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Wilfried Wilhelm Anclam im Interview: "Die Perspektiven sind in diesem Jahr viel besser"

26.06.2023 15:36 Uhr | Lesezeit: 5 min
Wilfried Wilhelm Anclam
Wilfried Wilhelm Anclam hat die Verkaufsmarke von 40.000 Autos fest im Blick.
© Foto: Prof. Hannes Brachat/AUTOLAND AG

AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat sprach in der Firmenzentrale der AUTOLAND AG in Brehna-Leipzig mit dem Vorstandsvorsitzenden Wilfried Wilhelm Anclam über die Herausforderungen des vergangenen Geschäftsjahres und den Ausblick 2023 ff.

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Rückblende 2022

AUTOHAUS: Wie stellt sich im Rückspiegel für die AUTOLAND AG das Wirtschaftsjahr 2022 dar?

Wilfried Wilhelm Anclam: Die größte Herausforderung bestand im vergangenen Jahr im Fahrzeugeinkauf. Die Zahlen des Neuwagen- und Jahreswagen-Einkaufs sind von 2020 bis 2022 kontinuierlich zurückgegangen. 2020 hatten wir noch 14.000 Autos eingekauft. 2022 nur noch 7.500. Das wäre einem erheblichen Umsatzrückgang gleichzusetzen. Wir konnten als Kontrapunkt allerdings den Gebrauchtwageneinkauf um mehrere tausend Stück erhöhen, so dass wir letztendlich 2.000 Einheiten weniger verkauft haben als im Jahr 2021. Das waren dann 15 Millionen Euro Umsatz weniger und im Ertrag 1,5 Millionen Euro. Wir sind also fast auf Vorjahreshöhe 2021 herausgekommen, obwohl wir diesen starken Rückgang im internationalen Zukauf von Neu- und Jahreswagen aufzufangen hatten.

AUTOLAND AG
Wirtschaftsdaten 2022 der AUTOLAND AG
© Foto: AUTOLAND AG
AUTOLAND AG
So stellt sich die Grundstruktur der Leistungs-Offerten von AUTOLAND dar,
© Foto: AUTOLAND AG

Perspektive 2023

AH: Und ihre Sicht zum aktuellen Autojahr?

W. W. Anclam: Die Perspektiven sind in diesem Jahr viel besser geworden. Im Moment sind wir wieder stark steigend unterwegs. Wir haben in der Pandemie gelernt, das Gebrauchtwagengeschäft noch viel besser und in noch viel größerem Volumen zu beherrschen. Ich habe zum ersten Mal in der 45-jährigen Automobilgeschichte, die ich jetzt in diesem Unternehmen gestalte, ein Gefühl, dass die Warenbeschaffung nicht mehr das Schwierigste ist. Das war bislang anders. Wir konnten immer mehr Autos verkaufen als wir beschaffen konnten. Diesen Wandel hat die Pandemie bewirkt.

Wir arbeiten mit über 100 Mitarbeitern im Einkauf, die individuell zukaufen. Da haben wir inzwischen ein Niveau erreicht, das uns zukünftig einen noch größeren Zukauf generieren lässt. Während der Pandemiezeit haben wir im Einkauf international einige neue Varianten entwickelt, auf die wir ansonsten nicht gekommen wären. Das war durchaus eine kreative Zeit. Wir hatten in den Jahren 2020, 2021 und auch 2022 im Ergebnis hervorragende Geschäftsjahre. Es ist durchaus realistisch, dass 2023 das beste Geschäftsjahr unserer Firmenhistorie werden wird.

Change-Management

AH: Wenn derartige Einheiteneinbrüche wie im Neuwagen- und Jahreswagenbereich zu bewältigen sind, wie parieren sie derartige Änderungen im Unternehmen?

W. W. Anclam: Das bedeutet intensives Arbeiten. Präsenz! Es bedarf ferner einer erheblichen zusätzlichen Zahl an Mitarbeitern, um den Neuwagenrückgang über zusätzliche Gebrauchtwagenschienen zu kompensieren. Diese Mitarbeiter fungieren vor allem als Einkäufer. Man muss sie qualifizieren. Ferner haben wir die Einkaufsabteilung optimiert und erweitert. So gut stand unsere Einkaufsabteilung noch nie da. Wir kaufen die Autos ein. Aufkaufen kann sie jeder.

Homeoffice

AH: Pandemie und Homeoffice. Wie wurde dieses Phänomen bei AUTOLAND gestaltet?

