Ausgabe 05/2014: Grenzöffnung zur Schweiz

Die Schweizer braten gerne eine Extrawurst. Das stellen sie auch beim Fahrzeughandel unter Beweis. Während Fahrzeug-Börsen in Frankreich oder Deutschland auch Inserate aus dem Ausland spiegeln, können ausländische Händler auf schweizerischen Börsen bisher nur Fahrzeuge inserieren, wenn diese bereits in die Schweiz eingeführt und die Händler zudem mit einem Gewerbe vor Ort registriert sind.Fallstricke auf deutschen Börsen"Die Schweizer versuchen sich abzuschotten und ihre Hochpreisinsel zu schützen", erklärt Tom Schneider die Restriktionen. Der deutsche Autohändler lebt seit vielen Jahren in der Schweiz. In der Branche ist er mit dem Unternehmen Nettocars.ch in Oberuzwil bekannt geworden. Sein Spezialgebiet ist der Fahrzeugimport. Und dieses Geschäft boomt. Denn in der Schweiz gibt es nur eine Handvoll Gebrauchtwagen-Börsen. Das größte Angebot offeriert Autoscout24 mit etwa 150.000 Angeboten. Zum Vergleich: Auf dem deutschen Pendant sind über 2,1 Millionen verzeichnet. Aufgrund der Angebotsbegrenzung und der hohen Preise suchen viele Eidgenossen bisher ihre Fahrzeuge lieber auf deutschen Handelsplattformen im Internet. "Für Schweizer ist es wahnsinnig attraktiv, Fahrzeuge im Ausland zu kaufen", sagt Schneider. Das Problem dabei: Dort finden sie nur Europreise vor, und die Importkosten erweisen sich für den Laien oft als unkalkulierbares Risiko. Die Endkunden können Angebote aus schweizerischen und deutschen Börsen also kaum vergleichen. Hinzu kommt: Viele deutsche Händler haben keine Erfahrung mit dem Export in die Alpenrepublik. "Ohne diese Unsicherheiten würden die Schweizer noch viel mehr Fahrzeuge in Deutschland kaufen", glaubt der Unternehmer.Es muss auch anders gehenIm Zuge der Fahrzeugbeschaffung aus dem Ausland lernt Schneider die Unternehmerbrüder Uwe und Michael Brütsch aus Singen an der schweizerischen Grenze kennen. "Wir haben jahrelang Fahrzeuge an Nettocars verkauft, um auf den Schweizer Börsen präsent zu sein", erinnert sich Autohändler Uwe Brütsch. "Denn wenn wir von Deutschland aus inseriert haben, wurden wir sofort abgemahnt und gesperrt."Die grenzübergreifende Zusammenarbeit der Händler erweist sich als fruchtbar. Sie ist aber auch umständlich. Trotz eines funktionierenden Geschäftsmodells werden ihnen Steine in den Weg gelegt."Autoscout fährt in der Schweiz sogar zu den Händlern und kontrolliert, ob die Fahrzeuge vor Ort sind", sagt Uwe Brütsch. "Einmal waren unsere Fahrzeuge noch im Vorlauf und nicht bei Nettocars auf dem Hof, als die Kontrolleure kamen. Nettocars wurde sofort gesperrt." Irgendwann kommen bei den Geschäftspartnern Fragen auf: Müssen die Import-Export-Strapazen wirklich sein? Oder können wir einen Weg finden, den Verkauf in die Schweiz zu vereinfachen und den Markt für deutsche Händler zu öffnen? Aus der Not heraus entsteht eine Idee.Jetzt können Deutsche inserierenDas Ergebnis ist erst ein paar Monate alt. Es heißt Autobax.ch und ist eine Online-Börse. Noch eine Börse? Ja, schon. Aber ganz anders. "Die Fahrzeug-Plattform spiegelt automatisiert und für den Handel kostenfrei alle Fahrzeugangebote der deutschen Händler von Mobile.de", erklärt Michael Brütsch, ebenfalls Autohändler und Mitgründer von Autobax.ch. Dementsprechend sind Neu- und