Lang gestreckte Motorhaube, coole Klappscheinwerfer und großes Glaskuppel-Heck: Das waren die aufregenden Zutaten, aus denen Porsche seit 1975 verführerisch geformte und gerade noch bezahlbare viersitzige Sportcoupés baute. Ein Erfolgsrezept, das mit dem Porsche 924 gelauncht wurde und das der muskulöser gestylte Porsche 944 sechs Jahre später zum Höhepunkt führte. Kultdesigner Anatole Lapine wusste, dass dicke Backen für breitere Räder und ein wuchtiger Gummispoiler unter der Glaskuppel genügten, um den einst von Harm Lagaay konturierten 924 für die leistungshungrigen 1980er aufzupeppen.
Dazu veritable Porsche-Motoren statt eines Kraftwerks aus dem VW-Konzern sowie ein hinten platziertes Getriebe und fertig war der 944 in Transaxle-Bauweise mit nahezu optimaler Gewichtsverteilung für die Jagd nach schnellen Kurven. Aber der 944 erzielte auch lebensrettende Absatzrekorde. Porsche schrieb 1980 zum ersten Mal Verluste und es war der daraufhin inthronisierte Vorstandsvorsitzende Peter W. Schutz, der eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens vornahm.
Verkaufszahlen verdreifacht
Schutz revidierte die bereits beschlossene Einstellung des Porsche 911, und er trieb mit dem breit aufgestellten 944-Portfolio den Ausbau der Frontmotor-Typen voran. Obwohl die meiste Zeit bei Audi in Neckarsulm produziert, gewann der 944 durch technische Delikatessen wie den furiosen 944 Turbo (ab 1985), den 16-Ventiler 944 S (ab 1986), den 944 S2 mit weltgrößtem Vierzylinder (ab 1988) sowie das erstmals 1985 gezeigte 944 Cabriolet wichtiges Faszinationspotential. Damit gelang es Porsche, die Verkaufszahlen zu verdreifachen und in die Profitabilität zurückzukehren.
Nicht zuletzt durch seinen vom V8 im 928 abgeleiteten Motor wurde der 944 von Anfang an als "echter" Porsche akzeptiert, der sich sogar gegen übermächtig scheinende Rivalen wie Mazda RX-7 und Nissan ZX in Nordamerika behaupten konnte. Da nutzte den preiswerten Japanern nicht einmal die Nachahmung des Klappscheinwerfer- und Glaskuppel-Konzepts. Kein anderes Porsche-Modell hatte sich zuvor so gut und schnell verkauft wie der 944.
Bis zum Produktionsende im Jahr 1991 wurden 163.302 Sportwagen der Baureihe produziert, die letzten Einheiten sogar am Porsche-Stammsitz in Zuffenhausen, wo dann der nachfolgende Typ 968 als finaler Vertreter der vom 924 begründeten Transaxle-Ahnengalerie an die Startlinie fuhr.
40 Jahre Porsche 944
BildergaleriePorsche 944: Kultstatus
Nur eins erreichte der Porsche 944 erst im reifen Oldtimeralter: Kultstatus. Ebenso wie alle anderen Frontmotor-Stallgefährten stand der 944 jahrzehntelang im Schatten des alles überstrahlenden Elfers mit seinem Sechszylinder-Boxer im Heck. Entsprechend niedrig blieben die Gebrauchtwagennotierungen für die Vierzylinder-Gilde, obwohl diese extrem hohe Laufleistungen erreichte und ihre Gran-Turismo-Qualitäten auch als Geschäftswagen zeigte. Vielleicht mussten erst neue Vierzylinder wie die Modelle 718 Boxster und Cayman kommen, um den Porsche 944 endgültig als sammelwerten Meilenstein des Breitensports in den Herzen der Sportwagenfans zu verankern. Immerhin fehlte es dem 944 nie an Rennerfolgen und anderen Beweisen souveräner Fahrdynamik.
"Vier gewinnt" hieß es schon im Juni 1981 bei den 24 Stunden von Le Mans, denn dort fuhr ein vom Rallye-Weltmeister Walter Röhrl und Jürgen Barth pilotierter Porsche 924 GTP – ein Prototyp des 944 Turbo - auf den siebten Gesamtrang und sicherte sich dank effizienter Kraftstoffnutzung den Sonderpreis für die kürzesten Boxen-Aufenthalte. Was folgte, waren stark besetzte Rennserien wie der von 1986 bis 1989 ausgetragene 944 Turbo Cup, der zunächst von Joachim Winkelhock, später von Roland Asch dominiert wurde.
