Seit Monaten kämpfen die Stellantis-Händler mit schlimmen Zuständen. Sie müssen lange auf die Autos warten, die dann gar nicht oder geändert kommen. Die Kunden sind sauer, und die Händler müssen damit umgehen. Ziele sind nicht erreichbar und werden im Nachhinein geändert. Auf Zahlungen ihres Herstellers müssen sie ebenfalls lange warten. Mit den IT-Systemen aller Marken gibt es schon seit langem Probleme. Besonders schlimm soll es beim "Customer First"-System sein. Kurz: Anspruch und Wirklichkeit gehen beim französisch-amerikanischen Konzern weit auseinander. Und kompetente Ansprechpartner seien in Rüsselsheim nur noch schwer zu finden, ist von allen Seiten zu hören.
Da fallen Nebenschauplätze wie die der Fiat-Konzern-Händler, die aktuell nicht mit Ersatzteilen beliefert werden, weil es heißt, dass ihre Kreditlinie ausgeschöpft ist, obwohl es keine Bonitätsprobleme gibt, kaum noch ins Gewicht. Das hänge damit zusammen, dass die früheren FCA-Partner ab Juli auch an das Distrigo-System der anderen Stellantis-Marken angeschlossen werden, und werde sich in Kürze auflösen. Die Belieferung durch die Distrigo-Partner beginnt am 3. Juli.
Neue Verträge immer wieder verschoben
Auch bei den neuen Verträgen herrscht das Chaos. Zuerst wurde zu Ende Mai gekündigt, dann bis Ende Juni eine Übergangsvereinbarung geschlossen. Die neuen Händler- und Servicepartnerverträge sollen ab Juli gelten, der Übergang ins Agentursystem für die Nutzfahrzeug- und Premiummarken im Januar 2024 erfolgen. Aber auch diese Termine werden nicht gehalten. Die Zeichnung der Händler- und Serviceverträge wurde zunächst auf den 21. Juli verschoben, sie sollen aber bereits ab dem 1. Juli gelten. Bis Montag, 26. Juni, lagen sie aber nicht vor. Lediglich die Entwürfe für die Händlerverträge mit den Standards für die Nutzfahrzeugbetriebe, Skalierungstabelle Mitarbeiter, Finanzstandards und Mindestanforderungen an Hard- und Software wurden heute in das Intranet zwischen Hersteller und Händler gestellt.
Auch interessant:
- Stellantis-Händlerverbände: Schöne neue Welt der echten Agentur
- Stellantis-Premiummarken: Renaissance
- Verband der Stellantis Konzern-Händler und Servicebetriebe: "Einseitig gegenüber ihren Partnern"
Selbstaudit für den Service
Für die Serviceverträge finden sich dort ebenfalls die Entwürfe sowie die Vorgaben zur Werkstattausrüstung, Job-Funktionslisten, Nutzfahrzeug-Standards, Messkriterien für Servicepartner, Mindestanforderungen an Karosseriewerkstätten und eine Liste der vorzuhaltenden Spezialfahrzeuge sowie auch hier Mindestanforderungen an Hard- und Software. Die Partner, die jetzt Serviceverträge haben und einen neuen haben wollen, können sich schon einmal selbst auditieren, heißt es. Wenn sie ihr Audit zufriedenstellend abliefern, ist ihnen der neue Servicevertrag sicher. Insidern zufolge wäre dies eine pragmatische Lösung, denn Stellantis habe nicht genug Personal, um die Audits durch eigene Mitarbeiter durchzuführen zu lassen.
Einführung des Agentursystems verzögert sich
Die Umstellung auf das Agentursystem für den Nutzfahrzeug- und Premiummarkenvertrieb soll jetzt zum 1. April erfolgen. Dies hänge damit zusammen, dass auch die Pilotmärkte Belgien, Niederlande und Österreich mit einer Verzögerung von drei Monaten erst im September starteten. Grund hierfür seien IT-Probleme.
Investitionen in CI gefordert
Aber das meiste Kopfzerbrechen bereitet den Händlern derzeit eine andere Ankündigung: Bevor der Hersteller im Agentursystem die Investitionen in die Gebäude selbst stemmen muss, verlangt er von seinen Händlern die Umsetzung einer neuen Corporate Identity (CI). Knackpunkt ist hier, wieviel davon der Hersteller beim Übergang ins Agentursystem, das in dreieinhalb Jahren starten soll, übernimmt. "Das ist Sprengstoff", heißt es von Insidern. Die Verhandlungen hierzu seien aber noch im Gang - ebenso wie für andere noch strittige Themen in Zusammenhang mit den neuen Verträgen.
In einem Schreiben des Jeep, Alfa Romeo, RAM und Dodge Händlerverbandes (JARD), das AUTOHAUS vorliegt und das der Verband Deutscher Opel Händler (VDOH) und der Verband der Citroen, DS und Peugeot Vertragspartner (VCDP) den Angaben zufolge gleichlautend verschickt haben, heißt es: "Aktuell empfehlen wir Ihnen, die Ergebnisse der Entscheidungsfindung in dieser Angelegenheit noch abzuwarten, damit Sie letztlich eine solide Grundlage für Ihre Entscheidungsfindung haben." Erwartet werden "erhebliche Investitionen".
Schwacher Auftragseingang, guter Service
Von Betroffenen ist zu hören, dass das deutsche Management sehr bemüht sei, Lösungen im Sinne des Handels zu finden. Wie viele Partner den Weg aber noch mitgehen werden, wird immer unsicherer. Denn inzwischen werden Stimmen lauter, die sich abgesehen vom Hersteller-Chaos noch viel größere Sorgen machen: Der Auftragseingang sei bescheiden und die politische Landschaft Besorgnis erregend. Da passen hohe Investitionen in die CI Überhaupt nicht ins Bild. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Im After Sales Geschäft brummt es.
Eine Stellungnahme von Stellantis lag bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht vor.
Klaus
Gerdi Hellmann
Löwe
Annotator
Peugeot Partner
K.K
Werner
Keine Lust mehr