Von Ralph M. Meunzel
Mitte Januar erschütterte eine Insiderinformation die VW-Handelsorganisation, wonach der Hersteller noch in diesem Jahr den meisten Autohäusern Austauschverträge vorlegen wolle. Geplant sei unter anderem eine grundlegende Änderung der Vertriebssysteme. Was es damit auf sich hat, erklärt Thomas Zahn, Leiter Vertrieb und Marketing Volkswagen Pkw, im Interview mit AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel.
AUTOHAUS: Der Volkswagen Vertrieb in Deutschland sei dabei neue Händlerverträge auszuarbeiten, wurde uns berichtet. Wie ist der aktuelle Stand?
T. Zahn: Gerüchte darüber kamen bereits im Vorfeld der Händlerkonferenz in Bonn auf. Richtig ist, dass unsere Branche und unser bisheriges Geschäftsmodell vor großen Veränderungen stehen. Die großen Treiber sind die Digitalisierung und die E-Mobilität. Wir sind davon überzeugt, dass die bisherigen Konzepte im Autohandel auf den Prüfstand gehören. Denn aus meiner Sicht ist dieses Geschäft in der heutigen Form langfristig nicht zukunftsfähig. Vor diesem Hintergrund machen wir uns sehr konkrete Gedanken, wie das neue Geschäftsmodell für die Marke Volkswagen aussehen wird. Mit neuen Aufgaben für den Handel und für uns. Darüber werden wir in aller Offenheit mit unseren Händlern diskutieren. Dann werden wir auch in der gewohnten Transparenz mit dem Händlerverband über neue Verträge sprechen. Aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt.
Bis wann soll dieser Prozess abgeschlossen sein?
T. Zahn: Wir wollen im Laufe des Jahres 2017 zu einem Ergebnis kommen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die neuen Rahmenbedingungen und ein Vertragskonstrukt noch in diesem Jahr oder spätestens im ersten Quartal 2018 vereinbart werden.
Das Geschäft soll sich am Handel stärker ins Internet verlagern. Wie kann ein neues Geschäftsmodell aussehen?
T. Zahn: Wir werden uns noch mehr an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten. Gleichzeitig ist ganz klar, dass der Vertragshandel für uns gesetzt ist. Auch im neuen Geschäftsmodell wird der Handel eine wichtige Rolle spielen. Wir stehen zum Vertragshandel! Sollten die Kunden es wünschen, wird es auch direkt Angebote von uns an den Kunden geben. Die genauen Spielregeln müssen mit dem Handel allerdings noch diskutiert werden. Wir werden uns diese Entwicklung genau anschauen und dabei besonders die monetäre Komponente berücksichtigen. Wir wollen die Rendite im Netz von morgen sicherstellen. Das ist eine fundamentale Voraussetzung.
Ist der Vertrieb von Neuwagen dann überwiegend über das Internet geplant – zum Beispiel mit Händlern als Agenten?
T. Zahn: Dazu gibt es unterschiedliche Szenarien. Sie kennen das Agenturgeschäft der Marke Volkswagen für das Großkundengeschäft. Damit leben wir und der Handel sehr gut. Daran angelehnt stellen wir uns die Frage, wie könnte eine Lösung von morgen aussehen. Wir werden unterschiedliche Szenarien mit dem Händlerverband diskutieren. Selbstverständlich hören wir uns auch die Meinung auf Händlerseite an. Ich bin überzeugt, dass es auch nicht von Anfang an die eine Lösung geben wird. Denn wir suchen das Geschäftsmodell von morgen und wir wollen einen Vertrag, der den Weg der zukünftigen Zusammenarbeit auf lange Sicht regelt. Im Fokus steht jedoch zunächst die Diskussion mit unseren Händlern.
Ist es denkbar, dass der Hersteller künftig die Preishoheit übernimmt?
T. Zahn: Zunächst einmal wird der tatsächliche Preis immer durch unsere Kunden und den Markt bestimmt. Dass wird sich auch zukünftig nicht ändern. Und auch in Zukunft werden wir als Hersteller die unverbindlichen Preisempfehlungen geben. Schließlich sind diese ein Leistungsversprechen, in diesem Sinne haben wir die Preishoheit.
Der Handel stellt sich vor, den bestehenden Vertrag nur zu erweitern?
T. Zahn: Was uns erwartet, ist fundamental anders als die Grundlage, die bisher existiert. Zukünftige Fahrzeuggenerationen werden vollständig digitalisiert sein. Wie sollte das im bestehenden Rahmen geregelt werden? Wir haben doch heute schon einen Vertrag mit einer sehr großen Vielzahl von Anlagen. Es ist zwar noch nicht entschieden, aber es spricht aus meiner Sicht einiges dafür, dass die zukünftige Basis der Zusammenarbeit ein neuer Vertrag sein wird.
Wird es zunächst Pilotprojekte geben?
T. Zahn: Natürlich wird es eine Übergangszeit geben. Ob es sinnvoll ist, eine Pilotphase zu nutzen, werden wir gemeinsam entscheiden! Mir kommt es darauf an, dass wir das künftige Geschäft abbilden. Wir wollen kein Geschäft verlieren, sondern wachsen.
