Ausgabe 16/2011: Autohaus

Autohaus Satire oder Realität? aktuelle urteile E Kritische Anmerkungen zu Finanzgerichtsurteilen.Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGKürzlich veröffentlichte Finanzgerichtsurteile haben bei uns wieder einmal – höflich ausgedrückt – Kopfschütteln ausgelöst, denn sie sind weder mit unserer Logik noch unserem Gerechtigkeitssinn vereinbar. Ein paar solcher relativ einfach gelagerter Fälle dürfen wir Ihnen heute präsentieren: „Offenbare Unrichtigkeit“?Der Arbeitgeber hatte einen der Höhe nach unzutreffenden Arbeitslohn auf elektronischem Wege an das für den Arbeitnehmer zuständige Finanzamt gesandt. Der Arbeitnehmer selbst hatte in seiner Steuererklärung den höheren, also richtigen Arbeitslohn angesetzt. Das Finanzamt wich von der eingereichten Steuererklärung ab und setzte den unzutreffenden, niedrigeren Arbeitslohn bei der Steuerfestsetzung gegenüber dem Arbeitnehmer an. Und dies, obwohl der Steuererklärung auch eine Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers mit der richtigen Höhe des Arbeitslohns beigefügt war. Später bemerkte das Finanzamt den Fehler und es stellte sich die Frage, ob nunmehr die Steuerfestsetzung korrigiert werden konnte. Eine sehr häufig relevante Berichtigungsvorschrift der Abgabenordnung regelt: Wenn dem Finanzamt ein neuer Sachverhalt bekannt wird, dann kann das Finanzamt innerhalb der Verjährungsgrenzen auch bestandskräftige Steuerbescheide nochmals ändern. Im vorliegenden Fall jedoch war der Sachverhalt nicht neu, weil die entsprechenden Bescheinigungen und auch die Angaben des Steuerpflichtigen ja bereits vor Erteilung des Bescheides dem Finanzamt vorlagen. Daneben können Steuerbescheide aber auch immer dann berichtigt werden, wenn in den Steuerbescheiden eine so genannte „offenbare Unrichtigkeit“ enthalten war. Solche offenbaren Unrichtigkeiten sind zum Beispiel Schreib- oder Rechenfehler oder einfache Übertragungsfehler. Vorliegend konnte sich der Bearbeiter aber zwischen zweierlei Angaben entscheiden und wich von den Steuererklärungsangaben des Arbeitnehmers ab. Bisher hat sich für uns daraus immer ergeben, dass der Sachbearbeiter des Finanzamts bewusst von Angaben des Klägers abgewichen wäre und insofern keine so genannte offenbare Unrichtigkeit gegeben ist. Im vorliegenden Fall hat das Finanzgericht Münster jedoch umgekehrt entschieden: Es läge ein rein mechanischer Fehler vor, aus der Steuererklärung sei nicht ersichtlich, „dass der Veranlagungssachbearbeiter bewusst von den erklärten Angaben des Klägers habe abweichen wollen.“ (??) Steuerschuld unerheblich?Völlig von wirtschaftlichem Verständnis hat sich das Finanzgericht Niedersachsen mit einem Urteil vom 23. 2. 2011 verabschiedet. Ein Erblasser hatte noch bis zu seinem Tod Einkünfte gehabt, für die die Erben Steuern zahlen mussten. Bei der Erbschaftsteuer wollten die Erben diese Steuerzahlungen selbstverständlich als Verbindlichkeiten vom Gesamtvermögen des Erblassers abziehen. Nein, sagt das Finanzgericht, denn im Einkommensteuergesetz stünde, dass die Einkommensteuer immer erst nach Ablauf des Veranlagungsjahres entstehen würde. Sinn dieser einkommensteuerrechtlichen Vorschrift ist es aber offensichtlich nur, dass sämtliche Einkünfte eines Steuerbürgers innerhalb eines Jahres kumuliert erfasst werden, dass also erst nach Ablauf des Jahres feststeht, welche Gesamtausgaben die Gesamteinnahmen mindern dürfen. Außerdem können – bis auf bestimmte Begrenzungen – positive und negative Einkünfte miteinander saldiert werden, so dass gegebenenfalls trotz bestimmter positiver Einkünfte keine Steuer entsteht. Nach Sinn und Zweck der Erbschaftsteuer soll aber nur das besteuert werden, was einem Erben vom Erblasser auch tatsächlich zufließt. Steuerschulden also, die durch den Erblasser selbst noch verursacht worden sind, sind daher nach unserer Logik auch als Nachlassverbindlichkeiten noch erbschaftsteuermindernd zu berücksichtigen. Aber wenigstens wurde die Revision an den Bundesfinanzhof zugelassen, so dass noch die Hoffnung besteht, dass die höhere Einsicht dieses paradoxe Finanzgerichtsurteil wieder kassiert. Oldtimer im SteuerechtDieses Thema hat uns schon öfter beschäftigt, erhält nun aber eine neue Facette: Die spannende Frage ist immer, ob es günstiger ist, Oldtimer im Betriebsvermögen eines Autohauses zu haben oder aber lieber im Privatvermögen, damit spätere