W. W. Anclam: Homeoffice lässt sich bei uns im Hause nicht machen. Wir brauchen Verkäufer. Verkäufer können bei uns nicht vom Homeoffice aus an Privatkunden verkaufen. Wir haben ferner Einkäufer. Auch diese können nur durch aktives Arbeiten am Kunden sehr erfolgreich sein. Nicht von zu Hause aus. Man kann etwas von zu Hause vorbereiten, ansonsten ist es viel wirkungsvoller, persönlich vor Kunde zu kommunizieren und zu agieren. In den Stabsstellen hat es Homeoffice gegeben. Gegenwärtig haben wir das ganze Thema nicht mehr.

Wachstumsstrategie

AH: Sie sind ein Mann, der Wachstum schafft, der expandiert. Wie sieht die Wachstumsstrategie 2022 ff. aus?

W. W. Anclam: Im vergangenen Jahr haben wir nur den Standort Berlin 4 eröffnet. Wir werden bei AUTOLAND in nächster Zeit vier neue Standorte eröffnen. Vier weitere Standorte haben wir gekauft. Wir denken, dass wir jedes Jahr mindestens vier neue Standorte in den Neuen Bundesländern eröffnen werden.

Die jeweiligen Standorte richten sich nach der Zahl der dort lebenden Menschen. In Sachsen leben vier Millionen Menschen. Da brauchen wir sicher zwölf bis 14 Betriebe. Im Mecklenburg-Vorpommern sind es 1,6 Millionen Menschen. Dort haben wir sechs Betriebe. Da kommt noch ein siebter hinzu. In Berlin haben wir gerade drei neue Standorte gekauft und werden im Endausbau mit sieben Standorten in der Hauptstadt vertreten sein. Davon sind bislang zwei am Netz. Die nächsten zwei Standorte werden jetzt eröffnet. Die stärkste Niederlassung der AUTOLAND AG ist Berlin 2. Dort verkaufen wir pro Monat zwischen 225 und 250 Fahrzeuge.

Digitalisierung

AH: Was wird bei der AUTOLAND AG in Sachen Digitalisierung gestaltet?

W. W. Anclam: Unsere gesamten Werkstätten sind bereits papierlos. Da läuft alles über Tablets. Wir arbeiten gerade daran, den Verkauf ebenso papierlos abzuwickeln. Von der digitalen Unterschrift bis zu den Vertragsunterlagen. Alles für den "digitalen" Kunden. Wir arbeiten ferner an einem speziellen Buchhaltungsprogramm, das börsenfähige Qualitäten beinhaltet. Wir treiben die Digitalisierung auch sehr stark im Einkauf voran. In allen Unternehmensbereichen wird Digitalisierung großgeschrieben. Ein weiterer Schwerpunkt sei noch herausgehoben, das ist das Digitalphänomen Logistik. Es arbeiten bei uns im Bereich Digitalisierung 25 Mitarbeiter. 

Fachkräfte-Recruiting 

AH: Derartige Wachstumsschübe erfordern neben den laufenden personellen Veränderungen zusätzliches Personal. Wo findet die AUTOLAND AG für ihre dann 28 und später gar 35 Niederlassungen das geeignete Fachpersonal?

W. W. Anclam: Wir haben inzwischen die Hürde von 1.000 Mitarbeiter genommen. Allein im vergangenen Monat haben wir 82 neue Mitarbeiter eingestellt. In Summe haben wir 800 Bewerbungen zu bearbeiten. Wie bearbeitet man diese? Ich nenne als Stichwort: Digitales Recruiting! Wir sind bei Social Media sehr präsent und loben dort beispielsweise werblich aus: "Warum WIR?" Oder: In drei Minuten kann ein Interessent seine Online-Bewerbung aufsetzen. Die jeweilige Bewerbung wird bei uns bei ihrem Eingang digital vernetzt. Wir haben ein Tool, das den Bewerber mit seinen Daten, Qualifikationen digital erfasst. Aus welchem Fachbereich kommt er, aus welcher Stadt, für welche Stelle bewirbt er sich, wer hat ihn geworben usw. Unser System garantiert, dass der Bewerber innerhalb eines Tages Nachricht von uns bekommt, mit Bewerbungstermin usw. Wir informieren ihn gleichzeitig über die AUTOLAND AG, über unsere personelle "Meeting Welt". Unser zentraler Personalbereich trägt die Verantwortung dafür und baut zum Beispiel für das Vorstellungsgespräch vor Ort die Brücken in die einzelne Niederlassung. Einschlägige Bewerber für Führungsaufgaben möchte ich vor der Einstellung persönlich kennen lernen.