Wie stellen Sie sich ein neues – dann digitalisiertes – Geschäftsmodell vor? Sie haben das Agenturgeschäft bereits erwähnt. Ist das eine Lösung?
T. Zahn: Wie bereits erwähnt, werden wir ein neues Geschäftsmodell mit aller Offenheit mit unseren Händler und mit dem Partnerverband diskutieren. Heute bereits eine Aussage zu tätigen, ob und welche Präferenzen es gibt, wäre allerdings verfrüht.
Um die Geschäfte im Internet abzubilden, ist ein funktionierendes Dealer Management System erforderlich? Wie weit sind Sie damit? "CROSS" soll ja nicht immer so funktionieren, wie man sich das wünscht.
T. Zahn: Mit CROSS haben wir eine Handels-IT mit der wir und der Handel in der Lage sind, die heutigen und zukünftigen Prozesse abzubilden. Hier sind wir bereits heute gut aufgestellt. Auf CROSS als Plattform bauen wir das künftige Kundenportal auf. Als nächstes wird der Verkäuferarbeitsplatz integriert. Ab Juli beginnt der Roll-out. Wir haben dann die "360-Grad-Kundensicht".
Ist dann mit weniger Händlern also mit einer Netzausdünnung im Zuge der Umsetzung des noch zu diskutierenden Geschäftsmodells zu rechnen?
T. Zahn: Sie wissen, dass wir bis Ende 2018 keine Vermittler mehr haben werden. Wir wollen ein einstufiges Netz haben. Ich gehe davon aus, dass das neue Geschäftsmodell den Konsolidierungsprozess weiter stärken wird. Gleichzeitig haben wir natürlich auch die Vertriebskosten im Blick. Wir werden hier alles auf dem Prüfstand stellen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Netzgröße in Deutschland. Meiner Einschätzung nach, werden wir auf lange Sicht weniger Händler und weniger Stützpunkte haben als heute.
Mit wie vielen Händlern und Stützpunkten rechnen Sie dann in 2025?
T. Zahn: Die Konsolidierung wird sich fortsetzen, davon bin ich überzeugt. Aber eine valide Prognose wäre zum jetzigen Zeitpunkt unseriös. Jedoch gehe ich fest davon aus, dass wir auch zukünftig kleinere Betriebe genauso wie große Handelsgruppen im System haben werden. Denn für mich ist es keine Frage der Größe, sondern der Qualität.
Im Neuwagengeschäft wird bekanntlich nichts mehr verdient. Das liegt vor allem am Intrabrandwettbewerb und dem Überangebot an Neuwagen. Muss ein neues Geschäftsmodell nicht auch für bessere Margen im Verkauf sorgen?
T. Zahn: Selbstverständlich ist es unser gemeinsames Ziel, die Renditen im Neuwagenverkauf zu stärken. Das neue Geschäftsmodell wird auch diesen wichtigen Aspekt berücksichtigen müssen.
Wie sieht der digitalisierte Showroom der Zukunft aus?
T. Zahn: Auf unserem Kongress in Bonn haben wir gezeigt, wie die Handelsintegration Deutschland "HID" und wie die weiteren Systeme entlang der "Customer Experience" funktionieren. Von der Informationsphase des Kunden im Internet, der Vor- und Verkaufsphase, die Vorauslieferungsphase, die Auslieferung selbst, die Nachsorge, die Servicephase und die Wiedervermarktung. Die HID ist unser Kernsystem. Darum dreht sich alles. Über "HID mobile" - also auf dem Tablet-Computer - ist das gesamte System vernetzt. Im neuen Verkäuferarbeitsplatz gibt es etwa einen neuen Konfigurator und in Verbindung damit ist die Virtual-Reality-Brille ein echtes Asset. Es lässt sich damit ein sensationelles 3-D-Erlebnis erzeugen. Das Thema ist auch bei unseren Händler sehr gut angekommen, und der Rollout des Verkäuferarbeitslatzes erfolgt bereits in Kürze. Bis die heute noch sehr kostenintensiven neuen Techniken, wie die holografische Darstellung, in der Ausstellung im Handel Einzug halten, wird es allerdings noch dauern. Denn derzeit sind solche Techniken hinsichtlich der Kosten nicht darstellbar.
Sie sprechen von Kostensenkungen im Vertrieb. Mit welchem Investment muss der Händler für die neuen Technologien rechnen?
T. Zahn: Wir erleben doch gerade, mit welchem Tempo sich die Dinge im Zeitalter der Digitalisierung sehr dynamisch verändern. Das gleiche gilt für die Kundenbedürfnisse. Wir werden daher mit Augenmaß vorgehen, um die Investitionen und Kosten für den Handel in einem sinnvollen Rahmen zu halten.
Herr Zahn, herzlichen Dank für das Gespräch.
Das vollständige Interview mit VW-Vertriebschef Thomas Zahn lesen Sie in AUTOHAUS 5, das am 6. März erscheint.
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