Das eingetrübte Autogeschäft und überraschend hohe Anlaufkosten bei Neuaufträgen zwingen den Autozulieferer Leoni schon wenige Monate nach einem Führungswechsel zu Abstrichen beim Gewinn. Die für 2015 und 2016 angepeilten Ziele würden nach "überraschend starken Belastungen" im September nicht mehr zu halten sein, teilte das Unternehmen am Dienstag in Nürnberg mit. Seit Mai leitet das Unternehmen der bisherige Finanzchef Dieter Bellé. Er hatte die Nachfolge von Klaus Probst angetreten, der in Ruhestand gegangen war.
Der noch im Frühsommer angepeilte Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 200 Millionen Euro für 2015 erscheint dem Vorstand im Licht der aktuellen Geschäftslage nicht mehr realistisch. Am Ziel von 4,3 Milliarden Konzernumsatz für 2015 hält der Kabel- und Bordnetzhersteller dagegen weiter fest. Auf Umsatzeinbußen hat sich das Unternehmen dagegen für 2016 eingestellt: Statt der anvisierten 4,8 Milliarden Euro dürften am Ende nur 4,6 Milliarden Euro in die Leoni-Kassen fließen.
Anleger reagierten auf die Gewinnwarnung schockiert. Im Vergleich zum Vortag rauschten Leoni-Titel um mehr als 30 Prozent in die Tiefe. Auch andere Autozulieferer-Aktien ElringKlinger, Rheinmetall, Hella, Norma Group und Dürr knickten ein, wenn auch in geringerem Maße. Selbst Börsenneuling Schaeffler wurde nicht verschont.
Hohe Kosten und auslaufende Aufträge
Zur Begründung verwies das Unternehmen vor allem auf die hohen Kosten für insgesamt 26 neu errichtete Produktionslinien bei Kunden vor allem in Osteuropa - bei gleichzeitigem Auslaufen einiger lukrativer Aufträge. "Damit haben wir vor allem in China zu kämpfen. Beides ist jetzt dummerweise zusammengefallen", berichtete ein Unternehmenssprecher. Da einige Kunden zudem auf einen schnelleren Produktionsstart gedrängt hätten, seien die Anlaufkosten in einem nicht veranschlagten Maße in die Höhe geschnellt.
Belastet habe zudem das sich weiter eintrübende Autogeschäft in Russland. "Die Nachfrage ist ohnehin schon runtergegangen. Jetzt hat sich der russische Markt aber noch weiter abgeschwächt", berichtete der Firmensprecher. Auch liefen die Geschäfte mit US-Autoherstellern nicht mehr so rund wie noch vor ein paar Monaten.
Keine Rolle spiele dagegen bislang die VW-Abgas-Affäre. Der Anteil des VW-Geschäfts von Leoni liege bei 5 Prozent. Davon mache das Geschäft mit Bordnetzen für Dieselfahrzeuge aber nur einen kleinen Teil aus, erläuterte ein Leoni-Sprecher. Derzeit sei völlig unklar, ob der Skandal dazu führen werde, dass sich weniger Autokäufer für VW entscheiden. Trotzdem sei die Affäre für Zulieferer ein Unsicherheitsfaktor. (dpa)