Ausgabe 20/2007: Der Change-Manager

Pit-Stop / Die Werkstattkette will weg vom Billig-ImageDer Change-Managervon S. HeusingerDie drei Jungs in den blauen Overalls singen "Jo-jo-jo" und haben damit der Werkstattkette Pit-Stop über Jahre hinweg ein eingängiges Billig-Image verschafft. Das soll sich jetzt mit dem Strategiewechsel des neuen Geschäftsführers Gerd Hartmann ändern. AH: Herr Hartmann, Ihre ersten 100 Tage als Managing Director bei Pit-Stop sind vorbei. Welchen Eindruck haben Sie von dem Unternehmen gewonnen?G. Hartmann: Ich habe mich weit vor meinem Amtsantritt im Februar intensiv mit Pit-Stop, seiner Struktur, seiner Leistung und seiner Ausrichtung auseinandergesetzt. In den letzten Monaten hat sich bestätigt, dass Pit-Stop ein äußerst profitables Unternehmen ist, das mit einer sehr schlanken Organisation kontinuierlich Wachstum generiert hat. Trotzdem wusste ich vom ersten Gespräch mit meinen Gesellschaftern, dass wir einen tiefgreifenden Wandel vornehmen müssen. Das Stichwort Change-Management habe ich mir deutlich auf die Fahnen geschrieben. Mir ist es ein besonderes Anliegen, deutlich zu machen, dass wir etwas bewegen wollen und dass alle 1.400 Mitarbeiter in Deutschland an einem Strang ziehen müssen.AH: Worin besteht der tiefgreifende Wandel, den das Unternehmen vollziehen soll?G. Hartmann: Wir wollen ein verstärktes Wachstum verzeichnen können, aber mit höherer Schlagzahl und in einer anderen Qualität als in den Jahren zuvor. Mit dem Ziel, in Deutschland ein flächendeckendes Filialnetz zu haben, wollen wir die Anzahl unserer Niederlassungen innerhalb der nächsten vier bis fünf Jahre von derzeit fast 400 auf rund 750 vergrößern. Das ist aber nur die eine, die quantitative Seite. Viel wichtiger und einschneidender sind die Erschließung neuer Kundengruppen sowie die vollständige Neupositionierung von Pit-Stop in Deutschland.Neue ZielgruppenAH: Wie soll denn die neue Kundenklientel aussehen?G. Hartmann: Im Privatkundenbereich reparieren wir heute Fahrzeuge, die über dem Durchschnittsalter in Deutschland liegen. Zehn Jahre alte Autos sind keine Seltenheit. In Zukunft wollen wir auch Kunden mit vier bis sechs Jahre alten Fahrzeugen bedienen, ein Segment, das bislang vor allem den herstellerautorisierten Werkstätten vorbehalten war. Auch oder gerade im Großkundenbereich gilt es bei uns noch einiges aufzuholen, denn darauf lag in den letzten Jahren fast kein Fokus. Entsprechend liegt der Umsatzanteil, den wir im Flottengeschäft derzeit machen, bei nicht mehr als sechs Prozent. Dieser kommt von etwa 280 gewerblichen Kunden, von denen aber im Grunde lediglich zwei Drittel wirklich am aktiven Geschäft teilnehmen. Innerhalb des nächsten Jahres wollen wir diesen prozentualen Anteil verdoppeln. Mittelfristig soll der Geschäftskundenanteil rund 20 Prozent vom Pit-Stop-Umsatz ausmachen.AH: Ist Pit-Stop in seiner gesamten Struktur und Ausrichtung derzeit überhaupt auf Flottenkunden eingestellt?G. Hartmann: Grundsätzlich ja. Vor allem im internationalen Flottengeschäft. Mit seinen europaweit 2.200 Filialen ist Kwik-Fit, so der Name der Muttergesellschaft, perfekt auf das internationale Fuhrparkgeschäft eingestellt. Meine Kollegen in England und Frankreich arbeiten auch bereits viel enger mit Leasinggesellschaften zusammen, als wir es in Deutschland