Seine fast unzerstörbare Zuverlässigkeit demonstrierte der 944 nach dem Ende der offiziellen Motorsportkarriere auch da, wo es niemand erwartete. Im Jahr 2007 wagten sich zwei Briten mit einem bereits 320.000 Kilometer alten 944 dorthin, wo sonst Gelände-Urgesteine á la Land Rover oder Jeep anzutreffen sind: Auf einen 21.000-Kilometer-Roadtrip durch die Wüsten und Dschungelpfade Afrikas nach Kapstadt. Und 2015 bewältigten Briten in einem fast 30 Jahre alten 944 den wüstenreichen Weg von England in die Mongolei, um nur zwei spektakuläre Beispiele zu nennen, in denen die robusten Porsche die Resilienz ihrer technischen Finessen vorführten.
Vorfreude und Frischluftgefühle
Heute genügt dem Porsche 718 ein 2,0-Liter-Downsizing-Vierzylinder zum Angriff aufs Sportwagen-Establishment, dagegen punktete der 944 damals mit Power aus maximal großem Hubraum. Anfangs war es ein 120 kW / 163 PS freisetzender Vierzylinder mit 2,5-Liter Hubraum, was - vereinfacht gesagt - einer Zylinderbank des V8 im Flaggschiff Porsche 928 entsprach, aber dann kam 1988 mit dem 944 S2 der Superlativ: 3,0 Liter Hubraum und 280 Nm Drehmoment aus einem neu entwickelten Vierventilmotor mit geschmiedeten Kolben, das bot kein anderer Vierzylinder.
Diese Powerbank befeuerte auch das Anfang 1989 endlich in Serie gegangene Cabriolet, das als Studie schon vier Jahre früher Vorfreude auf Frischluftgefühle geweckt hatte. Tatsächlich übertrumpfte das 3,0-Liter-Triebwerk in puncto perfekte Leistungsentfaltung sogar den 2,5-Liter-Turbomotor, der den Porsche 944 seit 1985 in eine alltagstaugliche Rennmaschine transformierte, aber wie damals üblich, reichlich Drehzahlen benötigte, um aus dem berüchtigten Turboloch zu springen.
"Ich will Spaß, ich geb' Gas!"
Was nichts daran änderte, dass der Porsche 944 Turbo zu den angesagtesten Tempo-Symbolen jenes „Ich will Spaß, ich geb‘ Gas“-Jahrzehnts gehörte. Der in letzter Ausbaustufe 184 kW / 250 PS starke 944 Turbo machte endlich wahr, was der Renn-Prototyp vier Jahre zuvor in Le Mans versprochen hatte: Dieser in 5,9 Sekunden auf Landstraßentempo sprintende und auf freier Bahn 260 km/h schnelle Frontmotor-Porsche hatte das Potential zum Ferrari- und Maserati-Killer, etwa bei Speed-Duellen mit Mondial oder 222 E. Sogar einen Eintrag ins Register der Rekorde sicherte das 1991 in nur 258 Einheiten gebaute 944 Turbo Cabriolet, gab es doch damals keinen schnelleren Vierzylinder-Frischluftstürmer. Allerdings ließ sich Porsche diesen furiosen Sonnenkönig auch fürstlich bezahlen: Mit Preisen ab 103.725 Mark kam er als einziger 944 in den sechsstelligen Kostenbereich und bewegte sich auf Augenhöhe mit Mercedes SL und Porsche 911.
Wer nicht so viel Geld in sein rasendes Sonnenstudio investieren wollte, wählte den Targa-Style mit "herausnehmbarem Dach mit elektrischer Hubverstellung", der knapp 2.000 Mark Aufpreis kostete. Sein bestes Jahr erlebte der Porsche 944 bereits 1986. Damals wurden 27.688 Einheiten des Transaxle-Typs verkauft – rund 10.000 Fahrzeuge mehr als vom 911. Mit diesem Supersportler will sich der 944 eigentlich gar nicht messen, verblüfft er doch vor allem als Gran Turismo mit genialem Raumkonzept: Angeblich passt unter seine gläserne Heckklappe bei umgelegten Fondsitzen sogar eine sperrige Euro-Palette – oder das große Reisegepäck für eine junge Familie. Vielseitige Talente, die heute von Oldtimerfans neu entdeckt werden und die sich in rapide steigenden Liebhaberpreisen reflektieren.