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Nachruf: Zum Tode von Grandseigneur Bruno Widmann

04.09.2023 12:21 Uhr | Lesezeit: 5 min
Autohaus-Unternehmer Bruno Widmann
Bruno Widmann wurde 95 Jahre alt.
© Foto: Prof. Hannes Brachat/AUTOHAUS

Mercedes-Händler Bruno Widmann hat markante Handelsgeschichte geschrieben - erst solo und später im Verbund mit Sohn und Schwiegertochter. Jetzt ist der Unternehmer im Alter von 95 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

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Wir nehmen heute Abschied von einer Persönlichkeit, die im deutschen Automobilhandel der Nachkriegszeit in die erste Reihe der Repräsentanten zu setzen ist. Es ist eine einmalige Dimension, was Bruno Widmann und - ab 1989 - sein Sohn Bernd und seine Schwiegertochter Lisa im Verbund als sichtbares Handelswerk bis heute geschaffen haben. Dort im schwäbischen Aalen, der Firmenzentrale, wirkt die tiefe Wurzel, die alles Dezentrale heute an 14 deutschen Mercedes-Benz-Standorten in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Brandenburg mit 1.050 Mitarbeitern unter dem Firmenslogan "Widmann bewegt" prägt.

Der Charismatiker

Der Start für das großartige Lebenswerk legte Bruno Widmann 1956 mit einer Freien Werkstatt in Hussenhofen-Schwäbisch Gmünd. Bruno Widmann war ein Mann mit Adlerblick, meint, er hatte stets den Überblick, auch im Detail. Seine Vorstellungskraft führte ihn 1967 zu einer markanten Betriebsinvestition in Aalen, der zentralen Schaltzentrale bis heute. Da schüttelte damals jeder ob der erstellten Betriebsdimension den Kopf. Ja, er konnte noch ursächlich von seinen Erfahrungen als Ordonanz im Offizierscasino in französischer Kriegsgefangenschaft berichten. Bruno Widmann: "Dort habe ich das Dienen, Servieren gelernt." Siehe da, er war bei all seinen Veranstaltungen, ob Neubaufertigstellung, Jubiläum, Geburtstagen immer ein sehr herzlicher wie großzügiger Gastgeber. Ein Gestalter. 

Aus diesen Kriegserfahrungen brachte Bruni Widmann ebenso eine ganz große Tugend mit, die ihn auszeichnete: Mut! Oft hat er in seinem über 60-jährigen Branchenwirken auch seinen Kunden gegenüber den "Mut zur guten Tat" im Alltag gelebt. Das fiel 2006 beim Festabend zum 50-jährigen Firmenjubiläum auf. Er kannte Hinz und Kunz, eben auch die Spezies all seiner Lkw-Kunden. Klar, auch die Flotte der Mercedes-Dienstwagenfahrer. Bewundernswert mit welcher Kommunikationsgabe und mit welcher Herzlichkeit er da als großartiger Gastgeber wirkte. Mit seinem herzhaft-lauten Lachen hörte man dann, wo er sich jeweils befand.  

Diese Jubelveranstaltung war zugleich der Stabwechsel in der Verantwortung von Vater zu Sohn, Bruno Widmann, damals 79, sein Sohn Bernd, damals 49, sie schufen ein vorbildliches Exemplum der Symbiose der Generationen. Bernd Widmann wie seine Frau Lisa: "Wir haben unseren Vater in so einmaligen Erlebnissen immer wieder erfahren dürfen. Diese werden nachhaltig in unseren Herzen wirken." Eine weitere schöne Definition für Nachhaltigkeit. Nachhaltig, es bleibt ein großer Wert in bleibender herzlicher Erinnerung und gibt einem die Kraft zur guten Tat. Solch gestaltende Unternehmer sind Vorbilder für nachfolgende Generationen. Nachstehende Bebilderung zeigt, wie früh Bruno Widmann seinen Sohn Bernd -1961 - mit dem "Stern" geschmückt hat. Diese originäre Art von Marken-Inkarnation wird der Hersteller Mercedes, der künftig den Direktvertrieb steuern will, in diesem ursächlichen Sinne nie erfahren und auch emotional nie in sich tragen können. Markensubstanzverlust!