bislang getan haben. Die haben die 20-Prozent-Hürde längst geknackt. Wir werden einiges von den Kollegen adaptieren können, um das Flottengeschäft in Deutschland zu intensivieren. Nehmen Sie zum Beispiel LeasePlan. Im internationalen Flottengeschäft arbeitet dieser Leasinggeber bereits eng mit uns zusammen, auch in Deutschland kooperieren wir im Reifensektor bereits mit LeasePlan. Einem Ausbau dieses Kundensegments steht also nichts im Wege. Den Ansprüchen, die Fuhrparkmanager an uns stellen, können wir bereits heute weitgehend genügen. In allen Filialen beschäftigen wir Kfz-Meister, wir bieten Erstausrüsterqualität und zwei Jahre Garantie auf unsere Leistungen, reparieren und warten markenübergreifend alle Fahrzeugmodelle vom Pkw bis hin zum Kleintransporter mit 3,5 Tonnen. Der Punkt, an dem wir unsere Hausaufgaben noch besser machen müssen, ist die Kommunikation unserer hohen Qualität. Das, was wir können, wissen einfach noch zu wenige Flottenkunden und Leasinggesellschaften.Nicht nur billigAH: Wie werden Sie sich denn zukünftig in der Außenwirkung aufstellen?G. Hartmann: Unser Preis-Leistungs-Verhältnis wird im Mittelpunkt unserer Kommunikation stehen. Bislang kannte uns jeder nur als billigen Anbieter und das war in der Vergangenheit auch das gut funktionierende Geschäftsmodell. Wenn wir aber unser Kundenportfolio erweitern wollen, muss deutlicher gemacht werden, dass wir erstklassige Leistung und top Service zu fairen Preisen anbieten. Ferner werden wir uns in der Ansprache unserer Kunden verändern. Wir werden sehr deutlich kommunizieren, dass wir uns für die Fahrzeuge unserer Kunden verantwortlich fühlen. Wir gehen, wenn Interesse besteht, auch unter die Hebebühne und nehmen eine professionelle Beratung direkt am Fahrzeug vor. Alles das sind sehr einfache Dinge, die aber gar nicht so leicht umzusetzen sind. Es genügt nicht, kluge Werbekampagnen durchzuführen, deren Botschaften beim nächsten Werkstattbesuch ohnehin wieder vergessen sind. Vielmehr müssen wir bei jedem Kunden unsere Persönlichkeit und unsere Leistung aufs Neue unter Beweis stellen.AH: Was bedeutet diese Neuausrichtung konkret für die Ansprache von Großkunden?G. Hartmann: Deren Ansprache ist gar nicht so schwer, wie es auf den ersten Blick scheint. Die beschriebene Strategie, mit allem, was wir tun und sagen, unsere Leistung unter Beweis zu stellen, lässt sich im Großkundengeschäft noch besser umsetzen als beim Privatkunden, der nur einmal im Jahr in die Werkstatt kommt. Mit Fuhrparkmanagern oder Kundenbetreuern bei den Leasinggesellschaften sind wir nahezu täglich im Gespräch, die Frequenz der Arbeiten ist viel höher und damit steigt gleichzeitig unsere Chance, kontinuierlich zu verifizieren, was wir versprechen.AH: Von welchen besonderen Leistungen profitieren Ihre Flottenkunden?G. Hartmann: Mit jedem Großkunden verhandeln wir eine Rahmenvereinbarung, die die grundsätzlichen Leistungen abdeckt. Da diese Vereinbarungen modular aufgebaut sind, können wir zielgenau auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen und nur den Umfang festhalten, der wirklich gefragt ist. Ein typischer Dienstleistungsbaustein, den eine Leasinggesellschaft immer abfragt, ist der Reifenservice und die Einlagerung. Aber auch Autoglas und in Zukunft Smart Repair können dazu gehören. Die Definition der