Steigende Benzinpreise, sparsame Kunden und clevere Japaner haben Europas Autobauer unter Druck gesetzt: Lange Zeit schauten DaimlerChrysler, Renault, VW oder BMW neidisch auf Branchenprimus Toyota, der mit dem umweltfreundlichen Hybrid-Antrieb in den USA Erfolge feiert und hunderttausende Fahrzeuge verkauft. Doch die Europäer sind aufgewacht und wollen nun zweigleisig auf die asiatische Herausforderung reagieren.
Auf dem Genfer Autosalon präsentieren sie eigene Hybrid-Konzepte, verweisen aber zugleich mit Nachdruck auf ihre Technologieführerschaft beim
Diesel. "Die deutschen Autohersteller starten auf allen wichtigen Weltmärkten die Diesel-Offensive", sagte der Präsident des Verbandes der deutschen
Automobilindustrie (
VDA),
Bernd Gottschalk. Bei DaimlerChrysler heißt das Zauberwort "Bluetec" – die Stuttgarter glauben, dass der nach eigenen Angaben sauberste Diesel der Welt ein größeres Potenzial als der
Hybrid hat. "Unser Ziel ist es, Bluetec spätestens im Jahr 2008 in
Europa in einem
Pkw anbieten zu können", sagte Konzernchef
Dieter Zetsche. In den
USA bietet DaimlerChrysler bereits ab September Fahrzeuge mit dem Bluetec-Diesel an, der auch die strengsten Abgasvorschriften meistert.
Doch auf dem wichtigsten
Automarkt der Welt müssen die europäischen Diesel-Spezialisten zunächst Vorurteile abbauen. Jahrzehntelang hatte der Diesel bei den Amerikanern das
Image eines lahmen und stinkenden Antriebs. Doch angesichts steigender Tankrechnungen merken die Kunden, dass der Diesel 25 bis 30 Prozent weniger
Kraftstoff verbraucht als ein
Benziner. Zudem gibt es deutlich mehr Tankstellen, die Diesel an den Zapfsäulen eingeführt haben. Der Wettlauf zwischen Hybrid und Diesel um die Krone der
Nachhaltigkeit bleibe spannend, sagte VDA-Präsident Gottschalk.
2005 wurden auf dem US-Markt 543.000 Dieselfahrzeuge neu zugelassen – deutlich mehr als
Hybridfahrzeuge. Auf jeden Hybrid kommen in den USA aber nur zwei bis drei Diesel. Zum Vergleich: In Europa hat der Diesel bei den
Neuzulassungen einen Marktanteil von knapp 50 Prozent.
PSA greift an
In Sachen Hybrid preschen in Genf auch die Franzosen vor.
Peugeot stellt das Coupé-Cabriolet 307 CC Hybrid HDi vor, das den bekannten 1,6-Liter-Diesel mit 109 PS samt
Partikelfilter mit einem Elektromotor kombiniert. Das Auto soll 4,1 Liter Diesel auf 100 Kilometer verbrauchen. Als Reaktion auf den Kraftstoff-Preisschub zeigt
Citroën den C4 Hybrid HDi. Das Konzeptauto verbraucht 20 Prozent weniger als ein Benziner und nutzt im Innenstadt-Verkehr zusätzlich einen umweltschonenden Elektromotor.
Doch die Japaner machen auf dem Autosalon deutlich, dass sie ihre Hybrid-Marktführerschaft nicht kampflos abgeben werden. "Für uns hat der Hybrid-Antrieb eine zentrale Bedeutung. Wir werden ihn in Zukunft zu einem
Markenzeichen für
Lexus machen", sagte der Chef der Toyota-Luxusmarke Lexus in Europa, Stuart McCullough. Neben dem neuen
Geländewagen RX 400H, der noch in diesem Jahr nach
Deutschland kommt, soll künftig auch der neue Lexus GS mit Hybrid-Antrieb angeboten werden. Daneben stellt
Mazda in Genf mit dem 3 MPS ein
Konzeptfahrzeug mit Wasserstoff-Hybrid-Antrieb vor,
Mitsubishi sogar ein Auto, das über Elektromotoren in allen vier Rädern verfügt.
Mit Hochdruck im Hintergrund
Die deutschen Autobauer haben in Genf zwar keine Hybrid-Autos prominent platziert, arbeiten aber mit Hochdruck an der
Technik, um den Vorsprung von
Toyota aufzuholen.
General Motors, DaimlerChrysler und
BMW haben sich verbündet und wollen spätestens 2008 mit gemeinsamen Hybrid-Antrieben in Serie gehen. Auch
VW,
Porsche und die
Zulieferer ZF Friedrichshafen und
Continental arbeiten zusammen, um die
Entwicklung der teuren, hochkomplexen Antriebe zu stemmen.
Neben dem Hybrid gibt es noch andere viel versprechende Alternativen wie
Biomasse,
Wasserstoff oder
Brennstoffzelle. Europas größter Autobauer
Volkswagen setzte sich in Genf mit einer Nachhaltigkeitsstrategie in Szene. Trotz des vor Jahren gefloppten Drei-Liter-Autos glaubt das Unternehmen weiter daran, dass Autos mit innovativen Antrieben eine große Zukunft vor sich haben. "Unser Konzept für eine nachhaltige Energiepolitik heißt vor allem Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen", sagte VW-Konzernchef Bernd Pischetsrieder. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen alle Motoren der Wolfsburger in der Lage sein, neben klassischen Kraftstoffen alternativ auch
Bioethanol oder SunFuel zu verbrennen.
(Tim Braune und Frank Heidmann, dpa)