Ausgabe 05/2008: Wer muss was zurück- nehmen?

Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens als Teil des Kaufpreises für ein Neufahrzeug und die Folgen beim Rücktritt vom Neu-wagenkaufWer muss was zurück- nehmen?autohaus juristen Rechtsanwälte G. Haug und PartnerEin Gebrauchtfahrzeug kann als Teil des Neuwagenkaufpreises im Rahmen eines Agenturgeschäftes in Zahlung genommen werden. Hierbei erfolgt die Inzahlungnahme noch nicht endgültig. Der Händler verpflichtet sich lediglich, im Rahmen des Neuwagenkaufes den gebrauchten Pkw im fremden Namen und für fremde Rechnung zu einem Mindestpreis zu verkaufen, der auf den Neuwagenpreis anzurechnen ist. Das Agenturgeschäft ist gegenüber dem zukünftigen GW-Käufer kenntlich zu machen. Ein Mehrerlös verbleibt bei dem Händler als Provision. Bei dieser Fallgestaltung bestehen zwei Verträge: Erstens der Agenturvertrag und zweitens der Neuwagenkaufvertrag. Hierbei übernimmt der Händler in der Regel das Risiko, dass ein bestimmter Mindestpreis beim Weiterverkauf des Gebrauchtwagens erzielt wird. In Höhe dieses Betrages ist zugleich der Kaufpreis für den Neuwagen gestundet. Wird der Neuwagen durch den Händler als Agent verkauft, endet die Stundung, der vereinbarte Mindestpreis wird auf den Kaufpreis für den Neuwagen angerechnet.Agentur, Kommission, endgültige InzahlungnahmeEine Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens kann auch als Kommissionsvertrag ausgestaltet sein. Hierbei veräußert der Händler das gebrauchte Fahrzeug im eigenen Namen für fremde Rechnung. Auch hier ist – wie beim Agenturgeschäft – der Kaufvertrag über den Neuwagen mit der Inzahlungnahme des GW durch eine Stundungs- und Verrechnungsabrede verknüpft. Es liegen wiederum zwei Verträge vor. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, bei denen ein GW vom Neuwagenkäufer endgültig in Zahlung gegeben wird. Der GW ist somit ein Ersatzgegenstand für den entsprechenden Teil des Neuwagenkaufpreises. Die Inzahlunggabe tritt anstelle des (in der Regel teilweisen) Kaufpreises für das Neufahrzeug. Was geschieht nun in diesem Fall mit dem in Zahlung gegebenen GW bzw. dem auf diesen entfallenden Teil des Kaufpreises, wenn der Neuwagenkauf nach berechtigtem Rücktritt rückabgewickelt werden muss? Während beim Agenturgeschäft und beim Kommissionsgeschäft hinsichtlich Neu- und Gebrauchtwagen jeweils getrennt zu behandelnde Verträge vorliegen, gilt dies bei der endgültigen Inzahlungnahme nicht. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) kann der Käufer eines Neufahrzeuges, der für einen Teil des Kaufpreises einen Gebrauchtwagen in Zahlung gegeben hat, bei Rückgängigmachung des Vertrags nur den in Zahlung gegebenen Altwagen selbst zurückverlangen, nicht jedoch die Auszahlung des Wertes des Gebrauchtwagens. Neu zu entscheiden hatte der BGH (Urteil vom 20.02.2008 – VIII ZR 334/06) nunmehr den Fall, dass gemäß Vereinbarung zwischen Händler und Käufer Letztgenannter für das Neufahrzeug zwar den vollen Kaufpreis zu bezahlen hat, der Händler aber das Altfahrzeug des Käufers übernimmt und einen dafür noch laufenden Bankkredit ablöst.Der SachverhaltIm Herbst 2003 bestellte der Neuwagenkäufer bei dem Händler ein Neufahrzeug BMW X 5. Das bisherige Altfahrzeug des Klägers, ein BMW M 5, dessen damaligen Erwerb eine Bank finanziert hatte, wurde vom Händler gegen Ablösung des Darlehens in noch bestehender Höhe von € 38.628,40 übernommen. Der Wert des Altfahrzeugs wurde im Neuwagenkaufvertrag mit € 32.500,00 angegeben; die