Von Armin Wutzer/AUTOHAUS
Die aktuellen Zahlen des DAT-Diesel-Barometers dürften viele Händler leicht aufatmen lassen: Der Dieselmarkt zeigt Anzeichen dafür, dass er sich langsam normalisiert: So nahm etwa die Zahl der Halterwechsel bei gebrauchten Euro5-Dieseln von Mai auf Juni von 58.150 auf 61.085 zu. 13 Prozent der Verbraucher gaben zudem an, sie würden sich derzeit für einen Dieselmotor entscheiden. Im März waren es noch elf Prozent gewesen.
Trotz dieser verhalten positiven Signale bleiben die Fahrzeugstandzeiten allerdings weiterhin problematisch. Sie betragen derzeit im Schnitt 106 Tage bei Dieselfahrzeugen und 82 bei Benzinern. Das drückt die Marge. Eine Möglichkeit, dagegen vorzugehen, ist, interne Prozesse zu beschleunigen und umzustrukturieren.
Die RKG Rheinische Kraftwagengesellschaft mbH & Co. KG aus Bonn und die Hans Brandenburg GmbH aus Düsseldorf haben das bei der Gebrauchtwagen-Hereinnahme und dem B2B-Verkauf mit den Tools Alpha Controller und Alpha Salessystems des Anbieters Alpha Online versucht. Mit Erfolg: Die GW-Hereinnahme beispielsweise läuft seitdem als einheitlicher Prozessstrahl ab und die Standzeit eins hat sich um mehrere Tage auf durchschnittlich eine Woche verkürzt.
Komplett digitale GW-Hereinnahme
Sobald ein Fahrzeug bei RKG hereinkommt, müssen die Mitarbeiter im Alpha Controller lediglich die FIN eingeben und das System zieht vollautomatisch sämtliche verfügbaren Fahrzeugdaten über DAT in die digitale Fahrzeugakte. Dort stehen die Daten dann sofort für den Gutachter bereit, der das Fahrzeug bewertet und über Smartphone oder Tablet sämtliche Schäden samt Bildern direkt im Alpha Controller protokolliert.
Darauf aufbauend lässt sich im Tool der Fahrzeugwert sofort und für alle Beteiligten nachvollziehbar kalkulieren, die Verwendungsentscheidung treffen und die dafür nötigen Reparaturaufträge in der Werkstatt und bei den Dienstleistern anstoßen. "Das ist kein Vergleich zum alten Prozess mit Fahrzeugakten aus Papier", sagt B2B-Verkaufsberater Felix Koswig von RKG. Denn nun könnten anders als bei Papierakten alle am GW-Prozess Beteiligten jederzeit gleichzeitig auf die digitalen Akten zugreifen und gegebenenfalls ergänzen. Turmhohe Papierstapel und stundenlange Aktensuche seien damit passé. Änderungen an den Akten ließen sich zudem über ein Rechtesystem steuern und ohne Ausnahme individuell zuordnen. Ein Ampelsystem ermöglicht obendrein, den Prozessfortschritt von der Hereinnahme bis zur fertigen Reparatur lückenlos zu überwachen.
Das ist auch für Christian Hanten, Gebrauchtwagen-Verkaufsleiter bei Brandenburg, ein wichtiger Punkt: "Beim bisherigen Verfahren war die Prozesskette von Hereinnahme und Aufbereitung nicht exakt nachvollziehbar. Wir wollen die Hereinnahme aber in sieben Tagen abgeschlossen haben. Damit das klappt, müssen wir wissen, wo es hakt." Daneben gibt es aber noch weitere Controlling-Möglichkeiten. Felix Koswig von RKG nutzt den Alpha Controller zum Beispiel auch, um die Anzahl der Fahrzeugbewertungen mit der tatsächlichen Anzahl der in Zahlung genommenen Fahrzeuge abzugleichen. "Daraus lassen sich schnell Stärken und Schwächen einzelner Verkäufer ableiten. Zudem können wir geplante Überoder Unterbewertungen bei der Hereinnahme erkennen und sie direkt steuern beziehungsweise buchen", sagt Koswig.
