Ausgabe 12/2013: Größer und mächtiger

Die großen Autohausgruppen sind gleichermaßen Gewinner und Treiber des Strukturwandels in der Kfz-Branche. Insbesondere die 20 größten Händler - angeführt von AVAG und Emil Frey - profitieren vom zunehmenden Verdrängungswettbewerb. Das zeigt die Studie "Top 100-Händlergruppen in Deutschland 2012" des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen."Die ganz Großen wachsen weiter", schreibt IFA-Chef Willi Diez in der Ende Mai vorgelegten Analyse. Entgegen dem rückläufigen Markt steigerten die Branchenriesen 2012 ihren Neuwagenabsatz um zwei Prozent auf knapp 320.000 Fahrzeuge. Ihr Anteil erhöhte sich dementsprechend von 9,9 Prozent im Vorjahr 2011 auf 10,4 Prozent. Dagegen wurden die mittelgroßen und kleineren Handelsgruppen stärker vom Abschwung auf dem Automarkt erfasst.Der Experte erklärt die Entwicklung zum einen mit der anhaltenden Übernahme von kleineren Autohäusern durch die Megadealer. "Zum anderen stützen die großen Gruppen ihr Geschäft stärker auf Verkäufe im gewerblichen Bereich, der sich 2012 als krisenresistenter erwies als das Privatkundengeschäft." Wachstumsspitzenreiter unter den Top-Unternehmen waren laut Studie das Autohaus Dinnebier (plus 28,9 Prozent), die Fahrzeug-Werke Lueg (plus 23,7) sowie das Autohaus Jacobs (plus 16,8 Prozent). Die meisten Neuwagen verkaufte wie im Vorjahr Emil Frey mit 49.080 Einheiten - vor der AVAG, Gottfried Schultz, Feser-Graf und der Wellergruppe.Senger profitiert von Kittner-KaufBei den Gebrauchtwagen hatte die AVAG Holding die Nase vorne (36.501 Fahrzeuge). Zieht man aber deren Auslandsverkäufe ab, so ist die Wellergruppe mit 31.564 Stück Deutschlands größter Gebrauchtwagenhändler. Bei den aufstrebenden Berlinern kamen auf einen verkauften Neuwagen mehr als zwei gebrauchte Fahrzeuge. Auch im GW-Ranking zählte Lueg zu den Aufsteigern 2012 - ebenso wie Schmidt + Koch, Graf Hardenberg sowie das Autohaus Heermann und Rhein. Einen großen Sprung machte die Senger-Gruppe dank der Übernahme von neun Kittner-Standorten.Umsatz-Krösus blieb die AVAG mit 1,35 Milliarden Euro, die Emil Frey Gruppe lag knapp dahinter (1,31 Milliarden Euro). Beide Gruppen erwirtschafteten etwas mehr als 2012. Gottfried Schultz steigerte die Erlöse um 5,1 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro. Feser-Graf erreichte fast wieder Vorjahresniveau (1,1 Milliarden Euro). Unter den Top 20-Händlern legten Senger (plus 58,7 Prozent), Voests + Graf (plus 28,1 Prozent) und Heermann und Rhein (plus 27,5 Prozent) beim Umsatz am stärksten zu.Größter Arbeitgeber im deutschen Autohandel war 2012 die AVAG mit 3.400 Mitarbeitern (inklusive Ausland). Es folgten die Wellergruppe und Gottfried Schultz auf den Plätzen zwei und drei. Mit Ausnahme der Fahrzeug-Werke Lueg zeigte sich bei allen Top-Ten-Unternehmen ein Beschäftigungsanstieg. Den höchsten Umsatz je Mitarbeiter - 1,56 Millionen Euro - generierte das Autohaus MKM Huber. Die auf Nissan spezialisierte Filialgruppe aus Wasserburg arbeitet mit zahlreichen angeschlossenen Partnerhändlern zusammen, was zu entsprechend hohen Umsätzen führt. Das trifft auch auf den Zweitplatzierten zu: den Toyota-Gruppenhändler Franz Strobel (954.550 Euro).Konzentrationsprozess spitzt sich zuDiez erwartet, dass der Konsolidierungsprozess wieder an Fahrt gewinnt. "Aufgrund des sich abzeichnenden Marktrückgangs im Jahr 2013 auf rund 2,9 Millionen Neuzulassungen dürfte sich die Ertragssituation im deutschen Autohandel wieder deutlich verschärfen." Vor allem die rückläufigen Restwerte auf Leasingfahrzeuge zwängen die Autohäuser zu Wertberichtigungen bei Gebrauchtwagen. Deshalb werde auch die Zahl der Insolvenzen und Firmenübernahmen wieder zunehmen. Nach Einschätzung des Wissenschaftlers werden bis zum Jahr 2020 von den 7.880 wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen in der Branche nur noch 4.500 Betriebe überleben.Für die Handelsgiganten hat der Experte gute Nachrichten: Viele markenschwache Hersteller könnten sich im Markt nur über die großen Gruppen behaupten. Diese würden damit indirekt Einfluss auf die Marken- und Modellstrategien nehmen. Diez: "Auf dieser Basis wird mittel- und längerfristig die Macht des Handels steigen - auch wenn einige Autobauer das noch immer nicht wahrhaben wollen und daher Marktanteile verlieren."Dass aber auch große Händler verwundbar sind, zeigt der spektakuläre Kollaps der Autowelt König im März dieses Jahres. Deshalb gilt für die Großen wie die Kleinen: Solides und nachhaltiges Wirtschaften ist gefragt. Dazu gehören ein professioneller Mehrmarkenhandel, ein starkes Servicegeschäft, niedrige Gebrauchtwagen-Standzeiten, digitale Kompetenz und eine effiziente Kundenbindung.

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