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48-Volt-Hybrid: Mehr Spannung, weniger Verbrauch

17.03.2016 08:03 Uhr
Audi SQ7
Der Audi SQ7 hat ein 48-Volt-System an Bord.
© Foto: Audi

Die Autohersteller entdecken den "milden" Hybrid wieder – auf Basis von 48 Volt. Zusammen mit den Lieferanten arbeiten sie an raffinierten Lösungen, um den Verbrauch um bis 20 Prozent zu senken.

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Von Michael Specht/SP-X

Konnten früher sogenannte Mild-Hybride während der Beschleunigung den Verbrennungsmotor lediglich kurzzeitig in seiner verbrauchsintensiven Phase unterstützen, werden zukünftige Systeme ähnlicher Bauart nicht nur deutlich intelligenter, sondern auch wesentlich effizienter agieren können. Bei Continental sieht man gegenüber einem konventionell angetriebenen Benziner mit Start-Stopp-Automatik großes Kraftstoffeinsparungspotenzial. "Im innerstädtischen Fahrbetrieb können dies 21 Prozent sein, etwa 13 Prozent wären es im NEFZ-Profil", ist sich Oliver Maiwald, bei Continental Leiter Technology & Innovation, Division Powertrain, sicher. Voraussetzungen hierfür sind allerdings 48 Volt. Die höhere Spannung ermöglicht die Übertragung größerer Leistungen. Zudem kann die E-Maschine kompakter ausgelegt und mit einer höheren Leistungsdichte versehen werden.

Alle großen Zulieferer entwickeln derzeit Lösungen für künftige 48-Volt-Hybridarchitekturen. "Die höhere Spannung ist der Schlüssel zur Effizienz und höherer Leistung", sagt Peter Gutzmer, Vorstand Technologie der Schaeffler AG. Die arbeitet auf Basis eines Continental 48-Volt-Generators an einem Modul, das für Seitenanbau zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe ausgelegt ist (BSG, Belt Starter Generator).

Neben dieser achsparallelen Lösung wird auch an einem 48-Volt-Modul entwickelt, das zwischen Motor und Getriebe angeordnet ist. Diese Lösung, ISG (Inline Starter Generator) genannt ermöglicht Kraftstoffeinsparungen von weiteren zwei Prozent, weil die Reibverluste durch den Riemen entfallen. "Spätestens 2025 wird das Modul gänzlich zwischen Motor und Getriebe sitzen", meint Gerhard Gumpoltsberger, Leiter Innovationsmanagement und Erprobung bei ZF. Schon Ende April auf dem Wiener Motoren-Symposium will Continental eine Neuheit in dieser Richtung vorstellen.

Audi als Vorreiter

Mit der ISG-Architektur könnten zudem neue Hochstromverbraucher auf die 48-Volt-Seite gelegt werden. Audi praktiziert dies in seinem SUV-Flaggschiff SQ7, allerdings hat das Power-SUV noch einen 12-Volt-Generator. Die Spannung wird gewandelt, der Strom dann in eine Lithium-Ionen-Batterie geschickt. Sie versorgt – erstmals in der Branche – einen elektrischen Verdichter und darüber hinaus auch einen elektrischen Wankausgleich mit Strom. Möglich wäre es auch, mit 48 Volt andere Verbraucher wie zum Beispiel den Klimakompressor effizienter als derzeit mit zwölf Volt zu betreiben, was im Realbetrieb den Verbrauch weiter senken würde. Auch Renault plant, für nächstes Jahr die 48-Volt-Technik in Serie zu bringen.

Dass diese Systeme kommen, steht außer Zweifel. Treiber ist der Flottenausstoß, der die Autohersteller zur massiven Elektrifizierung zwingt. Die Riemengeneratoren mit der höheren Spannung werden dabei als kostengünstigste Ergänzung zum Plug-in-Hybrid gesehen. Gumpoltsberger: "Das System ist deutlich einfacher zu realisieren." Während die teure Plug-in-Technik eher der Oberklasse vorbehalten bleibt, wird sich BSG und ISG in den Segmenten darunter durchsetzen, heißt es aus den Entwicklungsabteilungen. "Mindestens die nächsten zehn bis 15 Jahre werden wir nicht Elektromotor 'oder' Verbrennungsmotor sagen, sondern 'und'", so Rolf Bulander, Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions beim Automobilzulieferer Bosch.

Markt mit Potenzial

Alleine bis 2020 sieht man bei Bosch einen Markt von 3,1 Millionen Fahrzeugen mit 48-Volt-Systemen. Insbesondere Kunden in asiatischen Märkten und den USA sind hier interessiert. Die Schwaben bringen einen weiteren Aspekt ins Spiel. Aus ihrer Sicht ist das Thema 48 Volt eine ideale Ergänzung auch zum Dieselmotor – da es nicht nur Kraftstoff spart, sondern auch sehr effizient bei der Emissionsreduzierung unterstützen kann – auch in Richtung Real Driving Emissions (RDE). Hier soll das 48-Volt Boost-Recuperation-System von Bosch die Stickoxid-Rohemissionen insbesondere beim Beschleunigen und unter hohen Lasten um bis zu 20 Prozent senken.

Richtig intelligent wird der neue Hybridantrieb erst durch die Digitalisierung. Continental stellte im Januar auf der CES in Las Vegas einen vernetzten und mit allerlei Sensorik bestückten 48-Volt-Mild-Hybrid mit einem sogenannten "connected Energy Management" (cEM) vor. Aus der Daten-Cloud heraus kennt cEM die Echtzeit-Verkehrssituation und weiß exakt, wann es sinnvoll ist, vom Gas zu gehen. Tut der Fahrer dies, aktiviert die Software automatisch die effizienteste Kombination aus Segelbetrieb und Rekuperation. Verzögert wird mit einem Minium an Radbremseinsatz, wenn es sein muss, exakt bis zur Haltelinie vor der Ampel. "Das Betätigen der Radbremsen wandelt kinetische Energie nur in Wärme um", sagt Maiwald, "dies sollte möglichst vermieden werden." Mit dem cEM ließen sich laut Conti nochmals drei bis vier Prozent Verbrauch einsparen.

Intelligente Antriebsstränge werden jedoch nicht ausschließlich als Mittel zur Effizienzsteigerung gesehen. "Sie können, falls einmal Probleme auftauchen, die notwendigen Informationen künftig auch direkt in die nächstgelegene Werkstatt senden", sagt Schaeffler-Technikvorstand Peter Gutzmer. "Das Navi würde den Fahrer ohne Umwege dorthin schicken, das Team wäre vorbereitet, die Reparatur schnellstmöglich erledigt."

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