Für innovative Antriebstechnologien, spektakuläre Crossover-Studien und die neuesten Trends interessiert sich auf der Automesse Techno Classica (bis 3. April) in Essen niemand. Blitzender Chrom, strahlende Kühlerfiguren und jede Menge automobiler Individualismus - was Besucher der internationalen Automessen seit Jahren schmerzlich vermissen, gibt es in den Grugahallen im Überfluss zu bestaunen.
Anfassen, reinsetzen, fachsimpeln lautet das Motto. Die Autos sind mal wild und verrückt oder spektakulär, mal einzigartig und klassisch, sie haben Charme oder einzigartiges Karma. Die Techno Classica ist definitiv keine Automesse wie jede andere. Wie sollte sie auch? Hier geben Oldtimer den Ton an - in den letzten Jahren effektvoll unterfüttert von einem immer größer werdenden Youngtimertrend. Die präsentierten Fahrzeuge aus den verschiedenen Epochen haben eines gemeinsam: Sie sind alt oder betagt, haben Geschichte und nicht nur Experten lieben ihre Schwächen, die sie sich zumeist über die Jahrzehnte bewahrt haben. Gerade das macht sie so begehrenswert.
Das haben längst auch die Autohersteller verstanden, die Mitte September ihre neuen Karossen auf der IAA strahlen lassen und in Essen ganz andere Zeichen setzen. Audi, BMW, Mercedes-Benz, Opel, Ford, Mercedes, Peugeot oder Citroen setzen ihre automobilen Preziosen bei der Techno Classica eindrucksvoll ins rechte Licht. Der mächtige Daimler-Auftritt in Halle 1 des Messezentrums zeigt, wie Mercedes in diesem Jahr 125 Jahre Automobil feiert.
Dieser Auftritt würde auch noch auf einer 1A-Automesse wie in Frankfurt, Detroit oder Shanghai für Aufsehen sorgen. Wo sonst gibt es in strahlendem Licht 600er-Pullman, Mercedes Simplex und eine goldfarbene G-Klasse zu bestaunen. Der VW-Konzern mit seinen Hauptmarken Volkswagen, Audi und Skoda hält sich lichtstark kaum weniger zurück und lässt die Besucher bei Puma GTS, Cheetah, Quattro-Legenden und dem ersten Golf Cabriolet Prototypen - noch ohne Überrollbügel - staunen.
Rolls-Royce beendet fünfjährige Abstinenz
"In Essen wird nicht nur Tradition gezeigt, sondern die Techno Classica selbst ist uns schon zur Tradition geworden", sagt Karl Baumer, Leiter der BMW Group Classic. "Wir sind besonders froh, dass nach fünfjähriger Abstinenz mit Rolls-Royce auch die Traditionsmarke schlechthin wieder bei uns auf dem Stand vertreten ist." Nicht derart imposant wie bei Mercedes, VW oder BMW präsentiert, aber kaum weniger sehenswert, erstrahlt bei Peugeot das exklusive Laudaulet vom Typ 184, das aus dem Peugeot-Museum in Sochaux seinen Weg nach Essen gefunden hat. "Der Wagen wird von einem Sechszylinder-Motor mit Schiebetechnik und 80 PS angetrieben", strahlt Heinzrudolf Oberhäuser aus dem Peugeot-Museum und zeigt dabei stolz auf die Samtorgie im Luxusfond und den springenden Löwen als Kühlerfigur. "Von dem Peugeot Typ 184 wurden in den Jahren 1928 und 1929 gerade einmal 43 Fahrgestelle gefertigt." Die betagten Stars der Hersteller bekommen in Essen eine große Bühne, doch das eigentliche Geschäft ist ein anderes.