Leistungen sowie die Abrechnungsmodalitäten und die Parameter für die Fuhrparkanalyse werden schließlich in unserem Fleet-Autorisierungs-System F. A. S. hinterlegt. Jeder Mitarbeiter in unseren Filialen hat Zugriff darauf und kann mit einem Mausklick erkennen, wie der Fahrer eines Großkunden bedient werden soll. Das heißt also: Egal, welche Pit-Stop-Werkstatt ein Großkunde aufsucht, von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen zahlt er denselben Preis. Über F. A. S. erfolgt schließlich auch der Rechnungslauf und die Kostenanalyse über unsere Mitarbeiter im Innendienst. Auch hier gilt der Kundenwunsch: Manche wollen Einzelrechnungen, andere ein monatliches Reporting, das hängt von den jeweiligen internen Abläufen beim Kunden ab. Den Managementcharakter gewinnt das System durch seinen Analysebereich, in dem nach individuellen Parametern Kosten und Kostenausreißer eingesehen werden können.AH: Welche weiteren Mehrwerte gibt es?G. Hartmann: Der entscheidende Mehrwert, vor allem gegenüber herstellerautorisierten Werkstätten, ist unser ungeschlagenes Preis-Leistungs-Verhältnis. Um zu verdeutlichen, dass dies nicht einfach "billig" bedeutet, will ich Ihnen noch ein paar Services nennen. Natürlich ist jeder Fahrer eines Firmenwagens künftig mit einem Booklet ausgestattet, in dem alle relevanten Informationen und Ansprechpartner enthalten sind. Darüber hinaus bieten wir unsere Fleetcard an, die ihn in jeder Filiale als Pit-Stop-Kunden ausweist und die für unsere Werkstattmitarbeiter die notwendigen Identifikationsangaben enthält, um im F. A. S. die richtige Rahmenvereinbarung aufzurufen. Zudem steht ein spezialisiertes Team von Großkundenbetreuern im Innendienst jedem Fuhrparkmanager bei Fragen Rede und Antwort. Außerdem denken wir derzeit über die Erweiterung unserer Servicepalette nach. Denkbar sind Zusatzleistungen, wie zum Beispiel die Stellung von Mietwagen oder die Integration eines Schutzbriefs in die Reparatur. Das sind aber Fragen des Tagesgeschäfts, die sich schnell lösen lassen. Zunächst steht bei uns aber die Weiterentwicklung der persönlichen Kundenansprache im Vordergrund.AH: Sprechen Sie Großkunden auch direkt vor Ort an?G. Hartmann: Ja, wir haben eine Key-Account-Struktur, die wir derzeit erheblich ausbauen. Dieser Bereich liegt in den Händen von Matthias Hansen, der seit dem 1. Juni die Position des Director Sales & Fleet innehat. AH: Ihr Wettbewerber A.T.U spricht in Deutschland von 16.000 betreuten Flottenkunden. Hier liegen Sie zumindest im Volumen weit zurück.G. Hartmann: Auf das Spielchen rund um Kundenvolumen oder gar Preise will ich mich nicht einlassen. Wir treten vor allem verstärkt in den Wettbewerb mit den Werkstätten der Automobilhersteller, weil hier die Vorteile unserer "Preiswert"-Strategie deutlich auf der Hand liegen. Außerdem stehen wir nur bei rund 50 Prozent des Geschäfts von A.T.U im Wettbewerb. Anders als dieser Marktbegleiter verkaufen wir keine Ersatzteile oder Zubehör über die Ladentheke, sondern konzentrieren uns auch weiterhin ausschließlich auf unsere Reparaturleistung. Mit diesem Modell haben wir ein Alleinstellungsmerkmal. Diese Stärke werden wir weiter ausbauen und krempeln dafür die Ärmel hoch.AH: Herr Hartmann, herzlichen Dank für das Gespräch!

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