Ausgabe 17/2009: Paradigmenwechsel

Paradigmenwechsel Automobilwirtschaft E Ein Vergleich der Markt- und Finanz-Performance der 17 globalen Automobilkonzernevon Prof. Dr. Stefan BratzelDie im Jahr 2008 einsetzende Finanz- und Wirtschaftskrise wirkt auf den seit einigen Jahren erkennbaren Paradigmenwechsel in der Automobilbranche beschleunigend. Die Neuordnung der Branche wird von grundlegenden Veränderungen der globalen Märkte, der „Neuerfindung“ des Automobils und vom Aufkommen starker, neuer Akteure und Akteurskonstellationen getrieben. Wie sich die 17 großen globalen Automobilhersteller in diesen Zeiten behaupten, analysiert das Center of Automotive zum fünften Mal in Folge mit seiner Studie „AutomotivePerformance 2008/2009“. Darin wird vor allem die Financial und Market Performance der Automobilhersteller untersucht. Mittels des auf 15 Indikatoren basierenden AutomotivePerformance-Index (API) lässt sich die Rangfolge der Leistungskraft der Automobilkonzerne abbilden. Das aktuelle Halbjahres-Update zeigt zusätzlich den Trend auf, welcher sich nach einem Jahr der Krise abzeichnet.VW top, Hyundai holt aufVolkswagen meistert die Krise bislang hervorragend und wird im Jahr 2008/2009 erstmals „Top Automotive Performer“. Der Konzern distanziert sich mit einem API-Wert von 83 Prozent von seinen Wettbewerbern überraschend deutlich, allen voran dem ehemaligen Branchenprimus Toyota. Auch schmilzt im Vergleich zum Vorjahr der Abstand zu den restlichen High Performern (vgl. Abb. 1). Der bald in den Wolfsburger Konzern integrierte Sportwagenbauer Porsche ist nur eingeschränkt mit anderen Herstellern vergleichbar. Insbesondere aufgrund der außerordentlichen Erträge aus der Beteiligung an Volkswagen kommt Porsche im Ranking auf den dritten Platz. Überraschend kann sich jedoch Hyundai mit einem API-Wert von 65 Prozent auf Position vier stark verbessern und in die Gruppe der High Performer vorstoßen. Der südkoreanische Konzern präsentiert sich im Vergleich zu den anderen Herstellern enorm absatzstark. Dank überdurchschnittlicher Renditen im Kern- und Finanzgeschäft bei einer gleichzeitig soliden Strategie zieht er sogar an dem sich signifikant verschlechternden Daimler-Konzern vorbei (API-Wert: 63 Prozent). Zu den High Performern zählen noch BMW und Honda mit API-Werten von 62 bzw. 60 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert sich der Münchner Konzern ebenfalls deutlich, vor allem aufgrund einer stark gesunkenen Rendite. Auch der Honda-Konzern schneidet im Vergleich zum Vorjahr deutlich schlechter ab.Im Performance-Mittelfeld ist die Leistungsdichte sehr hoch. Fiat, Suzuki, Nissan, Renault und PSA liegen nahezu gleichauf. Fiat stabilisiert seine Position der vergangenen Jahre und führt das Mittelfeld an, gefolgt von Suzuki und PSA, die jeweils einen Platz gegenüber dem Vorjahr gutmachen können. PSA überzeugt mit soliden Werten im Finanzbereich: die Umsatzrendite im Finanzgeschäft ist die höchste des gesamten Feldes. Nissan setzt mit weiteren relativen Einbußen der Leistungskraft seinen Negativtrend der letzten Jahre fort und fällt ins Mittelfeld zurück. Renault kann nur den relativ schlechten Vorjahresplatz erreichen.Im Feld der Low Performer zeigt sich ein eindeutiges Leistungsgefälle. Mit 45 Prozent können sich Mazda und Subaru noch recht deutlich von den Ultra-Low Performern absetzen. Mit einem API-Wert von 39 Prozent kann sich Ford zwar im Vergleich zum Vorjahr in den Bereichen Financial (+6 Prozentpunkte) und Market Performance (+11 Prozentpunkte) leicht verbessern, die abzulesende Gesamtleistungsbilanz ist jedoch erkennbar suboptimal. Der Negativtrend beim japanischen Mitsubishi-Konzern setzt sich fort; vor zwei Jahren rangierte er noch im soliden Mittefeld. Tief im Bereich der