Kaufvertragsrecht: Vereinbarung fixieren

Grundsätzlich verjähren sogenannte Gewährleistungsansprüche (offizieller Begriff: Sachmängelhaftungsansprüche) beim Verkauf beweglicher Sachen gemäß § 438 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in zwei Jahren ab Übergabe. Je nach Konstellation dürfen davon Abweichungen vereinbart werden. Geht hierbei jedoch etwas "schief", bleibt es bei den zwei Jahren! "Dauerbrenner" B2C Beim Handel B2C (Business-to-Consumer), dem Verbrauchsgüterkauf, ist seit der "Scharfschaltung" der auf Europäischen Richtlinien fußenden sogenannten "Schuldrechtsreform II" zum 01.01.2022 im BGB die Reduzierung der Gewährleistung auf ein Jahr erheblich erschwert worden. Ein Ausschluss der Gewährleistung war in diesem Verhältnis bereits davor schon nicht möglich. Die Gewährleistungsverkürzung setzt bei B2C-Geschäften heutzutage gemäß § 476 Abs. 2 BGB voraus, dass "der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt wurde und die Verkürzung der Verjährungsfrist im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde". Zwischen der vorvertraglichen Aufklärung und dem Vertragsschluss muss dem Verbraucher ausreichende Zeit für eine wohlüberlegte Entscheidung verbleiben. Die bisherige schlanke Regelung in den von den einschlägigen Verbänden empfohlenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), konkret hier den Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen (GWVB), dürfte also aufgrund der Forderung einer ausdrücklichen und gesonderten Vereinbarung im Verhältnis B2C nicht mehr zulässig sein. Daher wurde sie aus den üblichen Bedingungsempfehlungen im Stand 2022 auch herausgepflegt. Sinnvollerweise ist die im Juristen-Jargon sogenannte "Vor- und eigens"-Information zur vorvertraglichen Aufklärung in einem von den einschlägigen Verlagen in Formularsätzen erhältlichen Dokument vom Verbraucher unterzeichnen zu lassen und das alles dann nochmals ausdrücklich und gesondert individualvertraglich in dem üblichen Kaufvertragsformular, wie z. B. der häufig verwendeten zu bestätigenden Verbindlichen Bestellung, unterzubringen. Sicherheitshalber sollte, bis sich eine vielleicht weniger formalistische, belastbare Rechtsprechung dazu entwickelt hat, zunächst tatsächlich mit zwei Dokumenten gearbeitet werden. Nochmals: Wer hier auch nur den geringsten Fehler macht, riskiert unnötigerweise, in die volle Gewährleistung von zwei Jahren zu laufen. Auch bei B2B gilt Gewährleistung Gilt beim B2B-Geschäft (Business-to-Business) über Gebrauchtwagen ein automatischer Gewährleistungsausschluss? Das ist nicht der Fall. Entgegen einem recht weit verbreiteten Glauben gelten auch im B2B-Verhältnis grundsätzlich zwei Jahre Gewährleistung. Fatal ist daher, wenn Händler beim Verkauf von Gebrauchtwagen an andere Unternehmer rein telefonisch oder lediglich mit einer kurzen E-Mail agieren, ohne Vereinbarungen zur Gewährleistungsverjährung bzw. ohne zumindest Verweis auf die eigenen GWVB, die standardmäßig und zulässigerweise auch noch heute für die Konstellation B2B einen Gewährleistungsausschluss enthalten. Selbst wenn auf der dann häufig lediglich als einziges schriftliches Dokument existierenden Rechnung ein Verweis auf die AGB des verkaufenden Händlers steht, wäre dies - wenn vorher keine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde - zu spät. AGB müssen nämlich generell bereits bei Vertragsschluss - also bei Angebot und Annahme - einbezogen werden, sodass ein nachträglicher Verweis selbst im Verhältnis B2B nicht ausreicht. Im Falle B2B gelten allerdings keine besonders strengen Einbeziehungsvoraussetzungen für AGB. Hier kann eine Einbeziehung durch konkludentes (schlüssiges) Verhalten genügen, wenn der Verwender - bei Vertragsschluss - erkennbar auf seine AGB verweist und der andere Teil ihrer Geltung nicht widerspricht. Will man die Einbeziehung für weitere Geschäfte mit demselben Vertragspartner erleichtern, bieten