Digital Motors: Einfach Autos verkaufen

Noch im zweiten Halbjahr 2020 will Digital Motors zunächst in den USA einen modernen und digitalen Verkaufs- und Finanzierungsprozess für die traditionellen Automarken anbieten. Andreas Hinrichs, CEO des Unternehmens aus Irvine in Kalifornien, erklärt die Details. AH: Herr Hinrichs, der einzige Hersteller, der bisher Neuwagen konsequent über das Internet verkauft, ist Tesla. Nun entwickelt Digital Motors einen Online-Shop für den Handel, der den digitalen Verkauf für Kunden einfach und effektiv gestalten soll. Als Benchmark gilt der Apple Store. Wie weit sind Sie damit? A. Hinrichs: Wir arbeiten nun seit etwa eineinhalb Jahren an diesem Projekt und sind jetzt dabei in den kommenden Monaten, die ersten Pilotprojekte vorzubereiten. Sobald die Pilotphase abgeschlossen ist, gehen wir noch im zweiten Halbjahr 2020 zunächst nur in den USA in den Sales-Modus und vermarkten die Plattform. Wir werden dann einen modernen und digitalen Verkaufs- und Finanzierungsprozess für die traditionellen Automarken anbieten. AH: Nun gibt es schon einige Anbieter auch in Deutschland. Was ist der Ansatz von Digital Motors? A. Hinrichs: Am wichtigsten ist für den US-Kunden, dass wir eine verlässliche Monatsrate darstellen können. Das ist das wichtigste Erfolgskriterium. Der Kunde will wissen, über welche Fahrzeuge der Händler aktuell verfügt und zu welchen Monatsraten diese erhältlich sind. Gleichzeitig braucht er eine klare Aussage zu seiner Bonität, um die Gewissheit zu haben, dass er den Kredit bereits bei der Fahrzeugauswahl in Echtzeit vom jeweiligen Finanzdienstleister auch bekommt. In unserem Shop kann sich der Käufer das Auto aussuchen. Ihm stehen alle Fahrzeugdaten zur Verfügung und er kann seine Monatsrate flexibel gestalten. Wir bieten außerdem die Inzahlungnahme und die Versicherung. Das Fahrzeug wird auf Wunsch gebracht und der Altwagen gleich mitgenommen. AH: Welche Finanzprodukte kann der Kunde wählen? A. Hinrichs: Der Kunde kann, nachdem er sich sein Fahrzeug ausgesucht hat, zwischen Finanzierung, Leasing mit individuellen Raten und Cash wählen. Bei uns heißt das "penny perfect payment". Wir unterlegen die Monatsraten mit verbindlichen Finanzangeboten von den Finanzdienstleistern, die der Händler bestimmt hat. Der Kunde kann in der Regel im US-Markt bei jedem Verkauf anders als in Deutschland theoretisch unter einer Vielzahl von Kreditinstituten wählen. Was der Handel letztlich anbietet, entscheidet er selbst! Bis zu 70 Prozent der Neuwagen werden in den USA abhängig von der Marke geleast. AH: Im Apple Store ist der Kaufprozess mit wenigen Klicks erledigt. Ist das bei Digital Motors auch möglich? A. Hinrichs: Das ist genau die Idee und deshalb funktioniert das in unserem Store genauso. Wir schreiben dem Kunden auch nicht vor, was er tun soll. Er kann den Prozess im digitalen Store vollständig abwickeln oder eine Reservierung vornehmen und dann zum Händler fahren. Das bleibt ihm überlassen. AH: Wie kommt der Kunde in den Store? A. Hinrichs: In der Regel ausschließlich über die Website des Händlers oder Herstellers. AH: In den USA kauft der Kunde, was auf dem Hof steht. Es wird also keinen Konfigurator geben? A. Hinrichs: Im "build-to-stock market" konfiguriert der Kunde sein Fahrzeug nicht. Da Neuwagen nur beim Fachhandel aus dem Lagerbestand gekauft werden können, haben wir uns von einem komplizierten Konfigurator verabschiedet. Stattdessen kann der Kunde über unsere eingebaute Suchmaschine das passende Fahrzeug anhand der wichtigsten Kriterien wie Farbe, Ausstattung und Motorisierung schnell und einfach lokalisieren. AH: Wie läuft die Inzahlungnahme? A. Hinrichs: Der Prozess wird vollständig digital abgebildet. Wir haben die physische Rücknahme im Händlerbetrieb digital übertragen. Wir nutzen dieselben Datenquellen. Der Kunde bekommt digital oder