Ultra-Low Performer steckt General Motors (API-Wert: 26%).Market PerformanceFolgende Ergebnisse zeigen sich im Einzelnen. Die globale Wirtschaftskrise sorgt in den Triade-Märkten (Nordamerika, Westeuropa und Japan) für einen Rückgang der Verkäufe um 12% gegenüber dem Vorjahr. Die stärksten Einbußen verbucht der US-Markt mit 18%. Gleichzeitig steigen die Absätze in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien & China). Die Relevanz der alten Triade-Märkte sinkt langfristig. Von ursprünglich 77% im Jahr 2000 werden in 2008 nur noch 58% am Weltmarktvolumen in den alten Märkten abgesetzt. Das gilt auch und gerade für Deutschland: Setzten die Hersteller im Mittel im Jahr 2000 fast 9 Prozent ihrer Pkw in Deutschland ab, so liegt dieser Wert 2008 nur noch bei rund 6,5 Prozent. Insgesamt verkaufen die Automobilkonzerne im Jahr 2008 über 56,5 Mio. Pkw (über minus 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die höchsten Verluste weisen Toyota sowie GM und Ford auf, die 2008 jeweils über 1 Mio. Einheiten weniger verkaufen können als noch im Jahr 2007. Absatzgewinner sind Hyundai und VW, die als einzige Unternehmen nennenswerte Zuwächse von 120.000 bzw. 96.000 erzielen.Automobilabsatz 2009Trotz staatlicher Konjunkturprogramme bricht der Absatz in den ersten Monaten des Jahres 2009 weiter ein (vgl. Abb. 2). Die Konzerne verkaufen im ersten Halbjahr im Mittel 22,4% weniger Pkw. Allerdings schlagen sich manche Konzerne deutlich besser als andere. Zu den Verlierern zählt Toyota mit Rückgängen von 26,6%. Mit Verlusten zwischen 28 und 35% noch stärker betroffen sind Ford, Nissan und Mitsubishi sowie Daimler und Porsche. BMW kommt mit Absatzrückgängen von knapp 20% in der Krise etwas besser zurecht. Dagegen zählen VW, Fiat und Kia zu den Marktanteilsgewinnern. Mit 3 Mio. verkauften Autos büßt Volkswagen 2009 bislang nur 9% seines Absatzes ein und kann seinen Anteil am geschrumpften Markt vergrößern. Ebenfalls gut schneidet Fiat ab und kommt nur auf einen Absatzverlust von 11%. Die Hyundai-Tochter Kia zeigt sich sehr stark. Als einziger Hersteller setzt Kia im zweiten Quartal mehr Autos ab als im Vorjahreszeitraum und kann damit insgesamt das Absatzniveau im ersten Halbjahr 2009 auf den Stand des Vorjahres bringen (540.000 Pkw). Financial PerformanceDie Profitabilität der 17 globalen Automobilhersteller ist im vergangenen Geschäftsjahr der Krise zum Opfer gefallen und liegt bei -0,7 Prozent (ohne Porsche). Das Renditeniveau der Konzerne lag noch 2007 bei stolzen 4,5 Prozent (ohne Porsche). Bezieht man nur das Automobilgeschäft (bzw. Industriegeschäft) mit ein, so liegt die mittlere Rendite ebenfalls bei einem Minus von 0,7 Prozent (Vorjahr 4,3; ohne Porsche).Die Krise führt auch dazu, dass sich die High, Medium und Low Performer völlig neu sortieren (vgl. Abb. 3): Die jahrelangen „High Financial Performer“ Toyota, Honda, Nissan und BMW verabschieden sich fast komplett ins Drittel der „Low Financial Performer“. Dagegen gelingt Volkswagen und Fiat der Sprung ins Feld der „Top Financial Performer“. VW erzielt mit 6,3 Mrd. Euro den mit Abstand höchsten Gewinn der Automobilkonzerne (den Sonderfall Porsche ausgenommen) und kann damit im Jahr 2008 als einziger Konzern steigende Gewinne verzeichnen. Auch Hyundai schließt sich der Gruppe der High Financial Performer an und kann die Rendite des Vorjahres stabilisieren.Das Mittelfeld besteht zwar aus wenigen Konzernen, ist aber mit Suzuki und vor allem den dorthin abgerutschten Konzernen um Daimler, Honda und BMW sehr prominent besetzt. Im Feld der „Low Financial Performer“ verbleiben die französischen Konzerne Renault und PSA sowie die japanischen Konzerne Mazda, Subaru und Mitsubishi. Überraschend gesellen sich die vormaligen Top-Performer Nissan und