Das deutsche Handwerk muss nach Angaben von EU-Kommissionsvize Jyrki Katainen nicht um den Meisterbrief fürchten. "Der Meisterbrief und das duale Ausbildungssystem werden nicht angetastet", sagte Katainen dem "Handelsblatt" (Dienstag). Es habe Missverständnisse gegeben, die ausgeräumt werden müssten, zitierte ihn die Zeitung.
Vertreter des Handwerks hatten sich zuletzt Sorgen gemacht, die EU-Kommission wolle Eigenheiten des deutschen Handwerks in Frage stellen. Auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte Anfang März, man wolle auf jeden Fall am Meisterbrief festhalten.
Der Meisterbrief dokumentiert im deutschen Handwerk den Erfolg bei einer Meisterprüfung und ist in 41 Berufen in der Regel Voraussetzung dafür, dass man einen eigenen Betrieb gründen darf. Neben Kfz-Technikern zählen dazu etwa Maurer, Bäcker, Dachdecker oder Installateure. Seit 2004 kann man sich in manchen Handwerken auch ohne Meisterbrief selbstständig machen.
Die EU-Kommission hatte im Januar Deutschland und andere Staaten aufgefordert, die Reglementierung freier Berufe zu überprüfen. Konkret nannte sie etwa die Vorschriften für Architekten, Ingenieure, Juristen und Rechnungsprüfer. In der Bundesrepublik gebe es vergleichsweise viele Einschränkungen, hieß es damals.
Freie Berufe: "nicht mehr zeitgemäße Vorschriften"
Für einige Berufen etwa in den Branchen Gesundheit und Sicherheit sei die Reglementierung häufig gerechtfertigt, erklärte die Behörde. Es gebe jedoch viele Fälle, in denen durch "übermäßig umständliche und nicht mehr zeitgemäße Vorschriften" qualifizierten Bewerbern der Zugang erschwert werde. Katainen betonte im "Handelsblatt", die Forderung nach einer Öffnung des Dienstleistungssektors beziehe sich "nicht auf das Handwerk, sondern auf einige freie Berufe".
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) befürchtet dagegen, dass beim Überprüfen von Berufen auch die Zugangsvoraussetzungen für einige Handwerke angezweifelt werden könnten. Qualifikationsanforderungen an den Berufszugang sicherten vor allem die Qualität von Produkten und Dienstleistungen, argumentierte der Verband. Sie seien präventiver Verbraucherschutz.
Die EU-Kommission schlug zu Jahresbeginn auch vor, ein neues elektronisches Verfahren für Verwaltungsformalitäten einzuführen. Damit sollen nach ihrer Vorstellung Unternehmen in der EU künftig leichter Dienstleistungen länderübergreifend anbieten können. Ein Mehr an Wettbewerb im Dienstleistungssektor werde für die Verbraucher zu einem breiteren Angebot und besseren Preisen führen, erklärte der zuständige EU-Kommissar Katainen damals. (dpa)
hwb