Von Online Redakteur Andreas Heise
In puncto Zulassungsstellen herrscht in der Corona-Krise deutschlandweit Chaos – manche haben geschlossen, manche nicht. Einige halten den Betrieb unter gewissen Einschränkungen aufrecht. Der Dachverband ZDK plädiert deshalb dafür, eine gebündelte Zulassung von Fahrzeugen flächendeckend zu ermöglichen. "Hohe Bestände mit Krediten vorfinanzierter Neuwagen füllen die Verkaufsräume und Lager des Vertragshandels", heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Brief des Verbandspräsidenten Jürgen Karpinski an Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU).
In der vergangenen Woche hatte AUTOHAUS bereits berichtet, dass der Kfz-Landesverband Schleswig-Holstein in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium Schleswig-Holstein, den Kreishandwerkerschaften und den Geschäftsleitungen einiger Autohäuser gesonderte Verfahren für die Zulassungen durch Kfz-Betriebe vereinbart hat. Seitdem hat sich die Lage sehr dynamisch entwickelt. Darüber spricht AUTOHAUS mit Jan-Nikolas Sontag, Geschäftsführer des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein.
AUTOHAUS: In der vergangenen Woche hatten wir berichtet, dass das Kfz-Gewerbe Schleswig-Holstein zusammen mit Mitgliedsbetrieben die Schließung von Zulassungsstellen verhindern konnte. Wie ist der Stand der Dinge?
Jan-Nikolas Sontag: Gleich zu Beginn der Corona-Krise gab es Zulassungsstellen, die strikt für den Privat- und Gewerbekunden geschlossen wurden. Wir haben frühzeitig reagiert, sind mit den Zulassungsstellen in Kontakt getreten und haben zusammen mit mehreren Mitgliedsunternehmen erreichen können, dass einige Zulassungsstellen, die bereit geschlossen hatten, sich bereit erklärt haben, wieder zu öffnen. Diese Situation hat sich im Laufe der vergangenen Woche aber schnell verändert und sich sehr uneinheitlich gestaltet. Sodass wieder Zulassungsstellen ihre Arbeit eingestellt haben. Die meisten haben nach aktuellem Stand zumindest im eingeschränkten Betrieb geöffnet. Eingeschränkter Betrieb bedeutet in diesem Fall nicht, dass man nur Ausnahmefälle bearbeitet, sondern auch gewerbliche Anträge mit gewisser Voranmeldung und beschränkter Anzahl. Wir informieren regelmäßig online über den aktuellen Stand.
In der vergangenen Woche war von gesonderten Verfahren die Rede, die Sie mit den Zulassungsstellen getroffen haben? Was steckt genau dahinter?
J.-N. Sontag: Da gibt es kein einheitliches Verfahren, das sind individuelle Absprachen. Es gibt Zulassungsstellen, wo die Unterlagen an einem bestimmten Ort abgelegt werden, damit sie ein Mitarbeiter einsammeln kann. Oder es werden Pakete abgegeben. Bei einer der Zulassungsstellen verfahren wir aktuell so, dass die örtliche Innung die Zulassungen nach Wichtigkeit vorsortiert. Die Zulassungsstelle erhält dann eine Liste nach Priorisierung, die nach und nach abgearbeitet wird. Ob das die Aufgabe der örtlichen Innung ist, sei dahingestellt. Aber ansonsten würde womöglich gar nichts passieren.
Dass es keine einheitliche Linie gibt, ist ärgerlich, oder?
