Mut zum Mini, lautet das Motto der Autoindustrie in diesem Frühjahr. Angesichts der Konjunktur- und Konsumflaute besinnen sich die europäischen Autohersteller auf preiswerte Kleinwagen zurück. Die kleinen Flitzer zu einem Preis unter 10.000 Euro sollen neue Käufer locken und den Automarkt ankurbeln. Viele Branchenbeobachter sind aber skeptisch, ob die Kunden anbeißen werden und ob die Hersteller mit den Auto-Zwergen wirklich Geld verdienen können.
Volkswagen schickt Ende
April den in
Brasilien gebauten Fox für 8.950 Euro ins Rennen.
Ford setzt auf das
Sondermodell Ka Student.
Peugeot und
Citroën haben gemeinsam mit
Toyota einen 3,43 Meter kurzen
Kleinwagen entwickelt – die Drillinge Citroën C1, Peugeot 107 und Toyota Aygo. Der französische Autobauer
Renault will den in Rumänien gefertigten Logan ab Sommer für 7.500 Euro hier zu Lande anbieten. Wegen der hohen
Lohnkosten in
Deutschland rentiert sich die
Produktion der kleinen Wagen nur im
Ausland.
"Die Winzlinge bieten Potenzial, weil sie in eine Lücke stoßen", zeigt sich Autoanalyst Frank Biller von der BW-Bank zuversichtlich. Die europäischen
Hersteller hätten aber das Kleinwagen-Segment lange vernachlässigt. Schneller, größer, luxuriöser – das war jahrelang die Devise der Firmen. Die Hersteller bauten selbst in Kompaktwagen technische Finessen ein, weil Kunden bessere Ausstattung und mehr
Sicherheit verlangten. "Kleinwagen wie Corsa und Polo sind keine Kleinwagen mehr", erklärt Autoexperte Eric Heymann von der Deutschen Bank. "Die Hersteller haben diesen Markt den Japanern und Koreanern überlassen."
Marketing-Masche?
Die Mini-Autos sollen dem stagnierenden deutschen
Automarkt in diesem Jahr Impulse geben und für das prognostizierte Wachstum von zwei Prozent bei den
Neuzulassungen sorgen. Das erhoffte Heil können sie den Kompaktwagen-Produzenten aber kaum bringen. "Billigautos sind eine kleine Nische, die ökonomisch unbedeutend ist, weil sie keine nennenswerten Erträge bringt", sagt der Autoanalyst der Metzler Bank, Jürgen Pieper. "Der Trend zum
Billigauto ist nur eine Marketing-Masche. Die Hersteller springen dem Geiz-ist-Geil-Motto hinterher."
Lediglich 3,9 Prozent aller in Deutschland verkauften Autos hatten 2004 nach einer
Studie des Forschungs-Institutes Center Automotive Research einen
Listenpreis unter 10.000 Euro. Ihr Anteil könnte laut
Prognose 2006 auf bis zu sieben Prozent klettern. Andere Experten sehen die Billigwagen nur als kleine Minderheit mit maximal fünf Prozent Marktanteil. "Ein neuer Trend zu 'billig, billig, billig' lässt sich nicht ausmachen", so der Präsident des Verbandes der
Automobilindustrie,
Bernd Gottschalk. "Der
Preis ist nicht alles."
Kaufinteressenten wollen tief in die Tasche greifen
Bestätigung findet diese Aussage in der aktuellen Verbraucher-Befragung "Der Markt der
Mobilität" des Focus Magazin Verlags. Demnach wollen von den errechneten 2,1 Mio. potenziellen Neuwagenkäufern nahezu die Hälfte in den kommenden zwei Jahren mindestens 20.000 Euro für ein neues Auto investieren. Weitere knapp 23 Prozent würden zwischen 15.000 und 20.000 Euro aufwenden. Dagegen planen nur 6,4 Prozent der Befragten, in den nächsten zwei Jahren für ein Neufahrzeug weniger als 10.000 Euro auszugeben.
Laut einer Forschungsstudie von British American Tobacco steht zwar speziell bei der jungen Klientel der sparsame
Spritverbrauch als Kaufkriterium ganz oben. Dennoch erwarten die jungen Kunden von einem
Neuwagen zugleich ein hohes Sicherheitsniveau und gute Verabreitung. Außerdem dürfen gehobene Ausstattungsfeatures wie
Klimaanlage, CD-Radio oder
Navigationssystem nicht fehlen. Deshalb werden vor allem Einfach-Autos mit wenig
Technik und biederem
Design wie der
Dacia Logan wenig Verkaufschancen eingeräumt.
Nach den Worten von Wolfgang Meinig von der Bamberger Forschungsstelle Automobilwirtschaft sind die Mini-Wagen insbesondere für die
Kundenbindung wichtig: "Wer einmal ein kleines Auto fährt, der träumt auch von größeren Autos." Die Hersteller könnten sich einen treuen Kundenstamm aufbauen. Als potenzielle Käufer für Billigautos gelten
Fahranfänger, Studenten, junge Mütter und Familien, die einen Zweit- oder Drittwagen brauchen. BW-Analyst Biller sieht aber noch eine Käuferschicht: "Die Kleinwagen machen auch
Gebrauchtwagen Konkurrenz."
Marion Trimborn/Ralf Padrtka