Kfz-Gewerbe: Mobilitätswende in Gefahr

Die Automobilwirtschaft steht vor entscheidenden Jahren: Während der Service- und Gebrauchtwagenmarkt stabil wächst, bereiten sinkende Neuwagenverkäufe, stockende Elektromobilität und ein zunehmender Fachkräftemangel der Branche Sorgen. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) nutzte seine Jahrespressekonferenz, um klare Forderungen an die Politik zu stellen. Vor allem eine gerechtere Förderung der Elektromobilität, Bürokratieabbau und eine Stärkung des Handwerks seien notwendig, um den Automobilstandort Deutschland zukunftssicher zu machen. Mobilität kein Luxusgut "Wir sind Unternehmer und wünschen uns eine zupackende Bundesregierung", sagte ZDK-Präsident Arne Joswig. Eine Regierung, die die Belange des Kfz-Gewerbes endlich wieder in den Fokus rücke. Denn die wirtschaftliche Entwicklung sei "zwiespältig": Dass der Gesamtumsatz 2024 über alle Geschäftsbereiche hinweg um 5,6 Prozent auf 218,9 Milliarden Euro wuchs, sei vor allem dem Gebrauchtwagengeschäft und dem Servicebereich zu verdanken. Der Neuwagenverkauf hingegen stagnierte "mit leicht negativer Tendenz", mit einem Umsatzrückgang von zwei Prozent, insbesondere aufgrund des Einbruchs der E-Auto-Nachfrage. Besorgt zeigte sich der ZDK-Präsident auch über den CO2-Preis: "Wenn die Klimaziele eingehalten werden sollen und die E-Mobilität nicht vorankommt, wird der CO2-Preis explodieren. Bei möglichen 2,50 Euro pro Liter Kraftstoff in den nächsten fünf Jahren könnten sich viele Menschen kein Auto mehr leisten." Die Politik müsse daher Lösungen finden. "Mobilität darf nicht zum Luxusgut werden", so Joswig. "Verlorenes Jahr" für E-Autos Deutliche Kritik an der Verkehrspolitik äußerte auch Thomas Peckruhn, ZDK-Vizepräsident und Sprecher des Fabrikatshandels. Er sprach von einem "verlorenen Jahr für die Elektromobilität" und machte insbesondere die abrupt abgeschaffte Kaufprämie für E-Autos Ende 2023 für den Einbruch der Neuzulassungen verantwortlich. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Neuzulassungen batterieelektrischer Fahrzeuge gingen um fast 30 Prozent zurück. Die Kaufzurückhaltung ist sowohl bei Privat- als auch bei Flottenkunden spürbar. 76 Prozent der Händler berichteten von einer schlechten Nachfrage nach E-Fahrzeugen, 61 Prozent sahen auch bei Plug-in-Hybriden eine rückläufige Entwicklung. Peckruhn mahnte an, dass man sich nicht darauf verlassen könne, dass die Talsohle nun bereits durchschritten sei, da jetzt auch verstärkt Rückläufer in den Markt kämen. Ohne gezielte politische Maßnahmen gerate der Hochlauf der Elektromobilität weiter ins Stocken. Peckruhn sieht den Handel durch die CO2-Flottengrenzwerte und drohenden Strafzahlungen der Hersteller vor einer heiklen Herausforderung. "Wir müssen mehr E-Autos verkaufen, während die Erträge in den Keller gehen", erklärte er. Angesichts von Rabattprogrammen der Hersteller, die teils Preisnachlässe von bis zu 3.000 Euro vorsehen, bleibe "für keinen der Beteiligten mehr etwas übrig". Auch die allgemeine Geschäftslage bereitet dem Handel Sorgen. Laut einer ZDK-Umfrage beurteilen 53 Prozent der Betriebe ihre wirtschaftliche Lage schlechter als im Vorjahr. Für 2025 erwarten nur elf Prozent eine Verbesserung, während 57 Prozent mit einem weiteren Rückgang rechnen. Angesichts dieser Zahlen appelliert Peckruhn eindringlich an die Politik, die verunsichernden Diskussionen beiseitezulegen und endlich "ins Handeln zu kommen". Handwerk hat goldenen Boden Trotz herausfordernder Rahmenbedingungen konnte ZDK-Vizepräsident und Bundesinnungsmeister Detlef Peter Grün erfreuliche Zahlen aus der Ausbildung vermelden: Mit 25.221 neuen Ausbildungsverträgen im Beruf Kfz-Mechatroniker/in wurde der höchste Stand seit 20 Jahren erreicht - ein Wachstum von 7,2 Prozent. Der Anteil weiblicher Auszubildender stagnierte jedoch weiterhin bei 6,2 Prozent. Deutlich besser sieht es im kaufmännischen Bereich aus: Bei den Automobilkaufleuten lag der Frauenanteil bei knapp 40 Prozent, bei insgesamt 5.727 neuen Verträgen, ein Anstieg von 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichwohl gibt es erheblichen Handlungsbedarf. Insbesondere bei der Meisterausbildung müsse die Politik endlich aktiv werden, so Grün. "Ein Meisterkurs kostet rund 15.000 Euro, während ein Studium kostenlos ist." Die Gleichstellung von akademischer und handwerklicher Bildung sei überfällig. Auch der Mangel an Betriebsnachfolgern bereitet Sorgen. Viele junge Meisterinnen und Meister würden von einer Selbstständigkeit abgeschreckt - vor allem durch bürokratische Hürden, fehlende Steuererleichterungen und eine zögerliche Kreditvergabe der Banken. Um diesen Trend zu stoppen, brauche es gezielte staatliche Unterstützung, etwa in Form günstiger Kredite, weniger Bürokratie für Kleinbetriebe und steuerlicher Erleichterungen, etwa bei der Grunderwerbsteuer und den Umsatzsteuervoranmeldungen. Zahl der Werkstätten sinkt Zudem bleibt die Branchenstruktur unter Druck: Die Zahl der Kfz-Werkstätten sank 2024 um 0,4 Prozent auf 36.030 Betriebe. Gleichzeitig stieg der Umsatz im Service- und Reparaturbereich um 7,4 Prozent auf 36 Milliarden Euro. Der anhaltende Fachkräftemangel könnte diesen positiven Trend jedoch langfristig gefährden. Neben wirtschaftlichen und bildungspolitischen Forderungen mahnte Grün auch eine klare Regelung zum Zugang zu Fahrzeugdaten an. Werkstätten und Reparaturbetriebe benötigten uneingeschränkten Zugriff auf die vom Fahrzeug generierten Daten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Bundesregierung müsse sich daher in Brüssel für eine sektorale Regelung einsetzen. "Die Daten gehören den Kunden und müssen ihnen und ihren Werkstätten uneingeschränkt zur Verfügung stehen", betonte er. Zudem seien kartellrechtliche Maßnahmen erforderlich, um Datenmonopole zu verhindern und bestehende Vorschriften an die digitale Realität anzupassen. Trotz Rekordzahlen in der Ausbildung bleiben also viele Baustellen. Das Handwerk fordert von der neuen Bundesregierung konkrete Maßnahmen, um den Mittelstand zu entlasten, Betriebsgründungen zu fördern und die digitale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

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