Sind die Fahrzeuge schließlich bewertet, lassen sie sich bei Brandenburg und RKG direkt aus dem Alpha Controller in die hauseigenen B2B-Auktionsplattformen einstellen. Diesen liegt jeweils die Software Alpha Salessystem zugrunde, die allerdings optisch und funktional an die Wünsche der einzelnen Autohäuser angepasst ist.
Volle Kontrolle für den Verkäufer
Zugang zu den Auktionsplattformen erhalten nur von den Autohäusern registrierte Weiterverkäufer. Dort können diese die Fahrzeuge in Einzelauktionen, Paketauktionen oder über eine Sofortkauf-Funktion erwerben. Die Hoheit darüber wie, wann und zu welchem Preis die Fahrzeuge eingestellt werden, liegt dabei allein bei den GW-Verantwortlichen in den Betrieben. Möglich sind deshalb auch Auktionen mit Vorbehaltsregelungen zum Mindestpreis sowie Premium-Auktionen für ausgesuchte Bieter.
Das Verfahren hat für die Autohäuser mehrere Vorteile. Zum einen müssen die Verkäufer nicht mehr alle Interessenten jedes Mal aufs Neue über die angebotenen Fahrzeuge informieren und mit ihnen langwierig verhandeln. Zum anderen erhalten alle die gleichen Chancen und es gibt im Hinblick auf die Compliance- Regeln keine Möglichkeit mehr für unsaubere Deals zwischen Aufkäufern und einzelnen Mitarbeitern. Ein weiterer Vorteil der eigenen Plattform ist, dass im Gegensatz zu offenen Auktionsplattformen kein Konkurrenzdruck durch andere Händler existiert.
Rund 70 meist regionale B2B-Kunden nutzen derzeit die Plattform von RKG, 130 die von Brandenburg. "Anfangs haben die Aufkäufer unsere Plattform boykottiert und wollten am alten Verfahren festhalten. Davon haben wir uns aber nicht abbringen lassen und uns letztlich durchgesetzt", berichtet Geschäftsführer Ralf Brandenburg. Das hat sich gelohnt: Derzeit verkauft sein Unternehmen im Monat zwischen 50 und 70 Fahrzeuge und erzielt damit im Vergleich zu offenen Auktionsplattformen und dem Verkauf vor Ort im Autohaus durchschnittlich drei Prozent mehr Ertrag. "Die Dynamik und die Konkurrenz unter den Bietern machen unsere Auktionen zum absoluten Profit-Center", sagt Brandenburg.
Durchschnittlich 6,5 Prozent Ertrag
Ähnlich sieht es bei RKG aus. Dort gehen bei einem Durchschnittsertrag von 6,5 Prozent monatlich etwa 60 Fahrzeuge über die Plattform. Die durchschnittliche Standzeit eines Gebrauchtwagens im B2B-Bereich beträgt im Moment rund 25 Tage. "Unsere Standzeiten haben sich im Schnitt halbiert, ohne dass ich die Fahrzeuge verschleudern müsste. Im Gegenteil - ich habe bislang noch jedes Auto zu einem für uns akzeptablen Preis wegbekommen", sagt Koswig.
Selbstläufer sind die Auktionsplattformen allerdings nicht. Pro Auktion rechnet Christian Hanten mit drei Stunden Arbeit, um die Fahrzeuge preislich richtig zu positionieren, ausreichend Bilder und Informationen bereitzustellen und die Auktion zu managen. "Der interne Aufwand darf auf keinen Fall unterschätzt werden", warnt er deshalb. Im Prinzip bleibe der Zeitbedarf für den Verkäufer ähnlich wie früher, schätzt auch Koswig. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Den Preis müssen die Käufer nun unter sich ausmachen. Und das lohnt sich.