Im Zuge des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei Dieselautos wollen die Umweltminister mehrerer Bundesländer den Kraftstoff teurer machen. Steuervorteile gegenüber Benzin sollen schrittweise abgebaut werden, fordern die Ressortchefs aus Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, Hessen und Niedersachsen in einem gemeinsamen Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Auch generelle Tempo-30-Limits in Innenstädten und eine Quote für Elektrofahrzeuge der Autohersteller sollen demnach geprüft werden.
Höhere Steuern auf Diesel könnten Investitionen für saubere Stadtluft mitfinanzieren, sagte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel vor einem Treffen der Umweltminister der Länder am Donnerstag in Berlin. Es gehe etwa um neue Radwege, Elektro-Pkw und -Busse oder strengere Umweltzonen. "Die Frage ist, wer das alles finanziert und welchen Beitrag der Bund leistet", sagte der Grünen-Politiker. "Die Anpassung der Mineralölsteuer für Diesel könnte hier einen Beitrag leisten."
Die Forderungen stammen aus einem Beschlussvorschlag für die Sonder-Umweltministerkonferenz zum Abgas-Skandal. Ob die Beschlüsse wie von den fünf Ländern gewünscht durchkommen, ist unklar - die Umweltministerkonferenz trifft Beschlüsse einstimmig. In der Vorlage fehlen als Unterzeichner die Ressortchefs aus den Ländern der Porsche- und Mercedes-Heimat Baden-Württemberg sowie der BMW- und Audi-Heimat Bayern. Die deutschen Autobauer sind für hohe Diesel-Anteile bekannt.
Das Thema Dieselsteuer sei strittig, sagte der Staatssekretär für Verkehr und Umwelt des gastgebenden Landes Berlin, Christian Gaebler (SPD), der dpa. Dieselautos hätten beim CO2-Ausstoß einen Vorteil. "Ich glaube, deswegen muss man da die Kirche im Dorf lassen."
Zudem müsste die schwarz-rote Koalition in Berlin für die Änderung Bundesgesetze anpassen, die fünf Länder wollen das Kabinett lediglich zum Handeln auffordern. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte Forderungen nach einer Erhöhung der Steuer auf Diesel im Dezember zurückgewiesen. Der Großteil der Fragen, die sich aus der Affäre um manipulierte Abgaswerte ergeben, betrifft das Verkehrsressort.
Diesel-Verteuerung träfe Handwerk und Verbraucher
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) lehnt eine Abschaffung der steuerlichen Diesel-Privilegierung ab. Eine Verteuerung des Dieselkraftstoffs würde Handwerk und Verbraucher schädigen, so ein ZDK-Sprecher. Dieselfahrer würden dann dreifach zur Kasse gebeten: beim höheren Anschaffungspreis, bei der Steuer und schließlich beim Kraftstoff. Das träfe vor allem viele Millionen Berufspendler, die sich aus guten Gründen für sparsame und effiziente Dieselfahrzeuge entschieden hätten.
Auch Handwerker und Logistikdienstleister setzten auf die verbrauchsarme Dieseltechnik und müssten die zusätzlichen Kosten an die Kunden weitergeben. Außerdem sei die moderne Dieseltechnik für das Erreichen der europäischen Klimaschutzziele unverzichtbar. Die Euro-6-Norm, die seit dem 1. September 2015 für alle Neuzulassungen verbindlich ist, bedeute Umwelt- und Verbraucherschutz zugleich. Und ohne den Verbrauchsvorteil des Diesels lasse sich der von der Europäischen Union für das Jahr 2020 verabschiedete CO2-Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer nicht einhalten.
Auto Club Europa: Steuersätze für Diesel und Benzin angleichen
Der Auto Club Europa (ACE) spricht sich für eine Angleichung der Steuersätze von Diesel und Benzin aus. Allerdings soll der Preis für Diesel dabei nicht steigen. Mittelfristig sei eine Harmonisierung der Besteuerung auf dem niedrigeren Niveau des Diesel-Steuersatzes angebracht, sagte Vorstandschef Stefan Heimlich am Donnerstag in Stuttgart. "Mittelfristig, weil sich Verbraucher beim Kauf der Fahrzeuge auf das Steuerversprechen verlassen haben." Eine Umstiegszeit sei angesichts von 14 Millionen auf deutschen Straßen fahrenden Diesel-Pkw notwendig.
Ein neues Steuersystem sollte nach Meinung von Heimlich so angelegt sein, dass ohne Probleme auch alternative Antriebe integriert werden können. "Denn ein Steuersystem ist nur dann zukunftsorientiert, wenn es den Energiegehalt und die Umweltverträglichkeit berücksichtigt." (dpa)
Michael Kühn
wallibelli(E.Kühlwetter)
heicoma
Leonardo Geraci
Dorfkind