Ausgabe 09/2010: Wachstum ohne Ende

Wachstum ohne EndeAuto China 2010 E Das Reich der Mitte ist inzwischen der größte Automarkt und die Auto China eine der wichtigsten Automessen der Welt. 89 Weltpremieren gab es diesmal in Peking zu sehen. von ralph m. meunzelMit insgesamt 13,6 Mio. neuen Fahrzeugen haben sich die Chinesen 2009 den Titel als stärkstes Autoland erkauft. Die USA wurden nach langen Jahren an der Spitze abgelöst. Insgesamt wurden dabei 9,4 Mio. Pkw und Kombi abgesetzt. Auch für 2010 wird mit einem deutlichen Zuwachs gerechnet. Fachleute gehen von mindestens 25 Prozent aus. Das erste Quartal lag bereits deutlich über dieser Prognose. Dieser Trend soll sich bis 2015 fortsetzen. Damit ist klar, dass kein weltweit tätiger Hersteller diesen Markt ignorieren kann. Es geht darum, die Claims für die Zukunft abzustecken. Zur Messe in Peking werden insgesamt 990 verschiedene Modelle in sieben Messehallen präsentiert und rund 700.000 Besucher erwartet. JointventuresIn China dominieren Jointventures von Weltherstellern mit einheimischen Anbietern. Die größte Gruppe ist die SAIC (Shanghai), die z. B. mit Volkswagen und GM kooperiert. Die FAW als Nummer 2 arbeitet unter anderem mit VW, Audi und Toyota zusammen. Dongfeng mit Nissan, Honda, Kia und PSA. Darüber hinaus sind diese Autobauer auch als chinesische Hersteller mit eigenen Marken tätig. Dennoch beträgt der Anteil der rein chinesischen Produzenten am Absatz nur ca. 30 Prozent. Die Autos sind von mäßiger Qualität und kosten zwischen 3.000 und 8.000 Euro. Geely als Chinas Nummer 3 beispielsweise möchte in diesem Jahr 400.000 Autos absetzen. Aus früheren Jahren kennt man die Marke vor allem durch Kopien von westlichen Kleinwagen. 2009 hat man mit spektakulären Konzepten auf sich aufmerksam gemacht. Für Furore sorgte das Unternehmen mit dem Kauf von Volvo für 1,8 Milliarden. Der neue Volvo S60 wurde bereits auf der Show präsentiert. Das Unternehmen wolle 2010 seinen Absatz auf ca. 40.000 Fahrzeuge fast verdoppeln, so Alexander Klose, China-Chef von Volvo. Nach 23.000 Autos im vergangenen Jahr hatte der schwedische Autobauer allein im ersten Quartal schon 10.000 Autos verkauft. 100 AnbieterIn China sind trotz Ankündigung der Zentralregierung, nur noch fünf große chinesische Anbieter zu installieren, weiterhin über 100 Anbieter am Markt. Entsprechend groß ist das Angebot auf den Messeständen. Es wird weiter munter abgekupfert. Eine Fülle von Neuheiten bei Kleinwagen, Limousinen und SUV lockt die Besucher. Versuche, in Europa Autos aus China zu verkaufen, sind bisher allerdings kläglich gescheitert. Weder Landwind noch Brilliance waren aufgrund der z. T. schlechten Fahrzeugqualität erfolgreich. Das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern.E-Mobil im FrühstadiumDie Messepräsentation von alternativen Antrieben ist – entgegen den Erwartungen – nur eine Marginalie. Trotz großzügiger Förderung der Regierung von bis zu 6.000 Euro pro Auto stehen Elektromobile nur vereinzelt im Fokus. Die Konzepte von FAW, Roewe (SAIC), Changan, Geely, Dongfeng oder BAIC befinden sich im Frühstadium. Chery hat angekündigt, mit „Better Place“, dem Elektromobilitätskonzept des ehemaligen SAP-Vorstands Shai Agassi zu kooperieren. Fachleute erwarten allerdings, dass sich diese Alternativtechnik gerade in China künftig stärker