Händlerbasiertes Auto-Abo: Auf dem Weg zum Mobilitätsanbieter

An den bis dato dominierenden Kerngeschäftsfeldern im Fahrzeugverkauf im Autohaus (Kauf, Leasing und Finanzierung) festzuhalten und sich auf diese zu beschränken, ist mit Blick auf die zunehmende Nachfrage nach flexiblen Mobilitätslösungen der Autohauskunden zukünftig voraussichtlich nicht ausreichend, um die eigene Marktstellung zu sichern. Dynamische und bis heute weniger relevante Geschäftsfelder wie Langzeitmieten, Auto-Abo, externe Mietangebote oder auch Carsharing gewinnen immer mehr an Bedeutung. Aus Kundensicht sind diese neuen Möglichkeiten der Mobilität deutlich flexibler und damit besser an die individuellen und wechselnden Bedürfnisse anzupassen. Das Auto-Abo weist im Vergleich zur Finanzierung eines Fahrzeuges beispielsweise eine signifikant kürzere Vertragslaufzeit auf, wodurch kurzfristig auf mögliche Veränderungen der Lebenssituationen des Endverbrauchers reagiert werden kann.Der aktuell sehr agile Markt der Fahrzeugabonnements setzt sich neben den Geschäftsmodellen etablierter OEMs auch aus Angeboten einiger Start-ups und Dienstleister zusammen. Hierbei können die Marktteilnehmer grundsätzlich in Plattformanbieter (Anbieter von Softwarelösungen zur Bereitstellung bzw. Ausführung des Auto-Abos) und Full-Stack-Anbieter (reine Auto-Abo-Anbieter) differenziert werden. Unternehmen wie Carve8, Faaren oder Fleetpool stellen Autohäusern die Softwarelösung und ermöglichen dadurch eine Integration des Abo-Modells als eigenständiges Geschäftsmodell (White-Label). Gleichzeitig existieren diverse Unternehmen am Markt, welche Fahrzeuge in ihren eigenen Bestand aufnehmen und somit Eigentümer dieser Fahrzeuge sind. In diesem Fall sieht das Geschäftsmodell vor, alle Aspekte des Abo-Modells, von der IT-Lösung über den Fuhrpark bis zum Kundensupport, durch den Anbieter abzudecken.Vor- und Nachteile der Abo-ModelleHat man sich über das aktuelle Marktgeschehen nun einen Überblick verschafft, ist die naheliegende Frage, welche Vor- und Nachteile die jeweiligen Geschäftsmodelle mit sich bringen. Bevor diese jedoch betrachtet werden, sollte zunächst mit Blick auf das Autohaus der Grad der zu erbringenden Eigenleistung eingeschätzt werden. Trifft das Unternehmen hier aufgrund von Know-how und verfügbaren Kapazitäten die Entscheidung, wenig Eigenleistung in das neue Abo-Modell einbringen zu können, so fällt die komplette Eigenerstellung in der Überlegung der Geschäftsmodelle bereits weg.Neben dem Grad der Eigenleistung sind die Eigentumsverhältnisse der angebotenen Fahrzeuge ein weiteres entscheidendes Kriterium bei der Wahl des Geschäftsmodells. Sowohl bei einem eigenständigen Abo-Modell des Händlers als auch bei Plattformanbietern und White-Label-Lösungen, welche eine Softwarelösung mit händlereigenem Branding anbieten, bilanziert der Abo-Anbieter das Fahrzeug im eigenen Fahrzeugpool. Sofern dies aus Händlersicht ein unabdingbares Kriterium darstellt, ist ein Full-Stack-Anbieter in diesem Fall nicht die optimale Lösung. Auch die Vertragssituation und der Verbleib der damit verbundenen Kundendaten können unterschiedlich geregelt sein.Einen der aus Kundensicht relevantesten Aspekte des Geschäftsmodells stellt die Buchung des Abo-Angebots dar. Findet der Endverbraucher die Mobilitätslösung auf der händlereigenen Website, auf der Website des Auto-Abo-Anbieters oder gar über die Plattform des OEMs. Auch hier gibt es unterschiedliche Lösungen, jede mit ihren eigenen Vor- und Nachteilen, wie in folgender Grafik dargestellt.Sollte der Händler sich für ein eigenständiges Modell oder eine White-Label Lösung entscheiden, tritt er dem Kunden mit einem einheitlichen Markenauftritt gegenüber. Dem entgegen stehen Plattformanbieter, welche als eigenständige Marke auftreten und Abo-Nutzern eigene Customer Touchpoints bieten. Dafür bieten diese aber einen entscheidenden Vorteil für den Händler: Er trägt weder ein Risiko, noch ist er für das Pricing verantwortlich, beides übernimmt der Plattformanbieter. Dementsprechend entgehen dem Händler aber auch die Schnittstelle zum Kunden sowie der volle Ertrag des Geschäfts. Auch bei einem White-Label mit Reichweitenseite, wie z. B. Faaren, ist der Wettbewerb nur einen Klick entfernt.PlattformanbieterPlattformanbieter bieten aber auch Händlern die Möglichkeit, in das Abo-Geschäft einzusteigen, welche keinerlei Vorerfahrungen oder Know-how auf diesem Gebiet vorweisen können. Des Weiteren ist das Inkasso- und das Schadensrisiko aus Händlersicht ausgelagert. Dies und der geringere Verwaltungsaufwand sind definitiv Faktoren, welche zur Wahl eines Plattformanbieters als Geschäftsmodell für ein Auto-Abo