Differenz zu dem Kreditablösebetrag in Höhe von € 6.128,40 wurde vom Händler als (versteckter) Preisnachlass für den Erwerb des Neufahrzeugs übernommen. Wie vereinbart zahlte der Käufer an den Händler den vollen Preis für das Neufahrzeug – ein Teil des Kaufpreises wiederum bankfinanziert –, während der Händler den restlichen Kredit für das Altfahrzeug bei der Bank in voller Höhe ablöste. Rund ein Jahr nach dem Kauf des Neuwagens traten an diesem Mängel auf. Der Käufer erklärte deshalb den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Händler erklärte sich mit der Rückabwicklung einverstanden und nahm das Fahrzeug zurück. Im Weiteren kam es sodann zum Rechtsstreit darüber, wie die Rückabwicklung hinsichtlich Altfahrzeug und Bankfinanzierung im Einzelnen vorzunehmen war. Der Käufer klagte auf volle Rückzahlung des von ihm bezahlten Neuwagenkaufpreises sowie auf Freistellung von der Darlehensverpflichtung, die er hinsichtlich des Neufahrzeugs eingegangen war. Der Händler erkannte den Freistellungsanspruch an, den Rückzahlungsanspruch jedoch nur teilweise, da er die Auffassung vertrat, dass der Käufer das Altfahrzeug zurücknehmen müsse. Wegen dieser Rücknahmeverpflichtung könne der Käufer daher in Höhe von € 32.500,00 (dem vereinbarten Wert des Altfahrzeugs) eine Rückzahlung des Kaufpreises für das Neufahrzeug nicht verlangen. Die beiden ersten Instanzen konnte der Käufer jeweils für sich entscheiden. Der BGH sah die Sache jedoch anders.Entscheidung des BGHIn Fortführung der bisherigen Rechtsprechung zur Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens entschied der BGH, dass die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über das Altfahrzeug zusammen mit dem Kauf des Neufahrzeugs eine rechtliche Einheit bildet. Nach Auffassung des BGH ist dafür entscheidend die Interessenlage der Parteien. Beim Neuwagenkauf unter Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens ist diese Interessenlage dadurch gekennzeichnet, dass der Händler sich auf die Hereinnahme des alten Wagens nur deshalb einlässt, um den Neuwagen verkaufen zu können. Dies ist auch dem Käufer bewusst. Auch durch die Komplikationen hinsichtlich der Ablöse und Kreditfinanzierung ändert sich diese Interessenlage nicht: Der Händler hat den Kredit für das Altfahrzeug nur deshalb abgelöst, um den Käufer zum Kauf des Neufahrzeugs zu bewegen. Das kommt nach Meinung des BGH insbesondere darin zum Ausdruck, dass der Händler bereit war, zur Ablösung des Kredits für das Altfahrzeug mehr zu bezahlen (nämlich € 38.628,40), als das Altfahrzeug nach der Vorstellung beider Parteien wert war (€ 32.500,00), und der Händler dem Käufer mit der Zahlung des überschießenden Betrages von € 6.128,40 einen versteckten Nachlass auf den Kaufpreis des Neuwagens gewährte.Fazit: Auch dann, wenn der Fahrzeughändler das Altfahrzeug eines Käufers übernommen und einen dafür noch laufenden Kredit abgelöst hat, ist nicht nur der Kaufvertrag über den Neuwagen, sondern auch die Vereinbarung über die Inzahlungnahme des Altfahrzeugs rückabzuwickeln. Dies führt nach § 346 BGB einerseits dazu, dass dem Käufer ein Anspruch auf Rückübereignung des Altfahrzeugs zusteht, andererseits aber auch dazu, dass der Käufer dem Händler Wertersatz für das von Letztgenanntem abgelöste Restdarlehen zu leisten hat. Dieser Wertersatzanspruch des Händlers ist mit dem Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises für das Neufahrzeug zu verrechnen.

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