Toyota dazu. Toyota rutscht sogar mit einem Verlust von 3,5 Mrd. Euro zu den Ultra-Low Performern GM und Ford ab, was dem schlechtesten Ergebnis aller Hersteller im ersten Kalenderquartal 2009 (= letztes Geschäftsquartal bei Toyota) geschuldet ist. In einer Langzeitbetrachtung seit dem Jahr 2000 summiert sich der Gewinn von Toyota dennoch auf 90 Mrd. Euro, wodurch der Konzern mehr verdient hat als Daimler und Volkswagen im gleichen Zeitraum zusammen. Für die anstehende sicherlich harte Krisenbewältigung hat Toyota zunächst genügend Substanz. Ganz am Ende in Sachen der Profitabilität verbleiben die amerikanischen Konzerne. ProfitabilitätIm ersten Halbjahr 2009 sind die Konzerne in puncto Profitabilität mit einer EBIT-Marge von im Mittel minus 5 Prozent tief in die Krise gerutscht. Aber auch hier gibt es Unterschiede: Die High Performer Volkswagen und Hyundai können ihre Position stabilisieren. Den höchsten Gewinn erwirtschaftet der „Top Automotive Performer 2008“ Volkswagen. Mit 1,2 Mrd. Euro erreichen die Wolfsburger noch eine Rendite von 2,4 Prozent. Hyundai steigert sogar die EBIT-Marge des Vorjahres auf beachtliche 5,75%. Neben der weltweiten Nachfrage nach günstigen Modellen kommt den koreanischen Exporteuren vor allem die Wechselkursentwicklung zugute. So hat eine starke Abwertung des koreanischen Won verglichen zum Vorjahr um ca. 9% zum Euro und 20% zum Dollar die preisliche Wettbewerbsfähigkeit im Ausland gestärkt. Noch im positiven Bereich schneidet neben Suzuki auch BMW mit einer Rendite von fast 0,5% ab. BMW schafft es im zweiten Quartal wieder in die schwarzen Zahlen (169 Mio. Euro) und gleicht damit die Verluste des ersten Quartals (-55 Mio. Euro) aus.Damit kommt der bayrische Konzern durch bereits im Jahr 2008 eingeleitete Restrukturierungen mit den Umsatzeinbrüchen wesentlich besser zurecht als der Wettbewerber aus Stuttgart. Daimler steht mit einem Verlust von 2,5 Mrd. Euro tief in den roten Zahlen, wobei im 2. Quartal die Verluste kaum begrenzt werden konnten. Sehr schlecht kommen bislang die Japaner mit der Krise zurecht, die auch mit einem stärkeren Yen zu kämpfen haben. Toyota verbucht im ersten Halbjahr des Kalenderjahres 2009 6,5 Mrd. Euro Verlust und eine Minusrendite von 11,9%. Auch Mazda (10,6%) sowie Honda (-7,5%) und Nissan (-6,6%) schneiden deutlich schlechter als der Durchschnitt der Konzerne ab. Am unteren Ende rangiert Renault, die im ersten Halbjahr 2009 eine negative Umsatzrendite von minus 17% erwirtschaften. Etwas besser rangiert mit PSA der zweite französische Konzern, der mit einem Minus von 6,7% aber ebenfalls unterdurchschnittlich bleibt. zKurzfassungVolkswagen überholt 2008 Toyota nach jahrelanger Dominanz und wird mit deutlichem Abstand leistungsstärkster Automobilkonzern. Japanische Hersteller, allen voran Toyota, erweisen sich bislang nicht als krisenresistent, sondern leiden überdurchschnittlich. Die vormals großen drei amerikanischen Hersteller befinden sich im Umbruch. Der koreanische Hyundai Konzern, zu dem auch die Automarke Kia zählt, zeigt sich neben Volkswagen derzeit als Krisengewinner. Schlecht steht es derweil um die französischen Konzerne, wobei besonders Renault in 2009 hohe Verluste schreibt.BestellinformationGlobale Automobilkonzerne im Vergleich: AutomotivePerformance 2008/2009: Eine Analyse des Markt- und Finanzerfolgs der 17 größten Automobilhersteller. ca. 80 Seiten, ca. 44 Tabellen und farbige Abbildungen. Preis: 249 Euro (zzgl. MwSt.) als gedrucktes Exemplar, Preis: 399 Euro (zzgl. MwSt.) als PDF (Unternehmenslizenz) inklusive Power-Point-Präsentation mit den Abbildungen und Tabellen aus der Studie; mit Daten des 1./2. Quartals 2009.Bestellung: www.center-of-automotive.de

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