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Abgas-Skandal: VW könnte Kapitalmarkt zu spät informiert haben

11.09.2018 11:46 Uhr
Abgas-Skandal: VW könnte Kapitalmarkt zu spät informiert haben
Die Richter am Oberlandesgericht Braunschweig schließen nicht aus, dass VW den Kapitalmarkt im Abgas-Skandal zu spät informiert hat.
© Foto: Ole Spata/dpa

Hat VW seine Anleger nicht rechtzeitig über "Dieselgate" ins Bild gesetzt? Im Braunschweiger Musterverfahren sieht der Richter zumindest Indizien dafür. Und noch etwas erfreut die Klägerseite.

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Im milliardenschweren Musterverfahren zum VW-Abgas-Skandal könnten die Chancen der Anleger nach dem Dämpfer am ersten Prozesstag wieder steigen. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Braunschweig wollte am Dienstag nicht ausschließen, dass der Autoriese den Kapitalmarkt zu spät über den Betrug mit manipulierten Dieselmotoren informiert haben könnte.

Nach vorläufiger Einschätzung spreche einiges dafür, dass Volkswagen per Ad-hoc-Mitteilung schon im Sommer 2015 hätte Bescheid geben müssen, sagte Richter Christian Jäde. Er bezog sich dabei auf das VW-Eingeständnis gegenüber US-Behörden vom 19. August 2015, Dieselmotoren manipuliert zu haben - dies könnte eine kursrelevante Information gewesen sein. Tags zuvor hatte das Gericht angedeutet, dass zumindest frühere Ansprüche von Anlegern verjährt sein könnten.

Der Autokonzern übermittelte der Finanzwelt damals erst etwa einen Monat später - am 22. September 2015 - diese Nachricht. "Als unzulässig würden wir das Feststellungsziel jedenfalls nicht ansehen", meinte Jäde. Aus der Sicht von Volkswagen gab es allerdings keine konkreten Anhaltspunkte für eine Kursrelevanz der Affäre, bis die US-Umweltbehörde EPA am 18. September 2015 unerwartet mit ihren Anschuldigungen an die Öffentlichkeit ging.

Kläger hätten "Behauptung nicht ins Blaue hinein abgegeben"

Klägeranwalt Andreas Tilp sagte: "Unmittelbar vor der Mittagspause hat der Senat eine Bombe platzen lassen." Demnach hätten die Kläger ihre "Behauptung nicht ins Blaue hinein abgegeben" - sondern aufgrund von Anhaltspunkten, wonach Ex-VW-Chef Martin Winterkorn bereits 2007, aber spätestens zum Wiener Motoren-Symposium im Frühjahr 2008 Kenntnis von den Problemen gehabt habe. Schon 2007 hatte die Deutsche Umwelthilfe diesen demnach auf mögliche Abgasprobleme hingewiesen.

Nun müsse Volkswagen beweisen, dass Winterkorn diese Kenntnis nicht hatte, erklärte Tilp. "Damit haben wir uns in einem zentralen Punkt durchgesetzt", meinte der Anwalt der Musterklägerin Deka Investment.

Nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Abgas-Affäre hatten die VW-Vorzugsaktien zwischenzeitlich fast die Hälfte des Werts verloren, Anleger erlitten teils massive Verluste. Insgesamt machen Kläger Forderungen von fast neun Milliarden Euro geltend. Im Musterverfahren selbst liegt der Streitwert bisher bei knapp vier Milliarden Euro.

Ansprüche bis Mitte 2012 vielleicht schon verjährt

Zum Auftakt der mündlichen Verhandlung am Montag hatte Richter Jäde gesagt, Ansprüche der Kläger bis Mitte 2012 könnten verjährt sein. Tilp geht dagegen davon aus, dass VW schon im Juni 2008 hätte zugeben müssen, die Technologie zur Diesel-Abgasreinigung nicht zu beherrschen. Jäde erklärte zudem, in der Frage, ob VW sich von der Ad-hoc-Pflicht hätte befreien können, komme es auch darauf an, ob der Vorstand alles getan habe, um die Affäre in den USA aufzuklären. Dies sei - nach vorläufiger Einschätzung des Senats - nicht der Fall.

Tilp betonte, aus seiner Sicht spiele es für die Argumentation der Klägerseite keine Rolle, ob der Markt Mitte 2015 zu spät informiert wurde. "Uns reicht es, wenn wir jetzt schon im Jahr 2012 sind, und wir sind zuversichtlich, dass wir auch noch ins Jahr 2008 kommen." (dpa)

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