J.-N. Sontag: Sicher, ein einheitliches Verfahren würde unseren Betrieben das Arbeiten erleichtern, aber die Ausgangssituationen sind sehr unterschiedlich. Einige Zulassungsstellen sind personell sehr ausgedünnt, weil sie zum Teil eine hohe Quote an betreuenden Eltern beschäftigt haben. Manche Zulassungsstellen wiederum gehen auf Nummer sicher, sie haben die Hälfte der Belegschaft als Notreserve nach Hause geschickt. Was natürlich die Arbeitsfähigkeit drastisch reduziert. Wir haben ein Grundverständnis für die schwierige Lage in den Zulassungsstellen. Wenig Verständnis haben wir aber für eine komplette Schließung oder ein komplettes Abblocken. Gleichzeitig sind wir aber zufrieden, da wir, Stand jetzt, erreicht haben, dass überall in Schleswig-Holstein nach Absprache und im begrenzten Umfang zugelassen wird beziehungsweise in den nächsten Tagen wieder zugelassen werden soll - teilweise beziehen sich die Zusagen auf die Zukunft. Die Autohäuser und Kfz-Betriebe werden gebeten, ihre Anliegen zu priorisieren. Also jetzt nicht alle möglichen Tageszulassungen zu beantragen. Sondern die Fahrzeuge zuzulassen, die wirklich verkauft sind. Teilweise wird versucht, nach Wichtigkeit, beispielsweise nach Datum des Kaufvertrages, zu sortieren.
Wir haben Leserkommentare erhalten, dass es in Deutschland Zulassungsstellen gibt, die argumentieren, dass aufgrund geschlossener Verkaufsräume im Autohandel auch entsprechend keine Zulassung für die Händler möglich sei. Wie bewerten Sie das? Kennen auch Sie solche Fälle?
J.-N. Sontag: Das haben wir auch schon zu hören bekommen, aber nicht von der Zulassungsstelle selbst, sondern von übergeordneten kommunalpolitischen Stellen. Von wegen: Ihr habt doch geschlossen, was wollt Ihr noch zulassen? Dem kann ich nur widersprechen. Wir in Schleswig-Holstein haben die Vorgabe, dass die Verkaufsstellen geschlossen sein müssen. Aber wir haben kein Verkaufsverbot. So wird weiter verkauft, wenn auch in kleinerem Umfang. Zum anderen gibt es noch Bestellungen aus dem letzten Jahr, die jetzt ausgeliefert werden. Wir hatten eine Zulassungsstelle hier im Land, die bis gestern noch aus meiner Sicht willkürlich nach einer Branchen-Prüfung Zulassungen erlaubt hat. Da durfte ein Apotheker oder ein Pflegedienst Fahrzeuge zulassen, ein Handwerker nicht. Da fragt man sich schon, wie die Zulassungsstelle dazu kommt. Aber auch hier sind wir im Gespräch. Es geht am Ende auch nicht um einen Normal-, sondern um einen Krisenbetrieb.
Wird der Krisenbetrieb anhalten oder gehen Sie davon aus, dass Zulassungsstellen nochmal schließen werden?
J.-N. Sontag: Von erneuten Schließungen gehen wir nicht aus. Aus einem einfachen Grund: Die Zulassungsstellen haben mittlerweile gemerkt, dass sich bei einer längeren Schließung viel anstauen würde. Das würde irgendwann über sie hereinbrechen. Die, die jetzt schon ein paar Tage zu hatten, die hatten genau diese Befürchtung: Wie gehen wir mit den ganzen liegengebliebenen Anträgen um? Deshalb macht es Sinn, ein Stück weit diese Berge bereits jetzt abzuarbeiten. Und, das sagen hier alle Stellen im Norden, soll ja die Wirtschaft nicht komplett gelähmt werden. In einer gewissen Art und Weise muss es weiterlaufen.
Wie geht es dem Kfz-Gewerbe generell in Zeiten von Corona?
J.-N. Sontag: Die Probleme werden sehr unterschiedlich wahrgenommen. Es gibt Betriebe, die sich in einer Situation sehen, die stark gefährdend bis existenziell ist. Es gibt auch andere, die sagen, sie können das schon noch ein wenig aushalten. Manche haben Verständnis für die Maßnahmen wie Ausgangseinschränkungen, andere halten die Notverordnung für rechtswidrig und behalten sich rechtliche Schritte vor. Erfreulich ist, dass bislang der Servicebetrieb gut weitergelaufen ist. Wobei es Befürchtungen gibt, dass nächste Woche dieses Geschäft stark zurückgehen könnte. Weil es sich jetzt noch um viele bereits vor der Krise vereinbarte Termine gehandelt hat und nun keine mehr nachkommen. Insgesamt ist es eine sehr angespannte Situation, die sehr unterschiedlich wahrgenommen wird.
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