Spekulationsgewinne gegebenenfalls steuerfrei vereinnahmt werden können. Bei entsprechenden Chancen auf Wertsteigerungen ist es daher grundsätzlich vorteilhaft, die Autos nicht im Betriebsvermögen zu halten, damit die Gewinne nicht mit dem normalen Steuersatz der Besteuerung unterliegen. Andererseits gibt es die Empfehlung, die teure 1-Prozent-Besteuerung von der Privatnutzung von Kraftfahrzeugen dadurch zu umgehen, sich einen „Alten“ zu kaufen, dessen damalige Anschaffungskosten zwar verglichen mit dem Geldwert von heute schon entsprechend hoch waren, aber der nominale Listenpreis zu einer relativ niedrigen 1-Prozent-Besteuerung führen würde. Ein Steuerpflichtiger hatte nun einen zugelassenen Oldtimer in den Jahren 2004 und 2005 ausschließlich betrieblich genutzt, allerdings dabei zu Kundenbesuchen nur insgesamt 539 km zurückgelegt. Die übrigen Fahrten dienten ausschließlich dem Tanken, der TÜV-Abnahme und der Inspektion. Finanzamt und Finanzgericht entschieden nun aber, dass sämtliche laufenden Kosten deshalb nicht steuerlich geltend gemacht werden konnten, da es sich hierbei um unangemessene Repräsentationsaufwendungen handeln würde und damit der Betriebsausgabenabzug versagt werde. Dies mag ja noch nachvollziehbar sein, doch damit schließt sich die weitere – vom Finanzgericht nicht erforderliche – Entscheidung an, ob damit das Fahrzeug zumindest Privatvermögen darstellt und spätere Wertzuwächse dann nicht der Besteuerung unterliegen. Dies dürfte aber gerade nicht der Fall sein, denn die Nichtabzugsfähigkeit von Repräsentationskosten verhindert nicht, dass der entsprechende Gegenstand trotzdem zum Betriebsvermögen zählt. Der Unternehmer selbst hat ja die Entscheidung getroffen, diesen Gegenstand dem Unternehmensvermögen zuzuordnen, so dass daher nicht ausgeschlossen ist, dass der Fiskus spätere Wertzuwächse tatsächlich besteuern möchte. Wenn diese Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28. 2. 2011 Schule macht, dann sollte man doch von Anfang an dafür Sorge tragen, dass Oldtimer grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen zählen.Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Obwohl das Finanzamt von den richtigen Lohnangaben in der Steuererklärung des Arbeitnehmers abgewichen ist, ohne dass es hierbei einen Übertragungs- oder Schreibfehler gegeben hat, will das Finanzgericht Niedersachsen die nachträgliche Änderung des Steuerbescheides zu Lasten des Bürgers wegen „offenbarer Unrichtigkeit“ zulassen.2. Steuerschulden, die der Erbe noch für Einkünfte des Erblassers zu bezahlen hat, „entstehen“ erst nach dem Tod des Erblassers und sollen nach dem Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen deshalb nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen sein!?3. Betriebsausgaben durch Oldtimer hat das Finanzgericht Baden-Württemberg als unangemessene Repräsentationsaufwendungen eingestuft und nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen – aber trotzdem ist der Gegenstand wohl dem Betriebsvermögen zuzurechnen und spätere Wertzuwächse wären damit voll steuerpflichtig!Kommentar< Bei solchen Urteilen drängt sich schon die Frage auf, ob die Richter als Staatsdiener vielleicht doch lieber die Finanzkraft ihres Arbeitgebers stärken wollen als verständliche, bürgernahe Urteile zu sprechen. Dieser Verdacht kommt vor allem dann auf, wenn die Urteilsbegründung von formalrechtlichen Aspekten und Argumenten geprägt ist. Dadurch entsteht der Verdacht, dass die Sache, in der entschieden wird, über den Einzelfall hinausgehend Wirkung entfalten soll. Sehr schön zu sehen am Oldtimer-Urteil: Wenn schon 500 km für Kundenbesuche mit einem Jaguar E Type, Kostenpunkt weit über EUR 20,00 pro km, nicht so behandelt werden sollen wie 500 km mit einem zeitgemäßen Serienauto – wofür man ja ein gewisses Verständnis haben kann –, stellt sich die Frage, warum das Urteil überhaupt veröffentlicht wird, noch dazu ohne konkret zu sagen, was genau Kriterien und Grenzen für die Angemessenheit sind. Also entsteht Unsicherheit in der großen Gemeinde der Nutzer von Old- und Youngtimern, und wer auf Diskussionen mit Betriebsprüfern lieber von vorneherein verzichtet, läuft Gefahr, eine günstige, ihm aber zustehende Besteuerung nicht in Anspruch zu nehmen. > Autohaus

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Satire oder Realität?

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