Ausgabe 07/2011: Offene Wunden

Offene WundenAutomobiler Aschermittwoch E Topveranstaltung der Branche kontra Passau (CSU), Vilshofen (SPD), Straubing (FDP) und die übrigen kleinen Stammtische am politischen Aschermittwoch. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGEinen Beweis für die Bedeutung der Veranstaltung lieferte auch die Anwesenheit der Bonner Branchenvertretung mit Herrn Dr. Koblitz an der Spitze. Die Aufmerksamkeit an diesem Abend galt jedoch der Automobilpolitischen Bühne und dort selbstverständlich den mit Spannung erwarteten kritischen Worten des AUTOHAUS-Herausgebers Prof. Hannes Brachat. Die Anziehungskraft dieses nun schon traditionsreichen Automobilen Aschermittwochs in Abensberg ist enorm, dies erkennt man schon daran, dass die Zahl der Gäste mit über 650 Anmeldungen bei weitem die SPD-Konkurrenzveranstaltung in Vilshofen überstieg. Und nicht nur diese Zahl zeugt von der Bedeutung dieser automobilen Dienstleistungsbranche, vielmehr muss den Politikern endlich bewusst werden, dass die Zahl der Arbeitsplätze, die die Autohäuser mit ihren Werkstattbetrieben in Deutschland bieten, höher ist als die Zahl der Arbeitsplätze bei Mercedes und BMW zusammen. Und genau hier besteht auch die Verbindung zum Thema Steuern: All diese Kfz-Betriebe mit ihren Inhabern zahlen ihre Steuern auf ihre Gewinne in Deutschland, wer kann dies gleichermaßen von Mercedes und BMW und anderen Konzernen behaupten? Wo bleiben die Wahlversprechen der Regierungsparteien, die 1 %-Regelung für die Versteuerung der privaten Pkw-Nutzung samt des Zuschlags für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte einer Reform zu unterziehen und an die Realitäten echter Marktpreise anzupassen? Sind die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller für Neufahrzeuge nicht vielmehr Mondpreise? Den Beweis liefert so mancher Hersteller selber, wenn er den Gebrauchtwagenmarkt mit Tageszulassungen überschwemmt und solche Neufahrzeuge zu einem deutlich niedrigeren Preis am Markt verramscht! Wo bleibt denn da die Vertragstreue des Herstellers zu seinen Händlern? Hannes Brachat verwies zu Recht auf die hohen Umsatzrenditen der Hersteller, während diese ihre Händler gerade noch mit einer positiven Umsatzrendite überleben lassen.Doppelsinniger Schmierstoff Ist man wirklich ein Schelm, wenn man glaubt, dass die Politik bei so manchen Entscheidungen den Interessen der Ölindustrie näher steht als dem Verbraucher in Deutschland? Beweist nicht doch die Mineralölsteuer geradezu die „Kumpanei zwischen Regierung und Ölindustrie“ – so die Frage von Hannes Brachat. Ist nicht auch jede Preiserhöhung bei Benzin und Diesel zugleich ein Segen für den Bundeshaushalt, indem jeweils auch die Mehrwertsteuer prozentual mitwächst? Für wie dumm wird der Bürger eigentlich gehalten, wenn im Anschluss an den „Benzingipfel“ (gemeint ist nicht etwa die Spitze der Preisspirale beim Kraftstoff, sondern die hektische Aktion anlässlich der E10-Problematiken) von Politik und Industrie behauptet wird, der E10-Streik der Verbraucher sei allein Folge der Verunsicherung darüber, welche Fahrzeuge E10 vertragen? So wurde dieses Thema bei den politischen Aschermittwochs-Treffs – außerhalb des Automobilen Aschermittwochs – in den Hintergrund verdrängt, denn die wahren Gründe könnten auch ganz woanders liegen: Bisher konnte doch kein Politiker glaubwürdig darstellen, dass eine ökologische Bilanz