führen können, auch wenn der Händler in diesem Fall ein reduziertes Ertragspotenzial im Abo-Geschäft verzeichnet. Dennoch kann es ein Startpunkt sein, um das lokale Potenzial zu prüfen und in einem zweiten Schritt mit gesteigerter Eigenleistung in das Abo-Geschäft einzusteigen.Eigene LösungGibt es im Autohaus die notwendigen Kapazitäten sowie die Kompetenzen, eine IT-Plattform aufzubauen und instand zu halten, könnte auf externe Expertise verzichtet und das Abo-Geschäft somit aus eigener Hand, aber auch mit allen damit verbundenen Risiken aufgezogen werden.White-Label-LösungDie goldene Mitte stellt eine White-Label Lösung dar, welche einerseits die IT-Plattform und Systemlösungen (ganz nach Händlerwunsch und im Händler-Look) bietet, beim eigentlichen Abo-Vertrag allerdings nicht in Erscheinung tritt. Dieser kommt in diesem Fall lediglich zwischen Händler und Endverbraucher zustande. Hier sind insbesondere Carve8 und Faaren als Anbieter in Deutschland am Markt. Faaren bietet den Händlern zudem die Möglichkeit, die Abo-Angebote auf einem Marktplatz anzubieten und dadurch Reichweite zu gewinnen und Leads zu generieren. Dies allerdings zum Preis der höheren Wettbewerbsintensität und der Vergleichbarkeit der Angebote durch die potenziellen Kunden.Rentabilität prüfenSomit sind den Autohändlern verschiedenster Größen und Ausrichtungen Möglichkeiten geboten, nach ihren Wünschen und Bedürfnissen in das Auto-Abo-Geschäft einzusteigen und ihren Betrieb somit zukunftsfähig aufzustellen.Zur Rentabilität des Abo-Modells gibt es folgende Wirtschaftlichkeitsüberlegungen: Auf der Kostenseite des neuen Geschäftsmodells steht im Kern der Kostenblock Fuhrpark, welcher In- und Defleetingkosten (Zulassung, Betankung und Transport sowie TÜV / AU und Aufbereitung), Abnutzungskosten und laufende Kosten umfasst.Während In- und Defleetingkosten sowie Abnutzungskosten bei Neuwagen höher sind als bei Gebrauchten, fallen laufende Kosten bei beiden gleichermaßen an, da beim Auto-Abo Versicherung, Steuern und GEZ in der Abo-Rate inkludiert sind und somit vom Anbieter getragen werden müssen.Je nach gewähltem Abo-Modell fallen außerdem IT- und Lizenzgebühren sowie Marketingkosten an, welche mit den Kosten für den Fuhrpark über die vom Abo-Nehmer zu zahlende Abo-Rate erwirtschaftet werden müssen.In der obenstehenden Beispielrechnung (Abbildung 3) wurde anhand von Nettopreisen eine realistische Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei einer Abo-Laufzeit von sechs Monaten vorgenommen, welche zu dem Ergebnis kommt, dass bei einer kalkulatorischen Abschreibung von einem Prozent, einem monatlichen Zinssatz von zwei Prozent und einer monatlichen Abo-Rate von 620 Euro bei Gebrauchtwagen das neue Geschäftsmodell durchaus rentabel ist.Die Einschätzung bei Neuwagen fällt sogar noch positiver aus, bei einer Abschreibung von einem Prozent sind mit gleichbleibendem Zinssatz, untenstehenden Aufwendungen und einer durchaus realistischen Abo-Rate von 1.100 Euro pro Monat ebenfalls Gewinne zu erzielen.Der Weg der UmsetzungWas ist nun aus Händlersicht auf dem Weg zum Auto-Abo-Anbieter zu tun, nachdem aus den eingangs geschilderten Geschäftsmodellen das passende ausgewählt wurde und die kalkulatorischen Überlegungen Rentabilität voraussagen? Zuerst bietet sich eine Voranalyse der im Betrieb bestehenden Prozesse an, um daraufhin Zuständigkeiten, Zeitplan und Ziele des neuen Geschäftsfeldes zu definieren.In der anschließenden Projektphase sind alle Prozessabläufe zu definieren und ins bestehende Autohausgeschehen zu integrieren, es gilt Preise, Buchhaltungs- und Verrechnungsabläufe sowie Abo-Bedingungen zu definieren und festzuhalten. Besonderes Augenmerk sollte auf der IT-Infrastruktur liegen, denn Effizienz entsteht hier vor allem durch eine vollständig digitalisierte Buchung des Abos inklusive Bonitätsprüfung und Zahlung.Am Ende sollten die Zuständigkeiten klar definiert und verteilt worden sein, sodass ein erfolgreicher Go-live sichergestellt werden kann. Die definierten Prozesse und Systeme können geschult und angebunden werden. Systemscreening und die fortlaufende Sicherung eines reibungslosen Ablaufs nach Go-live sollte nicht vernachlässigt werden, um sich als Mobilitätsanbieter nachhaltig auf einem sehr stark wachsenden Markt zu etablieren.Ingo Frank, Gründer und Geschäftsführer der effisma.group, berät mit seinem Team seit 20 Jahren Hersteller und Händlergruppen bei der Gestaltung von Vertriebsprozessen. Die letzten Jahre vor allem beim Aufbau und der Umsetzung von Mobilitätskonzepten im Handel, wie z. B. markengebundene Mietmodelle oder Abo-Angebote.

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