sich unter Unternehmern auch Rahmenverträge an. Augen auf bei fremden Einkaufsbedingungen! Wer an andere Unternehmer verkauft, beispielsweise auch über Marktplätze und Handelsplattformen wie Auktionen und Börsen, sollte vorher unbedingt eventuelle dortige AGB für die Verkäufer bzw. Einlieferer gründlich studieren, um vor bösen Überraschungen sicher zu sein. Solche Einkaufs- oder Nutzungsbedingungen können nämlich generelle sogenannte Abwehrklauseln enthalten, welche pauschal dem gesamten Regelwerk der anderen Partei - z. B. eben den Verkaufsbedingungen des Händlers - widersprechen oder gar die Bestimmung, dass die Gewährleistung des Händlers tatsächlich ein oder zwei Jahre betragen soll. Hier stellt sich dann die Frage, was bei einer solchen Kollision von AGB gilt. In der Regel nimmt die Rechtsprechung, allen voran auch der Bundesgerichtshof (BGH), hier das Prinzip der Kongruenzgeltung an, wonach die AGB beider Parteien nur insoweit Vertragsbestandteil werden, als sie übereinstimmen. Soweit der Händler also in seinen AGB für das Verhältnis B2B beim Gebrauchtwagenverkauf an sich zulässigerweise einen Gewährleistungsausschluss vorsieht, die andere Partei jedoch eine Abwehrklausel oder anderweitige Detailklausel in deren zur Einbeziehung geforderten z. B. Einkaufsbedingungen eingepflegt hat, werden beide Klauselwerke jedenfalls zum Thema Gewährleistung neutralisiert. Es gilt dann das Gesetz, was in diesem Falle eben für den verkaufenden Händler schlecht ist, da es, wie eingangs dargelegt, wenn nichts anderes wirksam vereinbart ist, auch beim B2B-Geschäft über Gebrauchtwagen eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren vorsieht. Stellt der verkaufende Händler also fest, dass sich die AGB-Klauseln der Parteien hier widersprechen, sollte eine ausdrückliche individualvertragliche Regelung herbeigeführt werden oder aber muss sich der Händler zumindest bewusst sein, dass sein AGB-Gewährleistungsausschluss in diesem Falle zum zahnlosen Papiertiger degradiert wird. Tipp: Vorteile durch das HGB Handelt es sich bei den Parteien im B2B-Geschäft nicht nur um Unternehmer (dazu gehören z. B. ja auch Ärzte, Steuerberater etc.), sondern um echte Kaufleute, für welche das Geschäft ein Handelsgeschäft darstellt (wie z. B. eine GmbH), so gilt über das BGB hinaus zusätzlich noch das Handelsgesetzbuch (HGB) und dort § 377. Danach "hat der Käufer die Ware unverzüglich nach Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden." Tut der kaufmännische Käufer das dann nicht, verliert er seine Gewährleistungsrechte allein schon deshalb. Dabei lässt die Rechtsprechung bei üblichem Geschäftsablauf für die "Unverzüglichkeit" nur wenige Tage zu. Verletzt der Kaufmann hier also seine Pflichten, kommt es auf den Lauf der gesetzlichen Gewährleistung nach dem BGB bzw. deren wirksamen Ausschluss somit gar nicht mehr an. K. MARTIN HAKE Rechtsanwalt, der sich seit 30 Jahren schwerpunktmäßig den Gebieten des Autoverkaufs-, Reparatur- und Unfallschadensrechts sowie dem Handelsrecht und auch Verkehrsstraf- und Bußgeldsachen, ferner dem Recht des Forderungsmanagements im Kfz-Bereich widmet. Gemeinsam mit den Anwältenin seiner Kanzlei "Hake Rechtsanwälte" (kontakt@hake-rechtsanwaelte.de) ist er deutschlandweit bei der Beratung sowie außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung insbesondere von Kfz-Händlern und Werkstätten sowie Herstellern und Importeuren im Einsatz. Parallel betätigt sich der Spezialist für Autorecht als Autor von Fachbüchern, Fachbeiträgen in Zeitschriften sowie als Konzeptionist und Dozent u. a. für die zertifizierten Lehrgänge der Branche rund um das Thema Kfz-Recht. Seine Bücher "Rechtsfragen der Kfz-Werkstatt" (8. Auflage), "Rechtssicherheit beim Autoverkauf" und die Fibel "Forderungsmanagement im Autohaus" sind im Verlag Springer Fachmedien erhältlich. www.hake-rechtsanwaelte.de

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