der Vor- und Nachteile von E10 tatsächlich positiv ausgehen würde. E10: Öko-Bilanz fehlt?Wird mit einem „Öko-Siegel“ für E10 nicht vielmehr sowohl von der Industrie als auch der Politik die Problematik verdrängt, dass Deutschland womöglich den Weg zur Elektromobilität bereits längst verschlafen hat und andere Länder auf diesem Sektor damit einen Entwicklungsvorsprung erreichen konnten? Auch die damit zusammenhängenden betriebswirtschaftlichen Fragen wurden auf dem Automobilen Aschermittwoch nicht ausgespart: Was denkt sich ein Hersteller, der Händlerverträge von mehr als 200 Seiten für ein Investment der Händler von 100.000 Euro und mehr anbietet, wenn diese Marke im letzten Jahr gerade einmal ein paar Tausend Autos auf dem deutschen Markt verkaufen konnte. Wenn mit der neuen GVO wieder die Markenabhängigkeit eines Händlers in den Vordergrund rückt, müssten dann nicht vielmehr die Investitionen jeweils aufgrund der Markenabhängigkeit vom Hersteller erfolgen, der sich sodann einen Pächter/Händler für seinen Betrieb suchen muss? Das Investitionsrisiko müsste dann aber beim Hersteller verbleiben! Ich meine, wer dennoch in der Kfz-Handels- und Servicebranche Investitionsentscheidungen trifft, die nicht betriebswirtschaftlich fundiert sind, schwächt die ganze Branche und verhindert damit, dass die Hersteller gezwungen sind, von ihrer Umsatzrendite etwas mehr dem Kraftfahrzeughandel und seinen Servicebetrieben zu belassen.Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Das „Wahlversprechen“ der Koalitionsregierung zur Verbesserung (nicht Erhöhung!) der 1 %-Regelung für die Nutzung betrieblicher Pkw ist immer noch offen.2. Das E10-Dilemma mit Preiserhöhungen für Super (95) spielt dem Bundesfinanzminister zusätzlich Umsatzsteuer in die Hände?!3. Wo bleiben die Interessen der Handels- und Servicebetriebe, wenn Hersteller ein X-faches an Umsatzrendite erzielen? Der AUTOHAUS-Aschermittwoch legte die Finger in die offenen Wunden!Kommentar< Diese Aschermittwochsveranstaltung verdeutlicht, dass die Unternehmer der Kfz-Handels- und -Servicebranche bei jeder Gelegenheit ihren politischen Einfluss, sei es vor Ort oder in der Bundespolitik, geltend machen müssen, um ihre Interessen berücksichtigt zu wissen: Es kann nicht sein, dass eine Branche wie die Hotellerie eine Mehrwertsteuersenkung erhält, während die Dienstwagenbesteuerung dahingehend verschärft wird, dass jedes dem Unternehmer zur Verfügung stehende Fahrzeug künftig der 1 %-Regelung unterfallen soll. Wo bleibt die Anerkennung der Politiker für die Kfz-Handels- und -Servicebranche, die im Vergleich zu so manchem Hersteller eine lächerliche Umsatzrendite erwirtschaftet, aber gleichwohl für eine immense Zahl von Arbeitsplätzen und insbesondere auch Ausbildungsplätzen sorgt. Oftmals scheinen die Politiker wirklich nicht zu wissen, wovon sie reden, wenn sie auch weiterhin bei der Gewerbesteuer beispielsweise nicht einmal bereit sind, die Vorschriften über die Substanzbesteuerung – gemeint sind die Hinzurechnungsbeträge für Mieten, Zinsen, Pachten, etc. – abzuschaffen oder wenigstens weiter abzumildern. Dies stellt eine Besteuerung von Kosten(!) dar und keine Gewinnbesteuerung mehr. Nur steter Tropfen höhlt den Stein – dies sollten alle Inhaber beherzigen und vehement und auch einmal lautstark auf den Unsinn solcher steuerlichen Regelungen hinweisen. >

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