Gebrauchtwagen auf Autobax inseriert. Mobile.de hat selbst keine Online-Börse in der Schweiz und war von der Idee hellauf begeistert. "Wir sind jetzt exklusiver und offizieller Partner für die Schweiz", sagt er. "Autobax rechnet für jedes Inserat tagesaktuell die Europreise in Schweizer Franken um. Der Schweizer Kunde kann bei uns also Fahrzeuge in seiner Preisklasse suchen, sie mit schweizerischen Angeboten vergleichen und muss sich keine Gedanken mehr um den Umrechnungskurs und sein Budget machen."Das ist aber nicht alles. Autobax ist eine Marke der Nettocars GmbH geworden. Und Nettocars hat den Handel mit Fahrzeugen und den Import in Form von Import-Dienstleistungen ausgebaut. Nettocars stellt nicht nur den Mobile.de Bestand auf Autobax in Europreisen dar. Das Unternehmen organisiert auf Wunsch des Endkunden auch Fahrzeuggutachten über Hüsges und anschließend den Transport sowie die Exportabwicklung an der Grenze. Ist das Auto dann physisch in der Schweiz, kommt gegebenenfalls noch eine Finanzdienstleistung ins Spiel. Und zwar Leasing. Denn die Schweiz ist mit 70 Prozent aller Fahrzeugverkäufe ein absolutes Leasing-Land.Die Schweiz: ein Leasing-LandBisher war es deutschen Händlern aber nicht möglich, Schweizern ein Fahrzeug zu verleasen. Woran liegt das? Deutsche Banken haben mit der Ausführung eines Fahrzeugs in die Schweiz keinen Zugriff mehr auf den Kfz-Brief und lehnen das Geschäft daher ab. Schweizer Banken machen mit deutschen Händlern aber wiederum keine Geschäfte. "Das ist eine weitere Marktabschottung", sagt Schneider. "Wir lösen das, indem Autobax ein schweizerisches Unternehmen ist und somit Finanzdienstleistungen von Schweizer Finanzinstituten in Anspruch nehmen und an den Kunden vermitteln kann." Das heißt: Nettocars nimmt vom Schweizer Kunden eine Anzahlung als Sicherheit, kauft das Fahrzeug dem deutschen Händler ab und verleast es in der Schweiz an den Endkunden. Nach Ablauf des Leasings kommt das Fahrzeug wieder zu Nettocars und wird auf der Börse inseriert. "Der deutsche Händler trägt also kein Risiko, sondern macht ein Bargeschäft", ergänzt Uwe Brütsch.Während der ersten Monate Autobax stellen die Gründer bereits fest: Bei deutschen Händlern besteht dringender Schulungsbedarf für Exportabwicklungen mit der Schweiz. Seit kurzem bieten sie daher die Schulung zum Exportprofi an. Und sie führen in Abstufung von kostenlosem Inserat bis zum "Exportprofi" eine Preisstaffelung ein. Wie diese im Detail aussieht, lesen Sie auf Seite 30 in der Marktübersicht der GW-Börsen.Der schweizer MarktIm Jahr 2013 wurden in der Schweiz laut dem Marktbeobachter Eurotax 851.883 Besitzumschreibungen registriert. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutete dies eine Steigerung von 2,8 Prozent. Damit verzeichnete die Schweiz das beste Gebrauchtwagen-Jahr seit zehn Jahren.Die hohe Nachfrage wurde dem Auto Gewerbe Verband Schweiz zufolge durch das überaus breite und lukrative Angebot an jungen Gebrauchten gestützt, die als neuwertige Tageszulassungen aus dem Ausland auf dem Schweizer Gebrauchtwagenmarkt landen. Die Schweiz ist wegen des starken Schweizer Franken zudem eine Hochpreisinsel, was den Export für ausländische Händler in die Alpenrepublik extrem attraktiv macht.

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