Autohaus-Unternehmer Bruno Widmann mit seinem Sohn
© Foto: AUTOHAUS

Bruno Widmann setzte als schwäbische Inkarnation ein ganz besonderes Maß der Dinge. Er war dabei nicht nur ein Mann von pausenlos schaffendem Workaholic. Bruno Widmann war auch einer von mediterranem Format. Welcher Autohändler trägt schon morgens die Rhythmusempfindungen in sich, zum Tagesbeginn erst einmal eine halbe Stunde Solotanz - der Freude wegen - aufzulegen und das mit herzhaften Solo-Gesängen zu begleiten? Das Echo im Singen klang bei ihm immer wieder nach, wenn er danach singend sein Unternehmen betrat. Und das paarte er mit seiner schwäbisch-originellen Schlagfertigkeit, mit gesundem Menschenverstand und einmaligem Humor inklusive schallendem Lachen. Ein Original, ein Individualist. 

Wachstumsstationen 

Ob in der Firmenzentrale oder wenn er nach Grenzöffnung 1991 in Meißen, Riesa und Elsterwerda persönlich in Stiefeln und Schubkarren Hand anlegte, obwohl er seit vier Uhr früh von Aalen aus schon unterwegs war, Bruno Widmann war vorbildhaft an der "Front" live dabei. 1999 erfolgte die Erweiterung im Hohenloher Kreis, sprich Crailsheim und Schwäbisch Hall, 2000 in Künzelsau und ab 2003 auf Geheiß von Daimler in der Oberpfalz (Amberg, aktuell gigantisch in Ebermannsdorf, Weiden, Wackersdorf und Vohenstrauß). Bruno Widmann: "Hannes, die ersten vier Wochen nach Übernahme bin ich jeden Tag vor Ort um einzunorden. Ich habe dazu aus der Zentrale meine Fachmänner dabei und die haben mit den Neuen die praktischen Details, IT, Lagermanagement, Werkstattorganisation, Atmosphäre, Ordnung, System etc. eingezogen. Nach vier Wochen waren wir auf Kurs." Und weiter: "Ordnung ist mir so wichtig. Ich will, dass alle meine Mitarbeiter in einem geordneten Umfeld arbeiten können und sich wohlfühlen können. Ordnung ist auch die Voraussetzung, dass mit System gearbeitet werden kann. Das schafft Produktivität. Beides Ordnung und System wirkt auch positiv auf all unsere Kunden!"

Wir hatten seit 30 Jahren regelmäßigen Kontakt. Bruno Widmann war ein engagierter AUTOHAUS-Leser und wertete dort stets die Impulse aus. Aufgrund dieser gemeinsamen Ebene war es mir immer ein großes Anliegen, dass er mich vor Ort persönlich durch den einzelnen Betrieb führte. Wir kamen da nur nach und nach vorwärts, weil sich bei jeder Station eine lehrreiche Anekdote an die andere reihte. Er hatte wirklich etwas zu sagen. Beim Rundgang ging er dabei immer auf seine Mitarbeiter zu, begrüßte sie mit Handschlag und wechselte ein paar Gedanken mit ihnen. Bruno Widmann: "Ich sehe sofort an ihren Augen, ob ihre Welt in Ordnung ist oder ob sie mental belastet sind und mit mir reden möchten." Sie schätzten alle seine natürliche Autorität und hatten großen Respekt vor ihrem Chef. Warum? Er war wirklich einer von ihnen. Das vermittelte und lebte er. Wenn seine Blicke im Umfeld Ungeordnetes entdeckten, hat er das für die betreffenden Mitarbeiter nachvollziehbar live mit klarer Diktion abgestellt. Seine leitenden Mitarbeiter sind heute in all seinen Betrieben vornehmlich Eigengewächse. Er hat jeden mit Freude individuell geformt, gefördert, motiviert, persönlich mitgenommen. 