analog immer dasselbe Ergebnis. Wenn das Auto dann an den Händler übergeben wird, gibt es eine finale Inspektion. Sofern bisher unbekannte Mängel entdeckt werden, werden diese berücksichtigt. AH: Viele glauben, dass der Kunde ein derart großes Investment wie den Kauf eines Autos nicht digital abwickeln will. Da sind Sie sicher anderer Meinung? A. Hinrichs: Aus unserer Sicht will der Kunde heutzutage mehr tun, als nur als Lead behandelt zu werden. Er möchte sich beim Kauf stärker engagieren, vor allem wenn es um die Gestaltung der Monatsrate geht und um den Zugang zu den Informationen. Wir ermöglichen es dem Kunden, so tief in diesem Prozess einzusteigen, wie er möchte. Er kann aber zu jedem Zeitpunkt zum physischen Prozess beim Händler wechseln. Wir schreiben also nichts vor, sondern überlassen es dem Kunden. Das ist maximale Flexibilität. AH: Wie lange dauert die Installation eines Shops beim Händler? A. Hinrichs: Unser "intelligent fintech engine" läuft im Hintergrund und so können wir einen Shop für den Händler innerhalb von einer Stunde an den Start auf der Homepage bringen. Es gibt dabei immer eine maßgeschneiderte Lösung für den jeweiligen Händler. Das geht über die Konfiguration und nicht über die Programmierung einzelner Instanzen. Das Frontend wurde bewusst einfach und verständlich gestaltet. Der Kunde muss nicht zum Finanzexperten werden, um den Autokauf darzustellen. Was einfach aussieht, ist im Hintergrund allerdings hoch komplex. AH: Auf welche Daten greifen Sie zurück? Andreas Hinrichs: Alle vielfältigen Daten, die für den Autokauf relevant sind. Das sind die Daten der Fahrzeuge, der Franchiseagreements, der verschieden Finanzdienstleistern, der Systemanbieter, mit denen der Händler zusammenarbeitet oder der Gebrauchtwagen- und der Versicherungsprodukte. AH: Was war die größte Herausforderung bei der Entwicklung? A. Hinrichs: Die größte Herausforderung ist die Skalierbarkeit und Harmonisierung. Jede Marke ist unterschiedlich beispielsweise bei den Marketingprogrammen. Wir brauchen immer einen gemeinsamen Nenner in unserer Systemarchitektur, der es uns erlaubt, den Online-Shop für jede Marke und jeden Händler bzw. jede Händlergruppe inklusive der Integration der Finanzdienstleister darzustellen. AH: In welcher Form werden Sie mit Herstellern kooperieren? A. Hinrichs: Unsere Lösung schafft die Verbindung zwischen Hersteller und Händler. Neuwagen dürfen in USA nur über den Handel verkauft werden. Mit unserer Plattform können die Hersteller allerdings Marktplätze auf den eigenen Webseiten darstellen. Dort werden die Produkte gezeigt, das Fulfillment ist dann Aufgabe der Händler. Auch auf einer herstellergetriebenen GW-Börse sind es immer Händler, die den Verkaufsprozess vollziehen. Wir erschließen für die Fahrzeuge damit verschiedene Kanäle. Der Betreiber eines Digital Motors Store kann frei entscheiden, welche Fahrzeuge und welche Marken er anbietet und wer die Transaktion übernimmt. Der Händler ist damit im "driver seat". Gleichzeitig kann der Kunde jetzt tiefer in den Prozess einsteigen und der Händler sieht genau, wie qualifiziert der Kunde ist, den Fahrzeugkauf erfolgreich abzuschließen. AH: Was bezahlt der Händler? A. Hinrichs: Wir bieten "software as a service". Der Händler bezahlt also eine monatliche Gebühr abhängig von Größe und gewählten Features. AH: Wie reagiert der Handel bisher auf das Angebot? A. Hinrichs: Sehr interessiert! Die Verkäufer stehen unter einem großen Effizienzdruck. Man muss mehr Autos an die Kunden innerhalb einer kürzeren Zeit verkaufen. Das kann man mit unserer Plattform erreichen. Wenn der Kunde zum Händler kommt, steht unser Online-Store auch für die Verkäufer zur Verfügung, um den Prozess gemeinsam mit den Kunden durchzuführen. AH: Herr Hinrichs, herzlichen Dank für das Gespräch!

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