Verkehrsunfälle auf die Auswertung der Fahrdaten verzichten. Nur bei schweren Autounfällen mit Toten oder Verletzten und Verkehrsstraftaten will das Unternehmen Zugriff auf Datenaufzeichnungen der Fahrzeuge haben - auch wenn die Fahrer das ablehnen. Das kündigte Joachim Müller, Chef der Sachversicherung bei der Allianz Deutschland, am Donnerstag in Ismaning an.
Bei reinen Sachschäden ohne Tote oder Schwerverletzte sollen hingegen die Halter entscheiden dürfen. Der Manager begründete den freiwilligen Datenverzicht angesichts der Debatte um datenhungrige Großunternehmen mit der Akzeptanz in der Bevölkerung. "Das (die Auswertung der Daten) muss gesellschaftlich akzeptiert sein." Bei schweren Unfällen und Straftaten überwiege das öffentliche Interesse an der Aufklärung. Ein unabhängiger Treuhänder soll über die Integrität der Daten wachen.
Der rechtliche Hintergrund: Viele moderne Autos sind bereits mit einem Datenschreiber (EDR) ausgerüstet, der ähnlich einem Flugschreiber Fahrdaten aufzeichnet. In den USA sind die Geräte bereits seit Jahren vorgeschrieben, in der EU soll eine Blackbox für Autos im Jahr 2022 Pflicht werden. Bisher gibt es nach Angaben der Allianz jedoch keinen herstellerübergreifenden technischen Standard.
In einer Hinsicht hat die Digitalisierung die Unfallaufklärung bisher sogar erschwert: Durch das Eingreifen von Fahrassistenten wie dem Antiblockiersystem ABS seien an Unfallorten häufig kaum mehr Spuren zu finden, sagte Müller. Jährlich regelt die deutsche Versicherungsbranche nach Angaben der Allianz etwa 3,6 Millionen Fahrzeugschäden in der Auto-Haftpflicht. Den Großteil machen kleine Schäden aus. (dpa)