Gelebte Analyse 

Ja, das Alter forderte auch von ihm seinen Tribut. Sein Sohn Bernd wusste stets den Begabungsreichtum seines Vaters auch im gehobenen Alter zu schätzen und zu integrieren. Eine bewundernswerte Leistung! Bruno Widmann kam lange täglich vormittags in die Firma und analysierte die Ergebnisse der einzelnen Standorte vom Vortag. Er war eben auch ein Zahlenmensch und erkannte sofort, wenn da etwas untrüglich abweichte. Er rief dann im jeweiligen Betriebe an und besprach das mit dem verantwortlichen Mitarbeiter. So lebte er seinen Mitarbeitern vor - er wertschätzte sie sehr und umschrieb sie gerne schwäbisch als sein "lebendes Kapital" -, dass er von der Zentrale aus unter ihnen ist, mit ihnen lebt. Bruno Widmann: "Du musst als Unternehmer präsent sein, immer und immer wieder. Daher möchte jede Woche mindestens einmal – so es geht – in jedem Betrieb vor Ort persönlich erscheinen."

Der Bau-Meister 

Neben dem automobilen Alltag galt kreatives Bauen und Gestalten von Betrieben als ganz besondere Gabe seines Wirkens. Spätestens alle zwei Jahre musste ein neues Autohaus entstehen. Welch ein kreativer Kraftakt. Wie viele Entscheidungen waren da zu treffen?! Dieses kreative Wirken des Planens, des Umsetzens, des Vollendens war für ihn das sichtbare Ergebnis seiner investiven Gewinnverwendung für das Wachstum des Unternehmens. Diesen investiven Blick hatte er auch für die gesamte Werkstattausstattung, für seinen Waschpark, für seinen separaten Gebrauchtwagenmarkt "Solid". Oder Anfang der 1980er, als EDV in die Branche kam, 1989 die ersten Laptops, 1992 das erste Handy, ab 1998 dann war Widmann bei Internet dabei und 2006 wurde der Internetauftritt neu konzipiert. Er liebte und war stets offen für das Neue und als Dynamiker sorgte er in delegierender Verantwortung für deren sinnvolle Umsetzung. 

Die menschlichen Gesten des "BW"

Unvergesslich sind mir auch die gemeinsamen "Geschäftsessen", die er mit besonderer Gastlichkeit und besonderem Tischgespräch mit größter persönlicher Präsenz zu gestalten wusste. Klar, er kannte jeden Wirt und wurde stets mit großem Respekt willkommen geheißen und platziert. Klar, da kam der Repräsentant vom "Stern"! Man fühlte als Gast, welche Reputation ihm die Menschen öffentlich zollen. Einmal meinte er bei einem Essen, dass sein Unternehmenserfolg nur mit einem Unternehmen wie Daimler möglich war. Das sei einfach das Beste vom Besten! Auch wenn er die Ära um Chrysler, Jeep und Dodge zu relativieren wusste. Das sagt einer in wertschätzender Zurückhaltung, obwohl er selbst die beste Marke in seinem Unternehmen war: Bruno Widmann, eine Persönlichkeit, die großartige Handelsgeschichte gestaltete und schrieb. Eine Branchenperle! Als gläubiger Mensch, der er war: "Requiescat in pace." Ruhe in Frieden! Sehr dankbar und in ganz besonderer Verbundenheit!

Nachdem wir beide am 25. Dezember, an Weihnachten, Geburtstag haben und wir uns dazu von Jahr zu Jahr mit weinseligen Grüßen dazu gratulierten, werde ich diesem großartigen Branchenfreund gerade an Weihnachten weiterhin ein herzhaftes "O du fröhliche" widmen, als Vorbild für einen Menschen, der immer so wesenhaft von einem fröhlichen Herzen beseelt war.

B. Widmann Stiftung
Die "Widmänner" haben 2013 in Aalen die B. Widmann Stiftung gegründet. Zweck der Stiftung ist die Förderung von Bildung und Erziehung insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung. Vorstand der Stiftung ist Lisa Widmann. Mitglieder des Kuratoriums: Jürgen Schöller, Michael Ruoff und Firmenchef Bernd Widmann.
© Foto: Autohaus Bruno Widmann GmbH
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