Volkswagen kommt bei der Bewältigung seiner restlichen US-Rechtslasten im Abgas-Skandal voran. Der US-Richter Charles Breyer bescheinigte dem Konzern bei einer Anhörung am Donnerstag "erhebliche Fortschritte". Er sei "sehr optimistisch" im Hinblick auf eine Lösung für die verbleibenden rund 85.000 Dieselwagen, die von der Affäre um manipulierte Emissionswerte betroffen sind. Breyer setzte eine neue Frist bis zum 1. Dezember, um darzulegen, wie die illegale Abgastechnik beseitigt werden soll.
Bei rund 475.000 kleineren Dieselwagen hat VW sich mit geschädigten Besitzern und Behörden in den USA bereits auf einen Vergleich über 15 Milliarden Dollar geeinigt, dem Breyer im Oktober endgültig zustimmte. Inklusive weiterer Entschädigungszahlungen an 44 Bundesstaaten und Autohändler ist der Konzern bereit, 16,5 Milliarden Dollar in die Hand zu nehmen. Doch bei Zehntausenden größeren Modellen, die mit 3,0-Liter-Motoren der VW-Tochter Audi unterwegs sind, steht ein Kompromiss noch aus.
Seit Monaten scheitert der Ingolstädter Oberklasse-Hersteller daran, den US-Behörden akzeptable Pläne zur Lösung des Problems zu präsentieren. Es geht um teure Dickschiffe aus dem VW-Konzern – Porsche Cayenne und VW Touareg, vor allem aber etliche Audi-Modelle. Die letzten Vorschläge waren im Juli als unzureichend zurückgewiesen worden. Am Montag vergangener Woche musste Audi seine überarbeiteten Unterlagen beim Umweltamt einreichen. Über den Inhalt haben die Parteien jedoch wegen des laufenden Rechtsstreits Stillschweigen vereinbart.
Rückkäufe drohen
Es gilt aber als sehr unwahrscheinlich, dass nach rund einem Jahr vergeblicher Bemühungen noch ein Weg gefunden wird, die Modelle durch Rückrufe und Reparaturen in einen regelkonformen Zustand zu bringen. Sollte eine technische Umrüstung nicht möglich sein, drohen teure Rückkäufe, wie sie VW Hunderttausenden Kunden bereits bei den kleineren 2,0-Liter-Modellen anbieten muss. Müsste der Konzern auch nur die Hälfte der 85.000 betroffenen Wagen mit den Audi-Sechszylindern zurücknehmen und dafür den Restwert plus Strafe und Kompensation berappen – die Kosten wären milliardenschwer.
Und auch wenn die 3,0-Liter-Baustelle rasch geschlossen werden sollte, blieben für VW noch wesentliche juristische Rechtsrisiken in den USA. Die US-Justiz ermittelt weiter wegen strafrechtlicher Vergehen. Nachdem im September der erste in den Skandal involvierte Ingenieur im Zuge einer Strafanzeige ein Geständnis abgelegt und Kooperation mit den US-Behörden versprochen hat, bleibt abzuwarten, wen der langjährige Mitarbeiter noch alles belastet. Zudem verhandeln die Wolfsburger auch noch mit etlichen US-Bundesstaaten um einen Vergleich wegen Verstößen gegen Umweltgesetze.
Während VW in den USA zu milliardenschweren Wiedergutmachungen bereit ist, sträubt man sich in Deutschland und Europa weiter gegen vergleichbare Angebote. Gesetzesverstöße innerhalb der EU streitet VW ab. Auf Anfrage von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR erklärte der Konzern, die in den USA verbotene Software zum Austricksen von Abgastests stelle unter EU-Recht keine Manipulation dar. Weltweit sind etwa elf Millionen Dieselwagen vom Skandal betroffen. (dpa)
Franz