durchsetzen wird. Volkswagen-Konzernchef Martin Winterkorn verkündete, dass man den Mittelklassewagen Lavida (Nummer 3 der Topmodelle) bis 2014 mit E-Antrieb anbieten werde. Der chinesische Hersteller BYD kooperiert mit Daimler beim Bau eines neuen Elektrofahrzeugs und liefert Batterietechnologie an Volkswagen.Premiummarkt wächstDer chinesische Markt wird in den kommenden Jahren der weltweit größte Markt für Luxusautos, so eine Analyse, die das Institut für Automobilwirtschaft (IFA), FH Nürtingen-Geislingen in Zusammenarbeit mit der Tongji-Universität, Shanghai, erstellt hat. „Der Absatz von Premiumautos in der Volksrepublik wird bis 2015 auf knapp zwei Millionen Einheiten steigen; 2009 wurden 500.000 Fahrzeuge verkauft“, prognostizierte Prof. Willi Diez. Der Anteil von Premiumwagen am chinesischen Gesamtmarkt würde dann bei etwa zwölf Prozent liegen. Als Gründe für diese Entwicklung nennt das IFA die weiter steigenden Einkommen, Vermögen und den Wert als Statussymbol. Besonders deutsche Marken verfügen dort über eine hohe Attraktivität. Im vergangenen Jahr hatten Audi, BMW, Mercedes und Porsche ihren Absatz um 19,4 Prozent auf 323.100 Einheiten gesteigert. Deshalb feiern der neue VW Phaeton, der Audi A8 lang, die E-Klasse lang und der neue 5er BMW L auf der Auto China Weltpremieren. zTop 10 Modelle1. BYD F32. Hyundai Yuedong3. VW Lavida4. VW Jetta5. Buick Excelle6. Honda Accord7. Chevrolet Cruze8. Hyundai Elantra9. Nissan Tiida10. Chery QQTop 10 Marken1. Volkswagen2. Toyota3. Nissan4. Honda5. BYD6. Hyundai7. Chevrolet8. Chery9. Buick10. KiaTop 10 Hersteller1. Shanghai GM2. Shanghai VW3. FAW VW4. Chery5. BYD6. Dongfeng Nissan7. Beijing Hyundai8. FAW Toyota9. Geely Group10. Changan Ford MazdamarktAudi spielt in der chinesischen Premiumliga die Nummer eins. 2009 konnte man 157.000 Autos, davon 25.000 Exportmodelle absetzen. Für dieses Jahr rechnet Johannes Thammer, President Sales Division, mit über 200.000 Verkäufen. Im ersten Quartal habe man bereits den Absatz im Heimatmarkt Deutschland getoppt. Vom Q5, der seit 20. März auch in China gebaut wird, möchte der Vertriebschef im April mehr verkaufen als BMW mit dem X3 und MB mit dem GLK im ersten Quartal zusammen. Das starke Wachstum in China sei eine Herausforderung für den Vertrieb, meint Thammer. So werde man die Zahl der 150 Händlerbetriebe und 10 Werkstätten jetzt verdoppeln. Um das benötigte Personal zu trainieren, habe Audi eine eigene Berufsschule und eine Akademie gegründet. „Jeder Händler verkauft im Schnitt 1.300 Neuwagen. Außerdem ist der Service gut ausgelastet, da die Autos bis zu vier Mal im Jahr zur Inspektion kommen“, sagt der Vertriebschef. Der Grund: Die besonderen Einsatz- und Umweltbedingungen würden die Fahrzeuge in China im Unterschied zu Europa stärker strapazieren. Da die chinesischen Kunden direkt vom Fahrrad auf das Auto umgestiegen sind, würde man das Fahrzeug beispielsweise wie ein Handy behandeln. „Da schaut keiner nach dem Ölstand, die Motorhaube bleibt zu. Außer Tanken wird am Auto nichts gemacht“, sagt der Manager. Wenn ein rotes Licht aufleuchtet, werde beim Service angerufen bzw. die Werkstatt aufgesucht. Nur 20 Prozent der Kunden würden überhaupt Werkstatttermine vereinbaren. So hat jeder Automarkt seine spezifischen Herausforderungen.

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