AUTOLAND AG
Beispiele für den werblichen Auftritt von AUTOLAND in den Social Media-Kanälen. AUTOLAND wurde 2023 von "Focus" als "Bester Arbeitgeber" ausgezeichnet. AUTOLAND bezahlt neuen Mitarbeitenden beispielsweise einen Wechselbonus von 3.000 Euro. Mitarbeiter, die neues Personal empfehlen, erhalten ebenso einen Bonus in dieser Höhe: 1.000 Euro, so der neue Mitarbeitende die Arbeit aufnimmt, 1.000 Euro nach bestandener Probezeit und 1.000 Euro, wenn der Neue nach 13 Monaten Betriebsangehöriger ist.
© Foto: Prod. Hannes Brachat/AUTOLAND AG

Elektroauto

AH: Wie gestaltet sich die E-Auto-Strategie bei AUTOLAND?

W. W. Anclam: Wir haben an unseren Häusern jetzt begonnen E-Ladesäulen zu bauen, damit wir vorbereitet sind, wenn wir immer mehr Elektroautos verkaufen. Im Moment ist das Thema für uns nicht aktuell. Die Verkaufszahlen im E-Automobilbereich sind am Ende der Förderung sehr stark zurückgegangen. Wir beobachten aber aufmerksam die Szenerie.

Finanzdienstleistungen

AH: Das Thema Finanzdienstleistungen ist ein originäres Thema im AUTOLAND-Geschäftsmodell?

W. W.Anclam: Wir haben im Privatkundenmarkt auch 2023 nach wie vor steigende Verkaufszahlen. Wir werden 2023 zum ersten Mal über 40.000 Autos verkaufen. Der durchschnittliche Abverkaufspreis hat sich auch bei AUTOLAND erhöht. Früher lagen wir bei 19.000 Euro, heute bei 22.000 Euro. Was der Finanzierungsanteil angeht, so ist dieser weiter auf steigendem Kurs. Wir halten aktuell einen Anteil von etwas über 50 Prozent. Auch der höhere Zins, den wir aufgrund der Inflation verrechnen müssen, lässt sich mit Kundenakzeptanz verkaufen. Wir realisieren gut 70 Prozent unserer Finanzierungen über Santander.

Prognose zweites Halbjahr

AH: Wie schätzen Sie das zweite Halbjahr 2023 ein?

W. W. Anclam: Das zweite Halbjahr wird besser als das erste werden, weil wir immer mehr Ware bekommen, auch internationale. Die Preise geben ein wenig nach, womit die Marge etwas geringer werden wird. Hinsichtlich der Nachfrage sehen wir in unserem Unternehmen steigende Tendenz. Und ich darf das für alle 25 Niederlassungen von AUTOLAND sagen. Die drei nächsten Standorte, die die nächsten Wochen eröffnet werden, geben dazu einen weiteren positiven Schub. 

AH: Herr Anclam, wir bedanken uns für das Gespräch!

Impressionen:

Impressionen AUTOLAND AG
CEO Wilfried Wilhelm Anclam, ein Meister der Inszenierung. Auto – Kunde – Mitarbeiter, das ist seine große Firmen-Losung. Das Thema Auto lebt er unter anderem mit "Auto-Perlen", die ihn auf seinem Lebensweg markant berührt haben. Und so komponiert er zum Empfang seine "Ouvertüre", wenn man ihn in seiner "Schaltzentrale" in Brehna zum Gespräch aufsucht. Das ist gelebte automobile Freude, die er mit großem Sach- und Fachverstand farbig zu schildern weiß. Gelebte Auto-Werte!
© Foto: Prof. Hannes Brachat
Auto-Welt der AUTOLAND AG in Brehna
AUTO WELT Brehna: Auf dem über 400.000 Quadratmeter großen Firmenareal der AUTOLAND AG in Brehna agiert u.a. auch eine AUTOLAND- Niederlassung von "AUTO WELTt". Atmosphärisch eingekleidet in eine malerische Wildblumenwiese. Das AUTOLAND-Phänomen: jede der 25, bald 28  Niederlassungen präsentiert sich optisch wie organisatorisch in einem Top-Zustand. Das ist vorgelebte perfekte Organisation und Gestaltung von Filialbetrieben. Da steckt hohe Könnerschaft und Disziplin dahinter.
© Foto: Prof. Hannes Brachat
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